DBG 18a Abs. 1: StHG 8 Abs. 2bis + 12 Abs. 2 lit. a
Sachverhalt
Ein Waadtländer Bauern-Ehepaar (Beschwerdeführer (BF))
- gab 2011 seinen Landwirtschaftsbetrieb auf und
- schenkte seinen Töchtern alle Grundstücke, worunter sich namentlich zwei in der Bauzone befanden.
Prozess-History
- Steuerbehörden
- Die kantonale Steuerverwaltung verlangte vom Ehepaar Einkommenssteuern auf dem (fiktiven) Mehrwert dieser Grundstücke.
- Bundesgericht
- Das Ehepaar erhob Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.
Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht (BGer) erwog folgendes:
- Überführung von Geschäftsliegenschaften ins Privatvermögen
- Indem die BF bisher im Geschäftsvermögen befindliche Liegenschaften für eine private Schenkung verwendeten,
- Steueraufschub bei Überführung von Geschäftsliegenschaften ins Privatvermögen
- Bei der Überführung von Liegenschaften vom Geschäfts- ins Privatvermögen wird die Besteuerung der stillen Reserven grundsätzlich bis zur «Veräusserung» aufgeschoben, so DBG 18a Abs. 1 + StHG 8 Abs. 2bis.
- Schenkung = Veräusserung?
- Strittig war, ob die Schenkung eine «Veräusserung» im Sinne von DBG 18a Abs. 1 i.V.m. StHG 8 Abs. 2bis darstellt.
- Auslegung des Begriffs Veräusserung
- Grammatikalische Auslegung
- Grammatikalisch fällt eine Schenkung unter den Begriff «Veräusserung».
- Systematische Auslegung
- In systematischer Hinsicht ist die Rechtslage nicht mit jener bei kantonalen Grundstücksgewinnsteuern vergleichbar, bei denen die Besteuerung im Schenkungsfall aufgeschoben wird (vgl. StHG 12 Abs. 2 lit. a)
- Grundstücksgewinnsteuern sind Objektsteuern; die hier interessierenden Einkommenssteuern sind indessen Subjektsteuern.
- Teleologische Auslegung
- In teleologischer Hinsicht will der Aufschub im Sinne von DBG 18 Abs. 1 dem Steuerpflichtigen erleichtern, den Nutzungszweck ihrer Liegenschaften (privat oder betrieblich) flexibel zu ändern.
- Die Veräusserung der Liegenschaften an Dritte ist eine andere Situation.
- Objektivierte Auslegung
- Es wäre nicht sachgerecht,
- wenn den Beschenkten die stillen Reserven überbunden würden,
- obwohl sie mit dem Betrieb, der zur Qualifikation der erhaltenen Liegenschaft als Geschäftsvermögen geführt hat, gar nichts zu tun hatten, und
- wenn sie dadurch – nach dem Steueraufschub – bezahlen müssten:
- Einkommenssteuern aus selbständiger Erwerbstätigkeit und
- Sozialversicherungsbeiträge.
- wenn den Beschenkten die stillen Reserven überbunden würden,
- Es wäre nicht sachgerecht,
- Grammatikalische Auslegung
Die Besteuerung des Mehrwerts wurde vorliegend zu Recht nicht aufgeschoben.
Entscheid des Bundesgerichts
- Abweisung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter Kostenfolgen.
BGer 2C_284/2021 vom 11.04.2021 = BGE 148 II 299 ff.
Weiterführende Informationen
- Überführung von Geschäftsliegenschaften ins Privatvermögen
- Unternehmensliquidation + Entlastung
- Immobilienbesteuerung
- Schenkung
- Auslegung
Quelle
LawMedia Redaktionsteam