Sachverhalt
Der Streit der Parteien drehte sich um die Frage,
- ob ein negativer LIBOR auf den zu bezahlenden Zins durchschlägt, wie der klagende Kreditnehmer geltend macht, oder
- ob dieser Wert nie negativ wird und bei einem negativen LIBOR für die Zinsberechnung immer von einem Basiswert von 0 (sog. «Nullzinsfloor») ausgegangen wird, wie die beklagte Bank geltend macht.
Entscheid
Aus dem Stillschweigen des Hypothekarkredit-Kunden auf die einseitige Einführung eines sog. «Nullzinsfloors» zur Vermeidung von Negativzinsen auf Hypothekarkrediten durch die Bank kann nicht ohne weiteres auf eine vertragliche Übereinkunft geschlossen werden. Dies entschied das Obergericht des Kantons Zürich, welches das vorinstanzliche Urteil aufhob und die Sache an die erste Instanz zurückwies.
Die Vorinstanz hatte es unterlassen, ein Beweisverfahren zur strittigen Tatfrage durchzuführen, ob der «Nullzinsfloor» Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Parteien war. Das Verfahren war daher noch nicht spruchreif.
Relation zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung von BGE 145 III 20 ff.
Erinnerlich hatte das Bundesgericht im französischsprachigen Leiturteil BGE 145 III 20 ff. erwogen, dass die Annahme eines (implizit) vereinbarten «Nullzinsfloors» bei einem Darlehensvertrag, bei welchem sich der geschuldete Zins aus einem Basissatz sowie aus einer Marge zusammensetze, vertretbar sei.
Das Obergericht des Kantons Zürich wich nun von dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung insofern ab, als die beklagte Kreditgeberin den Nachweis der Übereinkunft mit dem klagenden Kreditnehmer betreffend des «Nullzinsfloors» erbringen muss. – Die eingangs genannte Rechtstreitigkeit könnte dazu führen, dass die Unsicherheit über die Auslegung von Kreditverträgen im Zusammenhang mit negativen «Referenzzinssätzen» weitergehend geklärt wird.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Urteil vom 19.01.2021
LB200029-O/U
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Regeste von Die Praxis 109 (2020) Nr. 58 zu BGE 145 III 20 ff.
Negativzins; Auslegung nach dem Vertrauensprinzip (Art. 18 und 312 ff. OR). «Darlehen» einer Summe Geldes zu einem gegenüber einem Referenzzinssatz (LIBOR-Zinssatz für sechs Monate) indexierten variablen Zins zuzüglich einem fixen Zinssatz (Marge). Unabhängig davon, ob eine solche Vereinbarung als Darlehensvertrag zu qualifizieren ist, steht es den Parteien jedenfalls frei, die Zahlung eines Negativzinses zu vereinbaren (der keinen Zins im juristischen Sinne darstellt). Ob der mittlerweile negative Referenzzinssatz zur Aufhebung der fixen Marge oder gar zur Umkehrung des Zinsflusses führen kann, ist eine Frage der Vertragsauslegung (E. 3)».