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Verkehrsrecht / Strafrecht

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Raserdelikt-Ersttäter: Neue Regelung zur Mindeststrafe

SVG 90 Abs. 3ter

Datum:
15.10.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Verkehrsrecht, Strafrecht
Thema:
Raserdelikt-Ersttäter
Stichworte:
Ersttäter, Höchstgeschwindigkeit, Mindeststrafe, Raser, Raserdelikte
Erlass:
SVG 90 Abs. 3ter
Entscheid:
BGer 6B_1379/2023 vom 11.09.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Das Bundesgericht (BGer) musste sich erstmals zur neuen Regelung des Strafrahmens für Ersttäter bei Raserdelikten äussern: 

  • Es bestätigte die vom Tessiner Appellationsgericht ausgesprochene
    • bloss bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen
      • für einen Autolenker,
        • welcher die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn
          • um 88 km/h überschritten hat.

Sachverhalt

Der Autolenker hatte 2020 auf der Autobahn die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 88 km/h überschritten.

Prozess-History

  • 1. Instanz
    • In erster Instanz wurde der Autolenker für sein Raserdelikt (Überschreitung von mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeitmehr als 80 km/h beträgt) aufgrund von SVG 90 im Januar 2023 verurteilt:
      • zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und
      • zu einer Busse von CHF 500.
  • Neue Regelung von SVG 90 Abs. 3ter
    • Ende Oktober 2023trat eine neue Regelung bezüglich des Strafmasses bei Raser-Delikten in Kraft (SVG 90 Abs. 3ter; siehe Box unten):
      • Demnach kann gegen einen Ersttäter anstelle einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängt werden;
        • dies setzt allerdings voraus,
          • dass der Täter nicht verurteilt wurde:
            • innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Tat
            • wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr
            • mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer.
  • 2. Instanz (Appellationsgericht des Kantons Tessin)
    • Weil dies im konkreten Fall zutraf, verhängte das Appellationsgericht des Kantons Tessin im November 2023
      • eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen und
      • eine Busse von CHF 1’000.
  • Beschwerde ans Bundesgericht
    • Die zuständige Staatsanwaltschaft erhob gegen diesen Entscheid Beschwerde ans BGer.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das BGer wies die Beschwerde aus folgenden Gründen ab:

  • Ziel des Gesetzgebers
    • Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber mit der neuen Bestimmung SVG 90 Abs. 3ter beabsichtigte, einen autonomen strafrechtlichen Rahmen für Ersttäter zu schaffen.
  • Ermessensspielraum an den Richter
    • Dem Richter soll ein Ermessensspielraum eingeräumt werden,
      • indem er nicht mehr zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr aussprechen muss,
        • wenn beim Täter keine früheren Verurteilungen wegen Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr gegeben sind.
  • Unzutreffende Ansicht der Staatsanwaltschaft
    • Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ist es für eine Anwendung der neuen Bestimmung von SVG 90 Abs. 3ter nicht notwendig,
      • dass beim Täter darüber hinaus besonders günstige Umstände vorliegen müssen.
  • Keine einschlägigen Vordelikte beim Täter
    • Da im konkreten Fall gegen den Täter keine Verurteilungen wegen entsprechender Verkehrsdelikte bestanden bzw. bestehen,
      • war das Urteil des Appellationsgerichts nicht zu beanstanden.

BGer 6B_1379/2023 vom 11.09.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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