LAWNEWS

Betreibung / Konkurs

QR Code

Berichtigung des Betreibungsregisters: Auszug darf keine Verlustscheine nach einem Konkurs enthalten

SchKG 8; SchKG Art. 149a Abs. 3; SchKG 265 Abs. 2;

Datum:
06.02.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Betreibungsrecht, Konkursrecht (Generalexekution)
Thema:
Berichtigung des Betreibungsregisters
Stichworte:
Berichtigung, Betreibungsamt, Betreibungsauszug, Betreibungsregister, Konkurs, Verlustschein
Erlass:
SchKG 8; SchKG Art. 149a Abs. 3; SchKG 265 Abs. 2;
Entscheid:
BGer 5A_118/2024 vom 21.05.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

A.________, ein Genfer Schuldner, hatte beim Betreibungsamt vergeblich beantragt,

  • auf die doppelte Auflistung unter der Rubrik «Nicht getilgte Verlustscheine nach Pfändung» zu verzichten

und

  • zu ändern
    • den Registereintrag «28 Pfändungsverlustscheine mit Fr. 56’601.60»
    • auf «12 Verlustscheine mit Fr. 21’519.80».

Prozess-History

  • Beschwerde an die AB
    • Am 11.10.2022 reichte A.________ Klage gegen diesen Auszug ein und beantragte, ihn dahingehend zu ändern, dass die Angabe „28 Verlustscheine für insgesamt 56’601 Fr. 60“ nicht mehr enthalten sei.
    • Mit Entscheid vom 16.02.2023 wies die Chambre de surveillance des Offices des poursuites et faillites de la Cour de justice du canton de Genève (nachfolgend: die Aufsichtskammer) die Beschwerde ab.
  • Betreibungsamt mit Auszug aus dem Betreibungsregister
    • Am 11. und 14.08.2023 erstellte das Amt einen Auszug aus dem Betreibungsregister und eine Globalabrechnung für A.________.
    • Im ersten Dokument wird die Existenz von 28 Verlustscheinen über insgesamt Fr. 56’601.60 und einer Betreibung aufgeführt.
    • Im zweiten werden die 28 Verlustscheine detailliert aufgelistet.
  • Aufsichtskammer-Oberinstanz
    • Mit Schriftsatz vom 18.08.2023 reichte A.________ Beschwerde gegen den Betreibungsregisterauszug vom 11.08.2023 und gegen die Globalabrechnung vom 14.08.2023 ein.
      • Er beantragte, das Betreibungsregister dahingehend zu ändern, dass der Eintrag von 28 Verlustscheinen über insgesamt 56’601 Fr. 60 im Abschnitt „Nicht getilgte Verlustscheine infolge Pfändung der letzten 20 Jahre“ durch den Eintrag „12 Verlustscheine über insgesamt 21’519 Fr. 80“ zu ersetzen sei. A.________ verlangte zudem, dass das Amt angewiesen werde, 16 Verlustscheine aus der Gesamtabrechnung zu entfernen, die mit ihrer Nummer bezeichnet sind.
    • Mit Entscheid vom 01.02.2024, versandt am folgenden 6.02.2024, wies die Aufsichtskammer die Beschwerde im Umfang ihrer Zulässigkeit ab.
  • Beschwerde ans Bundesgericht
    • Mit einem am 18.02.2024 elektronisch übermittelten Schriftstück legte A.________ Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss vom 01.02.2024 ein.
    • Er beantragt hauptsächlich, dass der Entscheid aufgehoben und im Sinne seiner Beschwerdeanträge abgeändert werde. Subsidiär beantragte er die Rückweisung der Sache an die Aufsichtskammer.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht ging der Sache auf den Grund und hielt – im französischsprachigen Entscheid – zur Führung des Betreibungsregisters, zur Registeranpassung bei Verlustscheinen und zur Berichtigungspflicht folgendes fest:

