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Steuern natürliche Personen / Unternehmenssteuern

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Nicht geschäftsmässig begründetes, von den Steuerbehörden anerkanntes Darlehen: Abschreibung beim Tod des Schuldners

ZGB 603; DBG 27 Abs. 2 lit. a i.V.m. DBG 28

Datum:
04.09.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Steuern Privatpersonen, Unternehmenssteuern
Thema:
Nicht geschäftsmässig begründetes, von den Steuerbehörden anerkanntes Darlehen
Stichworte:
Abschreibung, Darlehen, Steuerbehörden, Tod Schuldner
Erlass:
ZGB 603; DBG 27 Abs. 2 lit. a i.V.m. DBG 28
Entscheid:
BGer 9C_267/2023 vom 24.06.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

Strittig war die Frage, ob der Beschwerdeführer A.________ seinem Vater B.________ aus Betriebsmitteln seiner im HR eingetragenen Einzelunternehmung (Immobilienagentur) gewährte und dort als Geschäftsvermögen bilanzierte Darlehen im Einklang mit DBG 27 Abs. 2 lit. a i.V.m. DBG 28 als geschäftsmässig begründet abschreiben durfte, nachdem es sich aufgrund des Hinschieds des Vaters als nicht mehr einbringlich erwies.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht erwog zusammengefasst was folgt:

  • Vorinstanz
    • Die Vorinstanz hielt fest, dass
      • das Darlehen in technisch-wirtschaftlicher Funktion nicht der selbständigen Erwerbstätigkeit zuzuordnen sei;
      • die Steuerbehörden nach ihrer jahrelangen Anerkennung der Qualifikation des Darlehens als Geschäftsvermögen grundsätzlich daran gebunden seien.
  • Tod des Vaters
    • Mit dem Tod des Vaters B.________ war eine wesentliche Änderung eingetreten.
    • A.________ und sein Bruder hatten das Erbe nicht ausgeschlagen.
  • Standpunkt von A.________
    • A.________ stellte sich auf die Standpunkte, dass
      • sein Bruder nicht in der Lage gewesen sei, das Darlehen zurückzuzahlen; das Darlehen sei durch den Erbfall und die Solidarhaftung vollumfänglich auf ihn übergegangen.
      • weder steuerrechtlich noch erbrechtlich eine Privatentnahme erfolgt sei.
  • Unklare Rechtsfolge in der Darlehensschuld
    • Für den Fall, dass einer der Erben zugleich auch Gläubiger ist, verweist der Beschwerdeführer A.________ auf einen BGE aus dem Jahre 1945 (BGE 71 II 219), wonach unter den Erben die Verteilung der Schulden zur Auseinandersetzung über die Erbschaft gehöre. Das ist zwar richtig, für die hier gegebene Konstellation aber verkürzt. Weil sich Einzelgläubiger und Solidarschuldner gegenüberstehen, kann es – vor der erbrechtlichen Auseinandersetzung – zu keinem Untergang qua Vereinigung (durch «Konfusion»; OR 118) kommen. Ebensowenig kann es aber zu diesem Zeitpunkt zu einer erfolgswirksamen Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit kommen, denn solange nicht (genügend) geklärt ist, wer die Schulden «übernimmt» (bzw. wem sie im Rahmen der erbrechtlichen Auseinandersetzung zuzuweisen sind), ist auch nicht klar, ob (und ggf. in welchem Umfang) sie sich als uneinbringlich erweisen.
  • Ungenügende Abklärung
    • Es war also für den fraglichen Zeitpunkt unklar bzw. ungenügend abgeklärt, ob von einer kompletten Uneinbringlichkeit gesprochen werden kann.
  • Offensichtlich unvollständiger Sachverhalt
    • Laut Bundesgericht hätte die Vorinstanz berücksichtigen und klar feststellen müssen, dass durch den Todesfall des Schuldners keine wesentlich veränderten Verhältnisse eingetreten und die Steuerbehörden durch die vorherige Anerkennung der Darlehensforderung als Geschäftsvermögen weiterhin gebunden seien.
    • Die Vorinstanz werde deshalb die Angelegenheit im Sinne dieser Ausführungen neu zu prüfen haben.
      • Dabei werde sie ergänzend berücksichtigen müssen, ob die Abschreibung (oder allenfalls eine Wertberichtigung des Darlehens) als geschäftsmässig begründet gelten könne.
    • Aufgrund dessen war die Sache für eine Ergänzung des rechtserheblichen Sachverhalts und entsprechende Neubeurteilung (vgl. BGG 105 Abs. 2 u. Art. 107 Abs. 2) im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Vorinstanz wird die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen prüfen müssen.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Betreffend die direkte Bundessteuer 2015-2017 wird die Beschwerde gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht des Kantons Wallis, Steuerrechtliche Abteilung, zurückgewiesen.
  2. Betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2015-2017 wird die Beschwerde gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht des Kantons Wallis, Steuerrechtliche Abteilung, zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 6’000.- werden dem Kanton Wallis auferlegt.
  4. Der Kanton Wallis hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 6’000.- auszurichten.
  5. (Mitteilungen).

BGer 9C_267/2023 vom 24.06.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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