21.470 Parlamentarische Initiative
Vernehmlassung am 20.08.2025 abgeschlossen
Summary
Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat im April 2025
- die Vernehmlassung zu einer Revision des Bundesgesetzes gegen unlauteren Wettbewerb.
Damit sollen geschaffen werden:
- die gesetzlichen Grundlagen für die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung bei Nichteinhaltung von obligatorischen Arbeitsbedingungen.
Arbeitsbedingungen nicht strafrechtlich verfolgbar
Unter dem geltenden Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen gemäss Artikel 7 nicht strafrechtlich verfolgbar.
- Die parlamentarische Initiative Roduit 21.470,
- «Die Nichteinhaltung der obligatorischen Arbeitsbedingungen stellt einen qualifizierten unlauteren Wettbewerb dar und muss strafrechtlich verfolgt werden»,
- verlangt eine diesbezügliche Änderung und
- die Nichteinhaltung von «Arbeitsbedingungen» in die Liste der Verhalten aufzunehmen,
- die gemäss Artikel 23 UWG auf Antrag strafbar sind.
4. Kapitel: Strafbestimmungen
Art. 2349 Unlauterer Wettbewerb
1 Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 5 oder 6 begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.50
2 Strafantrag stellen kann, wer nach den Artikeln 9 und 10 zur Zivilklage berechtigt ist.
3 Der Bund hat im Verfahren die Rechte eines Privatklägers.51
49 Fassung gemäss Art. 2 Ziff. 1 des BB vom 7. Okt. 2005 über die Genehmigung und die Umsetzung des Strafrechtsübereink. und des Zusatzprot. des Europarates über Korruption, in Kraft seit 1. Juli 2006 (AS 2006 2371; BBl 2004 6983).
50 Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 25. Sept. 2015 (Korruptionsstrafrecht), in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2016 1287; BBl 2014 3591).
51 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2011 4909; BBl 2009 6151).
Textergänzung
In Erfüllung der parlamentarischen Initiative 21.470 legt die RK-N nun einen Vorentwurf zum Erlass eines neuen Artikel 7a UWG vor,
- der genügend bestimmt ist, um ein konkret bestimmtes Verhalten als strafbar zu erklären.
So wird nach Artikel 7a UWG die Nichteinhaltung von Arbeitsbedingungen,
- von denen nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden darf,
- sowie die Nichtbezahlung von geldwerten Leistungen zugunsten der Arbeitnehmer
- unlauter und
- auf Antrag strafbar.
Erläuternder Bericht
Quelle: parlament.ch
Vernehmlassung abgeschlossen
Die Vernehmlassungsfrist dauerte bis zum 20.08.2025.
21.470 Parlamentarische Initiative
Die Nichteinhaltung der obligatorischen Arbeitsbedingungen stellt einen qualifizierten unlauteren Wettbewerb dar und muss strafrechtlich verfolgt werden
Eingereicht von:
Die Mitte-Fraktion. Die Mitte. EVP.
Die Mitte
Einreichungsdatum: 17.06.2021
Eingereicht im: Nationalrat
Stand der Beratungen: In Kommission des Nationalrats
Eingereichter Text
Artikel 23 Absatz 1 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird wie folgt ergänzt:
Art. 23 Abs. 1 UWG (neuer Wortlaut)
«Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 5, 6 oder 7 begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Begründung
Nach Artikel 7 UWG handelt unlauter, wer Arbeitsbedingungen nicht einhält, die durch Rechtssatz oder Vertrag auch dem Mitbewerber auferlegt, oder berufs- oder ortsüblich sind. Ein solches Verhalten kann Gegenstand eines ordentlichen zivilrechtlichen Verfahrens werden, das den geschädigten Parteien die Möglichkeit gibt, gegebenenfalls Zugang zu einer Wiedergutmachung zu erhalten.
