VVG / AVB
Ein aargauisches Gastrounternehmen hat gegenüber seinem Versicherer kein Anspruch auf Deckung des Ertragsausfalls wegen der Corona-Pandemie. Die Deckungsausschlussklausel in den allgemeinen Versicherungsbedingungen zur «Geschäftsversicherung KMU» war ausreichend klar.
Sachverhalt
Das Gastrounternehmen hatte eine «Geschäftsversicherung KMU» abgeschlossen. Darin ist eine Versicherung für bewegliche Sachen enthalten:
- Police
- Diese umfasst auch Ertragsausfall infolge Epidemie.
- Zusatzbedingungen
- In den Zusatzbedingungen zur Geschäftsversicherung werden u.a. zwei Rubriken geführt:
- Rubrik „versichert sind“
- Aufführung u.a. die grundsätzlich gedeckten Schäden bei einer Epidemie.
- Rubrik „nicht versichert sind“
- Umschreibung der von der Deckung ausgeschlossenen Risiken.
- Ausgenommen wurden u.a. Schäden infolge Krankheitserregern, für welche national oder international die Pandemiestufen 5 oder 6 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten.
Das Gastrounternehmen erlitt nach der vom Bundesrat per 17.03.2020 angeordneten Schliessung von Restaurations- und Barbetrieben einen Ertragsausfall.
History
-
Handelsgericht des Kantons Aargau
- Das HG AG entschied
- Teilgutheissung der Klage des Gastrounternehmens
- Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung von CHF 40‘000
- Begründung
- Nicht erfüllte Voraussetzungen der Ausschlussklausel, weshalb der Deckungsausschluss nicht greife.
- Das HG AG entschied
-
Bundesgericht
- Der Versicherer erhob gegen das vorinstanzliche Urteil Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht.
Erwägungen des Bundesgericht
Das Bundesgericht erachtet die Ausschlussklausel als
- nicht ungewöhnlich;
- nicht unklar
- einem eindeutigen Auslegungsergebnis zugänglich.
Nach der Ausschlussklausel musste dem Gastrounternehmen verständlich sein, dass
- von der Schadensdeckung bei Epidemien die gravierendsten Risiken ausgenommen waren,
- wie sie in der Ausschlussklausel durch die angeführten WHO-Pandemiestufen 5 und 6 umschrieben sind.
Nicht ausschlaggebend ist, dass das angeführte WHO-Stufensystem bereits bei Abschluss der Versicherung nicht mehr der letzten Version entsprach.
Die Versicherte musste und durfte den mit der Klausel angestrebten Zweck erkennen,
- nämlich aus dem grundsätzlich versicherten Risiko «Epidemie» deren weitreichendste Ausprägungen entsprechend den angeführten WHO-Pandemiestufen 5 und 6 auszunehmen.
Die Streitparteien waren sich einig, dass die COVID-19-Pandemie den Pandemiestufen 5 und 6 des früheren WHO-Stufensystems entspricht.
Das Bundesgericht kam daher – entgegen der Ansicht des Handelsgerichts – zum Schluss, dass keine Versicherungsdeckung besteht.
Entscheid des Bundesgerichts
- Gutheissung der Beschwerde des Versicherers und Klageabweisung.
BGer 4A_330/2021 vom 05.01.2022
Quelle
LawMedia Redaktionsteam