Der Kanton Luzern hat im Rahmen der Opferhilfegesetzgebung für die Unterbringung einer Frau in einer Notunterkunft aufzukommen:
- Die psychische Beeinträchtigung der Frau durch die wiederholten Suiziddrohungen ihres damaligen Ehemannes war genügend schwer,
- um ihre Opferstellung zu begründen.
Das Bundesgericht (BGer) hat daher die Beschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern gutgeheissen.
Detail-Informationen
«Die Frau wollte sich 2021 von ihrem damaligen Ehemann trennen. Dadurch kam es zu erheblichen Konflikten, in deren Rahmen der Ehemann mehrfach mit Suizid drohte. Nach dem dritten solchen Vorfall flüchtete die Frau mit den beiden Kindern in eine vom Frauenhaus Luzern vermittelte Notunterkunft. Die Opferberatungsstelle bei der Dienststelle für Soziales und Gesellschaft (DISG) des Kantons Luzern lehnte die Kostenübernahme ab, was vom Kantonsgericht bestätigt wurde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Frau gut und stellt fest, dass ihr die beantragte Soforthilfe gemäss Opferhilfegesetz (OHG) zu Unrecht verweigert worden ist. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Opfereigenschaft gemäss OHG. Für eine dringliche Leistung wie die Soforthilfe genügt es, wenn eine Straftat und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft gemacht werden können. Die wiederholten und systematischen Nötigungshandlungen des Ehemannes in Form der Suiziddrohungen über einen gewissen Zeitraum hinweg waren geeignet und ursächlich, um bei der Beschwerdeführerin eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer psychischen Integrität zu bewirken. Ihre Betroffenheit erreichte eine Intensität, die zur Annahme der Opferstellung ausreicht. Bei der Besorgung einer Notunterkunft handelt es sich um eine im OHG besonders erwähnte Kategorie der Soforthilfe. Der Gesetzgeber wollte damit Frauenhäuser fördern und finanziell unterstützen. Vorliegend bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Flucht in die Notunterkunft und die Schaffung einer räumlichen Distanz in der akuten Krisensituation notwendig war. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ändert daran nichts, dass die Beschwerdeführerin nicht auch Opfer von körperlicher Gewalt geworden ist. Die Massnahme erweist sich auch als geeignet und angemessen. Die DISG wird nun die Kosten für die Notunterkunft prüfen und die beanspruchte Soforthilfe gewähren müssen.»
Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 27.06.2024
BGer 1C_653/2022 vom 03.06.2024
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LawMedia Redaktionsteam