Das UWG enthält auch Strafbestimmungen. Nach Artikel 23 UWG können gewisse Verhalten strafrechtlich verfolgt werden, wobei die betreffenden Straftaten nur auf Antrag und nicht von Amtes wegen verfolgt werden. Die unter Artikel 23 fallenden Verhalten sind jene nach den Artikeln 3, 4, 5 und 6 UWG:
– Unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden und anderes widerrechtliches Verhalten (Art. 3);
– Verleitung zu Vertragsverletzung oder -auflösung (Art. 4);
– Verwertung fremder Leistung (Art. 5);
– Verletzung von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen (Art 6).
Die anderen unlauteren Verhalten, insbesondere die in Artikel 7 geregelte Nichteinhaltung der durch Rechtssatz oder Vertrag auferlegten Arbeitsbedingungen, sind von den Strafbestimmungen folglich nicht erfasst.
Die Nichteinhaltung von durch Rechtssatz auferlegten Arbeitsbedingungen schädigt Dritte beträchtlich, insbesondere Unternehmen, die sich an die Regeln halten. Bei öffentlichen Vergaben, bei denen das Kriterium des Preises oft ausschlaggebend für den Zuschlag ist, kommt es nicht selten vor, dass ein Unternehmen den Zuschlag aufgrund eines Preisniveaus erhält, das nur erreicht werden kann durch eine Umgehung der Vorschriften, indem Sozialversicherungsbetrug begangen wird oder durch Rechtssatz auferlegte Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden. Das ehrliche Unternehmen hingegen erhält den Zuschlag nicht. Auch im privatwirtschaftlichen Bereich können Unternehmen, wenn sie ihre Beiträge an die Sozialversicherungen nicht leisten oder Löhne unterhalb der geltenden Mindestlöhne zahlen, ihren Kundinnen und Kunden viel tiefere Preise offerieren als Unternehmen, die den gesetzlich und vertraglich auferlegten Rahmen respektieren.
Unternehmen, die ein solches betrügerisches Verhalten an den Tag legen, verhalten sich unlauter im Sinne von Artikel 7 UWG. Wenn die Kontrollbehörden diese Mängel im Nachhinein feststellen, ist es in den meisten Fällen jedoch zu spät, um die Situation zu korrigieren. Zwar kann das geschädigte Unternehmen gegen ein solches Verhalten zivilrechtlich vorgehen, solche Verfahren sind jedoch langwierig und selten von Erfolg gekrönt. Hinzu kommt, dass die Gerichte in solchen Fällen nur widerwillig vorsorgliche Massnahmen oder superprovisorische Massnahmen anordnen; das betrügerische Unternehmen hat demnach alle Zeit der Welt, seine Arbeiten zu beenden und sich danach in Luft aufzulösen, und der Fall wird sodann unweigerlich gegenstandslos.
Daraus muss gefolgert werden, dass ein zivilrechtliches Verfahren oft nicht ausreicht, um gewisse skrupellose Unternehmen vom Betrug abzuhalten. Wird unlauteres Verhalten nach Artikel 7 UWG in die Liste der Verhalten aufgenommen, die auf Antrag strafbar sind, so kann damit folglich eindeutig besser gegen Sozialversicherungsbetrug und Lohnunterbietung vorgegangen werden – gegen zwei Übel also, die ehrlichen Unternehmen, ihren Angestellten und der Gesellschaft als Ganze schaden.
Es geht übrigens nicht darum, alle Arbeitgeber zu verpflichten, die gleichen Arbeitsbedingungen anzuwenden. Das würde dem Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit widersprechen, ein Punkt, den die Rechtsprechung bestätigt. Es geht vielmehr um die Pflicht, die minimalen auferlegten sozialen Vorgaben einzuhalten, die namentlich die allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV) oder die Normalarbeitsverträge (NAV) mit zwingenden Mindestlöhnen im Sinne des Obligationenrechts vorsehen.
Chronologie: 03.02.2022
Kommission für Rechtsfragen Nationalrat
Folge geben (Erstrat): 13.10.2022
Kommission für Rechtsfragen Ständerat
Zustimmung:
Bundesgesetz: 20.12.2024
Fristverlängerung bis zur Wintersession 2026
Stand der Beratungen: In Kommission des Nationalrats
Weiterführende Informationen
Parlamentarische Initiative 21.470 / Dokumente
Arbeitsbedingungen
UWG
Strafrecht / Strafprozessrecht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam