ZGB 970 + GBV 26; ZGB 626 ff. + ZGB 522 ff.
Das Grundbuch ist in bestimmten Schranken öffentlich:
- Generelles zur Grundbucheinsichtnahme bzw. zur Einsicht ins Hauptbuch
- Gemäss ZGB 970 Abs. 1 muss für die Einsicht ins Grundbuch bzw. für die Erstellung eines Grundbuchauszugs ein entsprechendes Interesse glaubhaft gemacht werden, während bestimmte Daten des Hauptbuchs gemäss ZGB 970 Abs. 2 und GBV 26 auch ohne Nachweis eines solchen Interesses eingesehen werden können.
- Eingeschränkte Öffentlichkeit bei den Grundbuchbelegen
- Die Einsichtnahme in die Grundbuchbelege (sog. vertiefte Grundbucheinsicht) war i.c. für die konkrete erbrechtliche Auseinandersetzung zulässig.
- Voraussetzung eines schutzwürdigen Interesses für die vertiefte Grundbucheinsicht
- Es musste ein schutzwürdiges Interesse geltend gemacht und abgeklärt werden.
Im Einzelnen:
Ausgangslage
Es stand nach der Abklärung des individuellen schutzwürdigen Interesses fest, dass sich der Beschwerdeführer als Miterbe der Nachkommen, welche das Familienunternehmen übertragen erhalten hatten, ein Bild über allfällige erbrechtliche Ansprüche machen möchte:
- Offenkundigkeit, dass das Grundeigentum der B.________ AG den Wert des auf einzelne Nachkommen übertragenen Familienunternehmens offenkundig erhöht;
- Tauglichkeit der vom Beschwerdeführer geforderten Grundbuchauskünfte für die Substanziierung allfälliger Ausgleichungs- oder Herabsetzungsansprüche;
- Kein Auskunftshindernis, weil nicht die Grundstücke direkt, sondern sämtliche Aktien der B.________ AG, welche Alleineigentümerin der Grundstücke ist (KTN xxx und KTN zzz) bzw. war (KTN yyy), auf einzelne Nachkommen übertragen wurden;
- Keine vollumfängliche Absprechung des berechtigten Interesses des Beschwerdeführers an einer Grundbucheinsicht gestützt auf ZGB 970 Abs. 1 (vertiefte Grundbucheinsicht).
Erwägungen
Für die Bedürfnisse der vom Beschwerdeführer bezüglich des einen substantiiert geltend gemachten erbrechtlichen Auseinandersetzung (vgl. ZGB 626 ff.; ZGB 522 ff.) hat das Grundbuchamt dem Beschwerdeführer im Rahmen einer schriftlichen amtlichen Auskunft bekanntzugeben:
- den Namen des ersten Erwerbers nach Abparzellierung des Grundstücks;
- das Datum dieses Erwerbs;
- den Erwerbsgrund;
- die vereinbarte Gegenleistung.
Insoweit vermag ein allfälliges Geheimhaltungsinteresse der B.________ AG (bzw. der Übernehmer-Erben) und des Dritterwerbers das Einsichtsrecht des Beschwerdeführers nicht zu verhindern.
Soweit die Eigentumsverhältnisse im Zeitraum YYYY bis YYYY nicht aus dem reduzierten Grundbuchauszug hervorgehen, wird das Grundbuchamt dem Beschwerdeführer im Rahmen einer schriftlichen amtlichen Auskunft mitteilen müssen:
- die Eigentumsverhältnisse in diesem Zeitraum;
- falls es in diesem Zeitraum zu Handänderungen gekommen ist, die Erwerbsgründe;
- die vereinbarte Gegenleistung.
Auch diesbezüglich scheint ein allfälliges Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem geltend gemachten wirtschaftlichen Interesse des Beschwerdeführers nicht als vorzugswürdig.
Entscheid
Die Beschwerde war daher teilweise gutzuheissen.
BGer 5A_799/2020 vom 05.01.2022
Weiterführende Informationen
- Öffentlichkeit des Grundbuchs
- Erbrecht / Ausgleichung
- Erbrecht / Herabsetzung
C. Öffentlichkeit des Grundbuchs
I. Auskunftserteilung und Einsichtnahme
Art. 970 ZGB
1 Wer ein Interesse glaubhaft macht, hat Anspruch darauf, dass ihm Einsicht in das Grundbuch gewährt oder dass ihm daraus ein Auszug erstellt wird.
2 Ohne ein solches Interesse ist jede Person berechtigt, Auskunft über folgende Daten des Hauptbuches zu erhalten:
- die Bezeichnung des Grundstücks und die Grundstücksbeschreibung;
- den Namen und die Identifikation des Eigentümers;
- die Eigentumsform und das Erwerbsdatum.
3 Der Bundesrat bezeichnet weitere Angaben betreffend Dienstbarkeiten, Grundlasten und Anmerkungen, die ohne das Glaubhaftmachen eines Interesses öffentlich gemacht werden dürfen. Er beachtet dabei den Schutz der Persönlichkeit.
4 Die Einwendung, dass jemand eine Grundbucheintragung nicht gekannt habe, ist ausgeschlossen.
6. Kapitel: Öffentlichkeit des Grundbuchs
Art. 26 GBV Öffentlich zugängliche Daten des Hauptbuchs
1 Jede Person kann vom Grundbuchamt, ohne ein Interesse glaubhaft zu machen, Auskunft oder einen Auszug über die folgenden rechtswirksamen Daten des Hauptbuchs verlangen:
- die Bezeichnung des Grundstücks und die Grundstücksbeschreibung, den Namen und die Identifikation des Eigentümers oder der Eigentümerin, die Eigentumsform und das Erwerbsdatum (Art. 970 Abs. 2 ZGB);
- die Dienstbarkeiten und Grundlasten;
- die Anmerkungen mit Ausnahme von:
- Grundbuchsperren nach den Artikeln 55 Absatz 1 und 56,
- Veräusserungsbeschränkungen zur Sicherung des Vorsorgezwecks nach Artikel 30e Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198222 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG),
- Eigentumsbeschränkungen zur Sicherung der Zweckerhaltung nach den Vorschriften des Bundes und der Kantone zur Förderung des Wohnbaus und des Wohneigentums,
- auf kantonalem Recht beruhenden, mit Pfandrechten vergleichbaren Eigentumsbeschränkungen.
2 Eine Auskunft oder ein Auszug darf nur für ein bestimmtes Grundstück abgegeben werden.
Bildquelle: Von Kopie aus dem Katastralmappenarchiv Wien – Urheber Grundbuchs-Behörde Mosonmagyarover, Gemeinfrei
Quelle
LawMedia Redaktionsteam