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Zivilprozessrecht

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Neue Berechnung von Monatsfristen nach ZPO

Neue Rechtsprechung mit Folgen - ZPO 142 Abs. 1, 2 und 3; ZPO 209 Abs. 3

Datum:
05.11.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Zivilprozess
Thema:
Monatsfristen nach ZPO
Stichworte:
Erbteilung, Fristen, Fristenberechnung, Fristenmanagement, Herabsetzung, Klagebewilligung, Klagebewilligungen, Monatsfristen, Zeitliche Gültigkeit, Zivilprozessrecht, ZPO
Erlass:
ZPO 142 Abs. 1, 2 und 3; ZPO 209 Abs. 3
Entscheid:
BGer 5A_691/2023 vom 13.08.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ausgangslage

Dem Bundesgerichtsentscheid 5A_691/2023 liegt die Berechnung der Verwirkungsfrist der Klagebewilligung gemäss ZPO 209 Abs. 3 im Kontext einer erbrechtlichen Streitigkeit zugrunde.

Entscheid-Thematik

Bisherige Rechtsprechung

Das Bundesgericht musste in seiner bisherigen Rechtsprechung zu ZPO 142 Abs. 1 und 2 noch nie zum Verhältnis von ZPO 142 zum Europäischen Fristenübereinkommen äussern; es wäre dies nur erforderlich gewesen, wenn sich diese beiden Normierungen widersprechen würden.

  • ZPO 142 Abs. 1
    • Allgemeiner Beginn des Fristenlaufs
      • Gemäss ZPO 142 beginnen Fristen, welche durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen (Abs. 1).
  • ZPO 142 Abs. 2, 1. Satz
    • Nach Monaten bestimmte Frist
      • Berechnet sich eine Frist nach Monaten, so endet diese im letzten Monat an dem Tag, welcher dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann (Abs. 2, Satz 1).
  • ZPO 142 Abs. 2, 2. Satz
    • Fehlen einer Zahl für den Ablauf des massgeblichen Tags im letzten Monat der Frist
      • Fehlt der entsprechende Tag, so endet die Frist am letzten Tag des Monats (Abs. 2, Satz 2).
  • ZPO 142 Abs. 3
    • Gesetzliche Fristverlängerung
      • Fällt der letzte Tag einer Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Gerichtsort vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endet sie am nächsten Werktag (Abs. 3).

Theorienstreit

Umstritten war bisher, wie Abs. 1 und 2 von ZPO 142 auszulegen sind:

  • Die Hauptfrage war,
    • ob die beiden Absätze von ZPO 142 zu «kombinieren» sind,
      • d.h. dass der «Tag, an dem die Frist zu laufen begann»,
        • nach ZPO 142 Abs. 2 in Anwendung von ZPO 142 Abs. 1 definiert wird als der Tag,
          • welcher einer Mitteilung oder dem Eintritt eines Ereignisses folgt,

oder,

    • ob die beiden Absätze von ZPO 142 «getrennt» auszulegen sind,
      • d.h. dass sich Abs. 1
        • nur auf Tagesfristen bezieht und
          • demgegenüber für die Berechnung einer Frist nach Monaten der Ereignistag (Fristablauf) relevanter Bezugspunkt bildet.

Neue Rechtsprechung

Nach einer näheren Befassung mit der Lehre und einer umfassenden Auslegung von ZPO 142 Abs. 2 folgerte das Bundesgericht nun,

  • dass ZPO 142 Abs. 2 so auszulegen ist,
    • dass der «Tag, an dem die Frist zu laufen begann»,
      • sich nicht nach ZPO 142 Abs. 1 richte (Tag nach dem Empfang),
      • sondern auf den Tag des fristauslösenden Ereignisses (Empfangstag) Bezug nehme. 

In casu

Der Beschwerdeführer verpasste bei der neuen Anwendung der Rechtsprechung zu ZPO 142 Abs. 2 die Klagefrist gemäss ZPO 209 Abs. 3.

Kein Normenkonflikt zwischen ZPO 142 Abs. 2 und dem Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen

Es besteht kein Normenkonflikt zwischen ZPO 142 Abs. 2 und dem Europäischen Fristenübereinkommen, weshalb die Frage nach deren Verhältnis nicht zu beantworten war.

Entscheid des Bundesgerichts

  • Gutheissung der Beschwerde in Zivilsachen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
  • Aufhebung des Entscheides des Kantonsgerichts Schwyz und Rückweisung der Sache zur weiteren Beurteilung an das Bezirksgericht Höfe.
  • Keine Gerichtskosten und keine Parteientschädigungen. 

BGer 5A_691/2023 vom 13.08.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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