Die Streitigkeiten über die Vormerkung von Mietverhältnissen an Wohn- und Geschäftsräumen im Grundbuch nach Art. 261b OR
- fallen unter den Begriff des «Kündigungsschutzes» gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO.
Für solche Streitigkeiten gilt demnach
- das vereinfachte Verfahren nach Art. 243 ff. ZPO,
- und zwar ohne Rücksicht auf den Streitwert.
Im Einzelnen:
- Weites Verständnis des Begriffes «Kündigungsschutz»
- Der Begriff des Kündigungsschutzes im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO ist aufgrund der Rechtsprechung weit zu verstehen.
- Vormerkungsstreitigen fallen unter den Begriff des «Kündigungsschutzes»
- Auch Streitigkeiten über die Vormerkung von Mietverhältnissen an Wohn- und Geschäftsräumen im Grundbuch gemäss Art. 261b OR in Verbindung mit Art. 959 ZGB fallen unter diesen Begriff.
- Massgebliches «einfaches Verfahren»
- Für diese Streitigkeiten gilt das vereinfachte Verfahren (vgl. Art. 243 ff. ZPO), und zwar ohne Rücksicht auf den Streitwert.
- Real-obligatorische Wirkung der Vormerkung zur Verunmöglichung der Eigenbedarfs-Kündigung des Erwerbers
- Da das Mietverhältnis nach neuerem Mietrecht ipso iure auf die Mietobjekt-Erwerberin übergeht, besteht sinngemäss aufgrund der realobligatorisch wirkenden Vormerkung nach Art. 261b OR heute im Wesentlichen darin, die auf Art. 261 Abs. 2 lit. a gestützte Eigenbedarfskündigung der neuen Eigentümerin zu verunmöglichen.
- Vormerkung = Institut des vorsorglichen Kündigungsschutzes
- Gemäss den Erwägungen des Bundesgerichts ist die Vormerkung eines Mietverhältnisses im Grundbuch im Kern ein Institut des «vorsorglichen Kündigungsschutzes» geworden.
BGer 4A_199/2022 vom 20.09.2022 = BGE 148 III 415
4. Titel: Vereinfachtes Verfahren
Art. 243 ZPO Geltungsbereich
1 Das vereinfachte Verfahren gilt für vermögensrechtliche Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 30 000 Franken.
- 2 Es gilt ohne Rücksicht auf den Streitwert bei Streitigkeiten:91
- nach dem Gleichstellungsgesetz vom 24. März 199592;
- 93 wegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen nach Artikel 28b ZGB94 oder betreffend eine elektronische Überwachung nach Artikel 28c ZGB;
- aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht, sofern die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses betroffen ist;
- 95 zur Durchsetzung des Auskunftsrechts nach Artikel 25 DSG96;
- nach dem Mitwirkungsgesetz vom 17. Dezember 199397;
- aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 199498über die Krankenversicherung.
3 Es findet keine Anwendung in Streitigkeiten vor der einzigen kantonalen Instanz nach den Artikeln 5 und 8 und vor dem Handelsgericht nach Artikel 6.
91 Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).
93 Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).
95 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 24 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).
J. Wechsel des Eigentümers
I. Veräusserung der Sache
Art. 261 OR
1 Veräussert der Vermieter die Sache nach Abschluss des Mietvertrags oder wird sie ihm in einem Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren entzogen, so geht das Mietverhältnis mit dem Eigentum an der Sache auf den Erwerber über.
2 Der neue Eigentümer kann jedoch:
- bei Wohn- und Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht;
- bei einer anderen Sache das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn der Vertrag keine frühere Auflösung ermöglicht.
3 Kündigt der neue Eigentümer früher, als es der Vertrag mit dem bisherigen Vermieter gestattet hätte, so haftet dieser dem Mieter für allen daraus entstehenden Schaden.
4 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Enteignung.
III. Vormerkung im Grundbuch
Art. 261b OR
1 Bei der Miete an einem Grundstück kann verabredet werden, dass das Verhältnis im Grundbuch vorgemerkt wird.
2 Die Vormerkung bewirkt, dass jeder neue Eigentümer dem Mieter gestatten muss, das Grundstück entsprechend dem Mietvertrag zu gebrauchen.
2. Vormerkungen
a. Persönliche Rechte
Art. 959 ZGB
1 Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete.
2 Sie erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte.
Weiterführende Informationen
- Mietrecht
- Vormerkung Mietvertrag
- Zivilprozessrecht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam