Die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinigungsfreiheit sind beides Grundrechte. Die ETH Lausanne kann letztere nicht einschränken, um die Geschlechtergleichstellung zu fördern.
Sachverhalt
«Zofingia» ist eine Studentenverbindung, die nur Männer zur Mitgliedschaft zulässt. Mit dem Ziel, die Gleichstellung zu fördern, weigerte sich die ETH Lausanne (ETHL) im August 2020, «Zofingia» als universitäre Studentenverbindung anzuerkennen.
Dieses Statut erlaubt es anerkannten Studentenverbindungen unter anderem, das Logo, die Räume und die offiziellen Kommunikationskanäle der ETHL zu nutzen.
Prozess-History
Der Verein «Zofingia» hat den Entscheid der ETHL bei der ETH-Beschwerdekommission angefochten und Recht bekommen. Diesen Entscheid hat die ETHL im September 2021 beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) angefochten.
Erwägungen des BVGer
Die Vereinigungsfreiheit: Ein Grundrecht
Das BVGer erwog in seinem Urteil,
- dass die Gleichstellung der Geschlechter zu den Grundpfeilern der Bundesverfassung zähle und
- dass zu ihrer Verwirklichung noch weitere Anstrengungen erforderlich seien.
Da die Vereinigungsfreiheit indessen ebenfalls ein Grundrecht darstelle, liege eine Grundrechtskollision vor, welche es unter Einhaltung der Verhältnismässigkeit zu lösen gelte.
Fazit
Im Ergebnis erachtet das BVGer die Verfügung der ETHL als
- unverhältnismässig.
Die ETHL verfüge über zahlreiche weniger einschneidende Mittel, um die Gleichberechtigung der Geschlechter zu verwirklichen.
Die Studentenverbindung Zofingia der ETHL habe
- nur rund vierzig Studenten;
- von der Mitgliederzahl her wenig Einfluss auf die weibliche Studentenschaft.
Die Anwesenheit der «Zofingia»-Mitglieder auf dem Campus bilde auch
- keine Gefahr für das Studium oder die Laufbahn der Studentinnen.
Die Nichtanerkennung von «Zofingia könne «zu Beanstandungen über den Bestand von Frauenverbindungen an der ETHL führen.
Die Interessenabwägung der ETH-Beschwerdekommission war somit insgesamt nicht zu beanstanden.
Entscheid des BVGer
- Abweisung unter Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin.
Das Urteil des BVGer kann beim Bundesgericht (BGer) angefochten werden.
Urteil B-3985/2021 vom 07.12.2023
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam