Sachverhalt
«A.
A.a. B.A. ________ (geboren 1972) und C.A. ________ (geboren 1976) sind die Töchter von A.A. ________ (geboren 1940). Im Oktober 2019 übernahmen sie auf Wunsch ihres Vaters die Besorgung seiner privaten und finanziellen Angelegenheiten sowie die Verwaltung seiner Liegenschaften. Mit Vollmacht vom 25. November 2019 bevollmächtigte A.A. ________C.A. ________ zur Besorgung aller Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung seines Liegenschaftsbesitzes und seiner administrativen und finanziellen Angelegenheiten sowie zur Verwaltung der Einkünfte und des Vermögens. Seine Tochter B.A. ________ bevollmächtigte er mit Vollmacht vom 10. Januar 2020 zu seiner Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, öffentlichen Stellen sowie Privatpersonen, zur Verfügung über sein Vermögen sowie zum Eingehen von Verbindlichkeiten jeder Art.
A.b. Mit öffentlich beurkundetem Vorsorgeauftrag vom 23. Juni 2020 beauftragte A.A.________für den Fall seiner Urteilsunfähigkeit seine Lebenspartnerin E. ________ (geboren 1940), ersatzweise seine Töchter B.A. ________ und C.A.________, mit der Personensorge und der damit zusammenhängenden Vertretung im Rechtsverkehr sowie D. ________ (geboren 1964) mit der Vermögenssorge und der damit zusammenhängenden Vertretung im Rechtsverkehr. Im Weiteren hielt er insbesondere fest, dass der Vorsorgeauftrag und die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr in jeder Beziehung umfassend gelten, und er befreite alle von einer Schweigepflicht betroffenen Personen gegenüber den beauftragten Personen von dieser Pflicht (Ziffer 3). Sämtliche früheren Vorsorgeaufträge widerrief er.»
History
«A.c. Am 8. November 2022 reichte D.________ den Vorsorgeauftrag von A.A. ________ vom 23. Juni 2020 (Bst. A.b) bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Region Zürichsee-Linth (KESB) zur Validierung ein. Mit Schreiben vom 23. November 2022 bestätigte Dr. med. F. ________ auf Ersuchen um Arztbericht hin die fehlende Urteilsfähigkeit von A.A. ________ aufgrund einer demenziellen Entwicklung. Mit Verfügung vom 20. Dezember 2022 erklärte die KESB den Vorsorgeauftrag für wirksam. Sie bezeichnete E. ________ in der umfassenden Personensorge sowie Vertretung im damit zusammenhängenden Rechtsverkehr und D. ________ in der Vermögenssorge sowie Vertretung im damit zusammenhängenden Rechtsverkehr als vorsorgebeauftragte Personen. Deren jeweiligen Aufgabenbereiche umschrieb sie entsprechend dem Vorsorgeauftrag und sie nahm Vormerk von den in Ziffer 3 des Vorsorgeauftrags enthaltenen Anordnungen. Zudem sprach sie den Vorsorgebeauftragten je eine Aufwandentschädigung von Fr. 1’000.– pro Jahr zu.
B.
Gegen die Verfügung der KESB reichten B.A. ________ und C.A. ________ Beschwerde ein, welche die Präsidentin der Abteilung V der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 14. August 2023 abwies. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 16. April 2024 (eröffnet am 25. April 2024) ab.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 24. Mai 2024 wenden sich B.A.________ und C.A. ________ (Beschwerdeführerinnen) an das Bundesgericht. Sie beantragen unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, es sei der Entscheid des Kantonsgerichts mitsamt der ihm zugrunde liegenden Verfügung der KESB vollumfänglich aufzuheben und die Ungültigkeit des Vorsorgeauftrags von A.A. ________ vom 23. Juni 2020 festzustellen. Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, entsprach der damalige Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 19. Juni 2024. Im Übrigen hat sich das Bundesgericht die kantonalen Akten überweisen lassen, in der Sache jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet.»
Aus den Erwägungen
Der Wortlaut von ZGB 361 Abs. 1 ist zusammenfassend insofern eindeutig,
- als sich ihm kein Verweis auf ZGB 499 ff. entnehmen lässt.
Die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte deuten ebenfalls (eher) daraufhin,
- dass sich die öffentliche Beurkundung entsprechend dem Grundsatz von SchlTzZGB 55 nach kantonalem Recht richtet.
Jedenfalls liefern Systematik und Entstehungsgeschichte – wie das teleologische Auslegungselement – keinen triftigen Grund für die Annahme,
- der Wortlaut ziele am Rechtssinn der Bestimmung vorbei.
Es besteht laut BGer daher kein Grund,
- ZGB 361 Abs. 1 abweichend vom Wortlaut im Sinn eines Verweises auf ZGB 499 ff. zu verstehen.
Dies gilt umso mehr,
- als beim Vorsorgeauftrag ein vergleichbares Bedürfnis nach Schutz des Vertrauens in den Gesetzeswortlaut besteht wie bei der Testamentserrichtung und
- die Formerfordernisse deshalb nicht über den Gesetzeswortlaut hinaus ausgedehnt werden dürfen.
Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass sich die öffentliche Beurkundung des Vorsorgeauftrags nach kantonalem Recht richtet.
Laut Erw. 3.6 hat die Vorinstanz erwogen,
- dass sich die öffentliche Beurkundung des Vorsorgeauftrags gemäss SchlTzZGB 55 nach kantonalem Recht richte und
- dass das Beurkundungsrecht des Kantons St. Gallen den Beizug von zwei Zeugen nicht vorschreibe.
Der am 23.06.2020 öffentlich beurkundete Vorsorgeauftrag sei von A.A. ________ gültig errichtet worden. Damit habe sei nach dem Gesagten kein Bundesrecht verletzt worden.
Entscheid des Bundesgerichts
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
- Die Gerichtskosten von Fr. 4’000.– werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt.
- Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Zürichsee-Linth und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichterin im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt.
BGer 5A_336/2024 vom 17.01.2025 = BGE 151 III 81 ff.
I. Errichtung
Art. 361 ZGB
1 Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden.
2 Der eigenhändige Vorsorgeauftrag ist von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand niederzuschreiben, zu datieren und zu unterzeichnen.
3 Das Zivilstandsamt trägt auf Antrag die Tatsache, dass eine Person einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, und den Hinterlegungsort in die zentrale Datenbank ein. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten.
2. Öffentliche Verfügung
a. Errichtungsform
Art. 499 ZGB
Die öffentliche letztwillige Verfügung erfolgt unter Mitwirkung von zwei Zeugen vor dem Beamten, Notar oder einer anderen Urkundsperson, die nach kantonalem Recht mit diesen Geschäften betraut sind.
b. Mitwirkung des Beamten
Art. 500 ZGB
1 Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Urkunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
2 Die Urkunde ist vom Erblasser zu unterschreiben.
3 Der Beamte hat die Urkunde zu datieren und ebenfalls zu unterschreiben.
c. Mitwirkung der Zeugen
Art. 501 ZGB
1 Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeichnung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfügung enthalte.
2 Die Zeugen haben auf der Urkunde mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass der Erblasser vor ihnen diese Erklärung abgegeben und dass er sich nach ihrer Wahrnehmung dabei im Zustande der Verfügungsfähigkeit befunden habe.
3 Es ist nicht erforderlich, dass die Zeugen vom Inhalt der Urkunde Kenntnis erhalten.
d. Errichtung ohne Lesen und Unterschrift des Erblassers
Art. 502 ZGB
1 Wenn der Erblasser die Urkunde nicht selbst liest und unterschreibt, so hat sie ihm der Beamte in Gegenwart der beiden Zeugen vorzulesen, und der Erblasser hat daraufhin zu erklären, die Urkunde enthalte seine Verfügung.
2 Die Zeugen haben in diesem Falle nicht nur die Erklärung des Erblassers und ihre Wahrnehmung über seine Verfügungsfähigkeit zu bezeugen, sondern auch mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass die Urkunde in ihrer Gegenwart dem Erblasser vom Beamten vorgelesen worden sei.
e. Mitwirkende Personen
Art. 503 ZGB
1 Personen, die nicht handlungsfähig sind, die sich infolge eines strafgerichtlichen Urteils nicht im Besitz der bürgerlichen Ehren und Rechte522 befinden, oder die des Schreibens und Lesens unkundig sind, sowie die Verwandten523 in gerader Linie und Geschwister des Erblassers und deren Ehegatten und der Ehegatte des Erblassers selbst können bei der Errichtung der öffentlichen Verfügung weder als beurkundender Beamter noch als Zeugen mitwirken.
2 Der beurkundende Beamte und die Zeugen sowie die Verwandten in gerader Linie und die Geschwister oder Ehegatten dieser Personen dürfen in der Verfügung nicht bedacht werden.
522 Die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit infolge eines strafgerichtlichen Urteils ist abgeschafft (siehe AS 1971 777; BBl 1965 I 561 und AS 1974 55; BBl 1974 I 1457).
523 Fassung dieses Wortes gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973
f. Aufbewahrung der Verfügung
Art. 504 ZGB
Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass die mit der Beurkundung betrauten Beamten die Verfügungen im Original oder in einer Abschrift entweder selbst aufbewahren oder einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben.
D. Öffentliche Beurkundung
I. Im Allgemeinen
Art. 55 SchlTzZGB
1 Die Kantone bestimmen, in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung hergestellt wird.
2 Sie haben für die Errichtung von öffentlichen Urkunden in fremder Sprache ordnende Bestimmungen aufzustellen.
Weiterführende Informationen
Vorsorgeauftrag Allgemein
Vorsorgeauftrag Form
Vorsorgeauftrag Inhalt
Checkliste Vorsorgeauftrag
Quelle
LawMedia Redaktionsteam