  • «5.2.1. Im Betreibungsregister wird jede Betreibung mit den entsprechenden Vorgängen, Anträgen und Erklärungen sowie dem Ergebnis, zu dem die Betreibung geführt hat, verzeichnet (Art. 10 FormV; SR 281.31). Gemäss der am 1. Juni 2016 in Kraft getretenen Weisung Nr. 4 (Version vom 8. Juni 2016) des Oberaufsichtsdienstes SchKG des Bundesamtes für Justiz zum Betreibungsregisterauszug enthält der Auszug die Anzahl der Verlustscheine, die das ausstellende Betreibungsamt in den letzten 20 Jahren ausgestellt hat, sofern sie nicht erloschen sind (Ziff. 9). In der Rubrik „Nicht erloschene Verlustscheine nach Pfändung der letzten 20 Jahre“ dürfen somit keine erloschenen Verlustscheine aufgeführt werden, sondern nur der Gesamtbetrag der noch offenen Schuld. Gemäss Ziff. 10 darf der Auszug keine Verlustscheine nach einem Konkurs enthalten.
    • Jede formell oder materiell unrichtige Eintragung in den Protokollen oder Registern des Amtes muss von Amtes wegen oder auf Antrag berichtigt werden (Art. 8 Abs. 3 SchKG; Urteil 5A_633/2012 vom 17. Dezember 2012 E. 2; DALLÈVES, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, Nr. 11 ad Art. 8 SchKG). Die Berichtigung besteht in der Änderung dieser Eintragungen, um sie der bestehenden tatsächlichen oder rechtlichen Realität anzupassen (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. I, 1999, Nr. 41 zu Art. 8 SchKG).
  • 2.2. Der Verlustschein bezeugt offiziell, dass der Betreibende im Verlaufe einer Zwangsvollstreckung die Zahlung des von ihm in der Betreibung abgeleiteten Anspruchs nicht erhalten hat; er hält das Ergebnis der Betreibung fest (BGE 102 Ia 363E. 2a; Urteil 5A_768/2014 vom 2. November 2015 E. 1.2.2). Die Kantone haben nach Bundesrecht (Art. 8 FormV e contrario) die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, ein Verlustscheinregister zu führen; Genf hat diese Möglichkeit nicht wahrgenommen.
    • 149a Abs. 3 SchKG – sowie Art. 265 Abs. 2 SchKG – sehen vor, dass der Eintrag des Verlustscheins aus dem Register gelöscht wird, wenn der Betriebene den gesamten im Verlustschein ausgewiesenen Fehlbetrag beglichen hat (BGE 117 III 1E. 1; 67 III 129E. 1 S. 1; 67 III 129 E. 2 S. 1 S. 1). 131 f.; Urteil 5A_633/2012 a.a.O. E. 2 und die zitierten Verweise). Hingegen kann der Eintrag eines Verlustscheins im Betreibungsregister nicht gelöscht werden, weil die Ausstellung eines Verlustscheins nicht im Betreibungsregister eingetragen wird, sondern nur Betreibungen, jeweils mit Angabe des Ergebnisses und des Datums der vollständigen Bezahlung des Fehlbetrags (Art. 10 FormV; BGE 95 III 45 E. 1; GILLIÉRON, op. cit., Bd. II, 2000, S. 30 ff. II, 2000, Nr. 30 zu Art. 149a SchKG). Mit anderen Worten kann der Eintrag eines Verlustscheins nicht aus dem Betreibungsregister gelöscht werden, weil er nicht als solcher eingetragen ist, im Gegensatz zu den Betreibungen, die im Betreibungsregister aufgeführt sind, wobei jede Betreibung ihr Ergebnis angibt, darunter gegebenenfalls die Ausstellung eines Verlustscheins bzw. die Angabe des Datums der vollständigen Bezahlung des Fehlbetrags (CJ GE, 14.11.2013, DSCO/280/2013, E. 2.2).»

In concreto:

Im vorliegenden Fall bestreitet das Betreibungsamt nicht,

  • dass der Beschwerdeführer – im Übrigen in Übereinstimmung mit dem, was die Aufsichtskammer in ihrem im Sachverhalt erwähnten Entscheid vom 16. Februar 2023 (…) nachwies,
    • welche Verlustscheine nach Konkurs (…) für Schulden ausgestellt wurden,
  • die in 16 Verlustscheinen nach Pfändung aus der Zeit vor dem Konkurs (…) verkörpert waren.

Der Auszug aus dem Betreibungsregister

  • schliesst diese Verlustscheine also fälschlicherweise in die Gesamtzahl der Verlustscheine ein und
  • addiert den daraus geschuldeten Gesamtbetrag,
    • wobei nur der geschuldete Restbetrag aus den 12 Verlustscheinen nach Pfändung, die im Konkurs nicht vorgelegt wurden, erwähnt werden muss.

Ob ein Kanton darauf verzichtet, ein Verlustscheinregister zu führen, ist dabei unerheblich.

Ergebnis:

Im Ergebnis wird die Beschwerde gutgeheissen,

  • die angefochtene Entscheidung aufgehoben und
  • dahingehend abgeändert,
    • dass die Beschwerde gutgeheissen wird und
    • das Amt aufgefordert wird,
  • das Betreibungsregister dahingehend zu berichtigen,
  • dass nur die Verlustscheine nach Pfändung, die nicht im Konkurs eingereicht wurden, in die Rubrik „Nicht erloschene Verlustscheine nach Pfändung der letzten 20 Jahre“ aufgenommen werden und
  • nur der geschuldete Restbetrag aus diesen Verlustscheinen aufgeführt wird.

Da es sich, wie von der Aufsichtskammer festgestellt, um eine zusätzliche Information zu der oben erwähnten Rubrik im Betreibungsregisterauszug handelt, muss die Gesamtabrechnung entsprechend angepasst werden.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und dahingehend abgeändert, dass die Beschwerde gutgeheissen und das Amt aufgefordert wird, das Betreibungsregister dahingehend zu berichtigen, dass in der Rubrik „Nicht getilgte Verlustscheine aus Pfändung der letzten 20 Jahre“ nur die Verlustscheine nach Pfändung, die nicht im Konkurs vorgebracht wurden, und nur der aus diesen Verlustscheinen resultierende geschuldete Saldo aufgeführt werden.
  2. Es werden keine Gerichtsgebühren erhoben.
  3. Eine Entschädigung von Fr. 2’000.-, die dem Beschwerdeführer als Parteientschädigung zu bezahlen ist, wird dem Kanton Genf auferlegt.
  4. (Mitteilungen)

BGer 5A_118/2024 vom 21.05.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

Bildquelle: rts.ch

Vorbehalt / Disclaimer

Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

Urheber- und Verlagsrechte

Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.