Obligatorium zum Besuch des Förderangebots
Das mit der kantonalen Gesetzesvorlage zur vorschulischen Sprachförderung im Kanton Thurgau eingeführte Obligatorium zum Besuch eines Förderangebots wird nach der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung vom verfassungsrechtlichen Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht erfasst.
Die Erziehungsberechtigten, deren Kinder zum Besuch eines Angebots der vorschulischen Sprachförderung verpflichtet werden, haben sich daher nicht an den Kosten beteiligen.
Die Detail-Informationen
«Der Grosse Rat des Kantons Thurgau führte 2022 im kantonalen Volksschulgesetz eine vorschulische Sprachförderung ein. Sie gilt für Kinder, die bis Ende Juli des jeweiligen Jahres drei Jahre alt werden und die einen sprachlichen Förderbedarf aufweisen. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass von den Erziehungsberechtigten der betroffenen Kinder ein einkommensabhängiger Beitrag von maximal 800 Franken pro Jahr gefordert werden kann. Ausserdem sind die Erziehungsberechtigten für den Weg zum Förderangebot verantwortlich. Das Bundesgericht heisst eine gegen die kantonale Gesetzesvorlage erhobene Beschwerde gut und hebt die Regelungen zur Kostenbeteiligung sowie zum Schulweg auf. Die Sprachförderung ist mit einer obligatorischen Abklärung der sprachlichen Fähigkeiten aller Kinder einer Altersgruppe verbunden. Potenziell sind damit alle im Kanton Thurgau wohnhaften Kinder von der Pflicht zum Besuch der vorschulischen Sprachförderung betroffen. Daran ändert nichts, dass letztlich nur Kinder zum Besuch der Sprachförderung verpflichtet werden, bei denen ein sprachlicher Förderbedarf besteht. Da mit der Gesetzesvorlage die (allgemeine) Schulpflicht auf die Kinder der betroffenen Altersgruppe ausgeweitet wird, sind die Regelungen zur Kostenbeteiligung sowie zum Schulweg nicht mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht vereinbar.
Quelle: Mitteilung des Bundesgerichts vom 24.08.2023
BGer 2C_402/2022 vom 31.07.2023 = BGE 149 I 282 ff.
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LawMedia Redaktionsteam