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Arzt verletzte Berufspflichten: 3-monatiges Berufsausübungsverbot als Disziplinarmassnahme

MedBG 40 lit. a und c; BV 49 Abs. 1

Datum:
04.07.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Gesundheitsrecht
Thema:
Verletzung ärztlicher Berufspflichten
Stichworte:
Arzt, Aufsichtskommission, Berufsausübungsverbot, Berufspflicht, Disziplinarmassnahme, Gynäkologe
Erlass:
MedBG 40 lit. a und c; BV 49 Abs. 1
Entscheid:
BGer 2C_53/2022 vom 22.11.2022 = BGE 149 II 109 ff.
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

Ein Genfer Arzt (Gynäkologe) entfernte aufgrund einer Fehldiagnose einer Patientin die Gebärmutter.

Die Patientin zeigte den Arzt bei der Aufsichtskommission über die Ärzte an.

Prozess-History

  • Kantonale Behörde / Gericht
    • Der Kanton Genf verhängte ein dreimonatiges Berufsverbot.
  • Bundesgericht
    • Der Gynäkologe erhob dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht.

Erwägungen

Das Bundesgericht erwog zusammengefasst folgendes:

  • Bundesrecht
    • Das Bundesrecht regelt in MedBG 40 – abschliessend – die Berufspflichten von Personen, die einen «universitären Medizinalberuf» in eigener fachlicher Verantwortung ausüben.
  • Kantonales Recht
    • Kantonale Bestimmungen sind dann mit dem Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts konform (vgl. BV 49 Abs. 1), sofern und soweit sie die Pflichten von MedBG 40 präzisieren und/oder konkretisieren.
  • Generalklausel zur sorgfältigen und gewissenhaften Ausübung
    • Allgemein
      • Der bundesrechtliche Vorrang gilt insbesondere für die Generalklauseln zur
        • sorgfältigen und gewissenhaften Ausübung der medizinischen Berufe (MedBG 40 lit. a) und
        • Wahrung der Patientenrechte (MedBG 40 lit. c).
    • Kantonales Recht
      • Das Genfer Recht konnte berücksichtigt werden, soweit es anerkannte Regeln und Prinzipien der Schweiz zum Ausdruck bringt.
  • In concreto
    • Detail-Sachverhalt
      • Der Arzt verletzte seine Pflicht zur sorgfältigen Berufsausübung,
        • indem er
          • keine Differentialdiagnose durchführte,
            • sondern aufgrund eines einzigen Symptoms Krebs diagnostizierte;
          • die Patientin mangelhaft informierte:
            • nur mündliche Information über die angebliche Notwendigkeit der Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) und erst unmittelbar im Anschluss an eine erste Operation (Hysteroskopie), welche aus Sicht des Arztes nicht den gewünschten Erfolg brachte.
            • Die Patientin konnte nicht erkennen, dass sie nach der Hysterektomie keine Kinder mehr werde gebären können.
          • das Patientendossier unvollständig und teilweise fehlerhaft führte.
    • Gegenstand der Berufsregelverletzung
      • Diagnosefehler (Verletzung der Sorgfaltspflicht und von Berufsregeln)
        • Eine sorgfältige und gewissenhafte Berufsausübung hätte die Anwendung der Differenzialdiagnose erfordert.
      • Verletzung der Informationspflicht gegenüber der Patientin
        • Die Wahrung der Patientenrechte verlangt eine Aufklärung der Patientin so, dass sie ihre Selbstbestimmungsrechte hätte nutzen können.
      • Lückenhafte Führung der Patientenakte
        • Die medizinische Patientenentwicklung und der Behandlungsverlauf waren deshalb nicht nachvollziehbar.
    • Disziplinarmassnahme
      • Das Verbot, den Arztberuf während drei Monaten ausüben zu dürfen, ist laut Bundesgericht als Disziplinarmassnahme verhältnismässig. 

Entscheid

  • Abweisung der Beschwerde des Arztes in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, unter Kostenfolge.

BGer 2C_53/2022 vom 22.11.2022   =   BGE 149 II 109 ff.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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