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Datenschutzrecht

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Verwertbarkeit einer im Strassenverkehr durch einen Privaten mit einer GoPro-Kamera aufgezeichneten Verkehrsregelverletzung

Datum:
17.09.2021
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Datenschutzrecht
Stichworte:
Strassenverkehr, Verkehrsregelverletzung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

StPO 141 Abs. 2; DSG 12 und 13; SVG 90 – in strafbarer Weise erlangter Beweis (Präzisierung der Rechtsprechung)

Einleitung

Das Bundesgericht (BGer) hat wiederholt zur Bildaufzeichnung Privater von allenfalls strafbaren Vorgängen im Strassenverkehr urteilen müssen.

Dabei hat das BGer «privatpolizeilichen» Ambitionen eine Absage erteilt und an seiner am Datenschutz angeknüpften Rechtsprechung stets festgehalten (vgl. hiezu 6B_1288/2019 vom 21.12.2020).

Anlass zu diesem Beitrag bildet:

BGer 6B_1282/2019 vom 13.11.2020 = BGE 147 IV 16 ff.

Sphärenbetrachtung bei der Aufzeichnung

Ein Verkehrsteilnehmer befindet sich grundsätzlich freiwillig im öffentlichen Raum und setzt sich damit der Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer aus.

Solche Aufnahmen in diesem Bereich beschlagen lediglich die Sozialsphäre, nicht aber die weiteren Sphären, nämlich:

  • Privatsphäre
  • Geheimsphäre.

Diese Differenzierung ist bei der Frage nach der Verwertbarkeit von Dashcam- bzw. GoPro-Kamera-Aufzeichnungen von Belang.

Rechtswidrig erlangte Beweise

Beweise, welche in Verletzung des Datenschutzgesetzes (DSG) oder des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) erlangt wurden, können als in strafbarer Weise erlangte Beweise qualifiziert werden.

Nichtverwertbarkeit mit Rechtfertigungsvorbehalt

Gemäss StPO 142 Abs. 2 dürfen Beweise, welche die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich.

Gemäss StPO-Wortlaut ist eine Beweismittelverwendung also dann zulässig, wenn sie zur Aufklärung schwerer Straftaten notwendig ist.

Rechtswidrigkeit eines unter Verletzung des DSG erlangten Beweises

Die nicht erkennbaren und durch eine am Fahrzeug angebrachte GoPro-Kamera getätigten Aufzeichnungen dessen, was auf einer öffentlichen Strasse in deren Aufnahmebereich gelangt, wird derzeit als Persönlichkeitsverletzung im Sinne von DSG 4 Abs. 4 und 12 Abs. 2 lit. a qualifiziert.

Neuere bzw. intelligentere Dashcams können den Datenschutz gewährleisten, durch:

  • Technik (privacy by design)
  • datenschutzfreundliche Voreinstellungen (privacy by default).

Ob diese Entwicklung unter nDSG 7 (Inkrafttreten 2022) zu einer Anpassung der aktuell strengen Rechtsprechung führen wird, muss sich weisen.

Rechtswidrigkeit eines unter Verletzung des SVG erlangten Beweises

In Präzisierung der Rechtsprechung (von BGE 146 IV 226) lässt das BGer nun in 6B_1282/2019 auch Rechtfertigungsgründe zu den unter Verletzung des SVG erlangten Beweisen beschränkt zu, nämlich:

  • Rechtfertigungsgründe, welche die Rechtswidrigkeit eines Beweises aufheben, insbesondere betreffend die Aufzeichnung einer Verletzung des SVG durch eine an einem Fahrzeug befestigte Dashcam.

Die Zulassung solcher Rechtfertigungsgründe bewirkt das Erfordernis einer Prüfungskaskade.

Kaskadenweise Prüfung der Rechtfertigungsgründe

Eine allfällige Rechtfertigung ist in zwei Schritten zu prüfen: 

  • Wurde ein Beweis von einer Privatperson unter Verletzung der im DSG statuierten Grundsätze erlangt,
    • ist in einem ersten Schritt zu prüfen,
      • ob Rechtfertigungsgründe im Sinne von DSG 13 vorliegen.
      • Gilt die Rechtswidrigkeit der Persönlichkeitsverletzung durch einen Rechtfertigungsgrund nach DSG 13als aufgehoben,
    • ist der Beweis uneingeschränkt verwertbar.
  • Liegt kein Rechtfertigungsgrund nach DSG 13vor und ist der Beweis als rechtswidrig erlangt zu qualifizieren,
    • sind in einem zweiten Schritt die im Strafverfahren geltenden Voraussetzungen für die Verwertbarkeit im Sinne von StPO 141 Abs. 2 zu prüfen.

«Schwere Straftaten“ im Sinne von StPO 141 Abs. 2 als Rechtfertigungsgrund

Bei qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen gemäss SVG 90 Abs. 3  und der Gefährdung des Lebens nach StGB 129 handelt es sich um „Verbrechenstatbestände“.

Im eingangs erwähnten Falle 6B_1282/2019 hat nun das BGer die Voraussetzungen für die Annahme einer „schweren Straftat“ im Sinne von StPO 141 Abs. 2 bejaht (vgl. auch BGer 6B_1304/2019 vom 17.08.2020, Erw. 1.4).

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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