OR 67 Abs. 1, OR 131, OR 269d, OR 270 Abs. 1 und 2 – Praxisänderung
Sachverhalt
Der Vermieter hatte bei Abschluss des Mietvertrags im Jahre 2003 den Anfangsmietzins nicht mit dem amtlichen Formular bekanntgegeben. Im Kanton Waadt besteht bei Wohnungsknappheit die Formularpflicht.
Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Jahre 2016 verlangte der Mieter die zu viel bezahlten Mietzinsanteile zurück. Der Vermieter berief sich dabei auf die Verjährung.
Prozess-History
- Nach Kenntnisnahme der Nichtigkeit des Anfangsmietzinses am 06.07.2016 reichte der Mieter das Schlichtungsgesuch am 05.07.2017 ein und wahrte damit die Verjährungsfrist von OR 67 Abs. 1.
- Umstritten war der Eintritt der absoluten Verjährung mit der Frist von zehn Jahren, gemäss OR 67 Abs. 1, im Hinblick auf den Beginn des Mietverhältnisses vom 01.01.2004.
Erwägungen
Gemäss den Erwägungen des BGer beginnt bei Dauerschuldverhältnissen die absolute Verjährungsfrist (für periodische Leistungen) ab dem Tag, an dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingefordert werden kann und im Ergebnis bei jeder einzelnen Zahlung einer Nichtschuld (Anteil der übersetzten Anfangsmiete):
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Rechtsgrund
- Es handelt sich hier um Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung.
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Anspruchsentstehung
- Bei der ungerechtfertigten Bereicherung entstehen die Ersatzansprüche unmittelbar dann, wenn alle Bestandteile, die die Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung begründen, gegeben sind; dies gilt ebenso für die Geltendmachung der Ansprüche.
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Keine Fristanbindung an Mietvertrag, sondern an die einzelnen Zahlungen
- Der Umstand, dass die einzelnen Mietzinszahlungen auf den einen Mietvertrag zurückgehen, ändert nichts daran, dass
- jede einzelne Mietzinszahlung unabhängig von den anderen Mietzinszahlungen die sog. „Zahlung einer Nichtschuld“ beinhaltet.
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Wirkung
- Damit beginnt der Fristenlauf der absoluten Verjährungsfrist bei jeder einzelnen Mietzinszahlung, in Bezug auf den zu viel bezahlten Teilbetrag.
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Ergebnis
- Erweist sich der Anfangsmietzins als nichtig, verjähren die Forderungen des Mieters auf Rückerstattung zu viel bezahlter Mietzinsteilbeträge
- jeweils nach zehn Jahren
- seit der Zahlung.
- Erweist sich der Anfangsmietzins als nichtig, verjähren die Forderungen des Mieters auf Rückerstattung zu viel bezahlter Mietzinsteilbeträge
- Der Umstand, dass die einzelnen Mietzinszahlungen auf den einen Mietvertrag zurückgehen, ändert nichts daran, dass
Entscheid
- Abweisung der Beschwerde in Zivilsachen.
- Auferlegung der Gerichtskosten an den Beschwerdeführer, der den Beschwerdegegner zu entschädigen hat.
Quelle
BGer 4A_495/2019 vom 28.02.2020 = BGE 146 III 82