Eine Studie zeigt Probleme und Möglichkeiten auf
Viele Kinder getrennt lebender Eltern leben multilokal, d.h.
- abwechslungsweise beim einen und beim andern Elternteil.
Der Alltag dieser Familien war bis anhin kaum dokumentiert:
- Problemfelder
- Möglichkeiten für die Unterstützung der Organisation ihres Familienarrangements.
Eine am 06.12.2022 veröffentlichte Studie zeigt auf:
- die Situation von Kindern und Eltern, die in verschiedenen Haushalten leben;
- die Abhängigkeit des Wohlergehens der Kinder v.a. von der Beziehungsqualität und der Konfliktfähigkeit der Eltern;
- die Unterscheidung des Wohlergehens der Kinder von nicht getrennt lebenden Eltern.
Einleitung
Familiensituationen nach einer Trennung oder Scheidung sind ein Schwerpunktthema der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen EKFF.
Die Studien-Organisatoren
Es haben zum abwechslungsweisen Aufenthalt der Kinder bei ihren getrennt oder geschieden lebenden Eltern eine Studie lanciert.
- Das Marie Meierhofer Institut für das Kind (MMI),
- das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS AG und
- Andrea Büchler vom rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich.
Die Anzahl Befragungen
Von den Studienorganisatoren wurden befragt:
- 2868 getrennt lebende Mütter und Väter;
- 244 Kinder.
Die Studie
Das Autorenteam zeigt unter anderem auf:
- die Umstände, welche für ein multilokales Arrangement förderlich sind;
- die Begebenheiten, welche sich nachteilig auf diese Zusammenlebensform auswirken.
Die weiteren Untersuchungen
Ausgehend von den Studie-Resultaten hat die EKFF untersucht,
- Verbesserungen in Bezug auf den Rechtsrahmen solcher Familien;
- Bessere Unterstützung dieser Familien im Lebensalltag.
Die EKFF hat neun Empfehlungen an verschiedene Akteure formuliert.
Ein Auszug der Schwerpunkte:
- Definition
- Schaffung der Begrifflichkeit eines zeitgemässen Familienrechts, unabhängig vom Status der Ehe.
- Patchworkfamilien
- Einführung der Möglichkeit zur Übernahme einer Betreuungsverantwortung durch Dritte.
- Interaktive Kommunikation
- Austausch der Schulen und familienergänzenden Betreuungsstrukturen mit beiden Elternteilen.
- Partizipationsrecht der Kinder
- Effektive Umsetzung des Partizipationsrecht der Kinder durch Gerichte und Behörden.
Die neun EKFF-Empfehlungen
Die EKFF hat aus der vorgenannten Studie neun Empfehlungen zuhanden von Fachpersonen und Politik abgeleitet:
Echtes Miteinander
- Empfehlung 1: Sicherstellen von qualitativ hochstehenden, niederschwelligen Beratungsangeboten für Eltern vor/in Trennung und Scheidung zur Stärkung der Beziehungsqualität und des kindbezogenen Austausches.
- Empfehlung 2: Institutionalisieren der interdisziplinären Zusammenarbeit und gesetzliches Anordnen von Mediation und Beratung bei strittigen Fällen.
- Empfehlung 3: Verbindliches Gewährleisten der Kinderrechte nach Art. 12 der Kinderrechtskonvention auf Meinungsäusserung und Anhörung sowie verbindliches Partizipieren der Kinder.
Egalitäre Lösungen
- Empfehlung 4: Umsetzen von weiteren Massnahmen zur Vergünstigung der familien- und schulergänzenden Betreuungsangebote sowie zur Sicherung des Zugangs aller zu diesen Angeboten – ohne Abbau der Qualität.
- Empfehlung 5: Erforschen des Themenfelds mit Blick auf die Schweiz und sensibilisieren für Gelingensbedingungen multilokaler Familienarrangements.
- Empfehlung 6: Intensivieren des gesellschaftlichen Diskurses über Elternschaft und Familie mit Orientierung an einem Diversity-Leitbild.
Anpassung der Rechtsnormen
- Empfehlung 7: Berücksichtigen der Bedürfnisse multilokal lebender Familien bei der Bemessung von existenzsichernden Leistungen wie Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen oder betreibungsrechtlichem Existenzminimum.
- Empfehlung 8: Ausrichten der Leistungen und Abläufe der öffentlichen Verwaltung, Schulen und privater Institutionen auf die Bedürfnisse von Familien mit multilokalen Arrangements; Eruieren von Benachteiligungen und deren Beseitigung.
- Empfehlung 9: Überarbeiten der rechtlichen Grundlagen (Gesetze, Verordnungen) nach dem Grundsatz der gemeinsamen Betreuungsverantwortung.
Die Studienpräsentation
Die Studie und die Empfehlungen der EKFF waren Themenschwerpunkt des Forums für Familienfragen, welches am 01.12.2022 in Bern stattfand.
Die Präsentationen zu den Vorträgen sind auf der Internetseite der EKFF abrufbar: www.ekff.admin.ch
Die einzelnen Beiträge:
- Bericht «Wenn die Eltern nicht zusammenwohnen – Elternschaft und Kinderalltag»
- Neun Empfehlungen der EKFF
- Beitrag im Online-Magazin des Bundesamtes für Sozialversicherungen CHSS: «Wie gelingt der Familienalltag nach einer Trennung?»
Gesellschafts- und familienpolitische Fragen
Die EKFF ist eine ausserparlamentarische Kommission, die sich für familienfreundliche Rahmenbedingungen einsetzt:
- Sie nimmt eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion wahr und stellt spezifisches Fachwissen im Bereich Familienpolitik bereit, auf das die Bundesbehörden und weitere Interessierte im Falle eines Bedarfs zurückgreifen können.
- Der Kommission gehören 15 Mitglieder an, aus
- familienpolitischen Organisationen
- Instituten der Familienforschung und
- Fachpersonen aus dem
- Sozialwesen
- Rechtsbereich
- Gesundheitswesen.
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam