Teil 2 – Parteiwechsel / zwei Bankenpartner bei internationaler Ausrichtung?
Einleitung
In Teil 1 wurde die Spaltung von Grossunternehmen und Banken in kleinere oder Ländereinheiten mit möglichen Varianten erläutert. Dabei wurde festgestellt, dass voraussichtlich die „Vermögensübertragung“ Anwendung finden wird, was für die Bankkunden zu einer gewissen Intransparenz insofern führen kann, als unklar sein kann, ob die Kundenbeziehung von der neuen Bank übernommen wird oder nicht; dies könnte jedoch über das Datenschutzgesetz in Erfahrung gebracht werden.
Parteiwechsel
Grundsätzlich führt jede Umstrukturierung mit Betriebsübertragung oder Betriebsübergang für die übertragenen Rechte und Pflichten zu einem Parteiwechsel. Der Übertragungsform (Spaltung, Vermögensübertragung, usw.) wird meistens sekundäre Bedeutung beigemessen. Trotzdessen gibt es Unterschiede: so gehen zum Beispiel bei der Vermögensübertragung nur die im „Vermögensübertragungsinventar“ erfassten Rechtspositionen auf den übernehmenden Rechtsträger über. In aller Regeln werden im Vermögensübertragungsinventar nur aktuelle und vermögenswerte Positionen erfasst.
Mit anderen Worten heisst dies, dass Ansprüche aus folgenden Positionen unter Umständen bei bisherigen Rechtsträgern verbleiben, was der Berechtigte vielleicht erst nach Jahr und Tag bzw. vor dem Richter mitgeteilt erhält, weil er meint, es seien alle „Switzerland“-Positionen auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen:
- Vertragsverhältnisse, die sich nicht in einer Kunden-, Konto- oder Depotnummer niederschlagen
- Ansprüche aus saldierten Konten oder Depots
- Nicht im Verhältnis zum Bankkunden offenbarte bzw. registrierte Ansprüche, wie
- Retrozessionen, Bestandespflegekommissionen u.ä.
- Ansprüche gegenüber der Bank aus Unternehmensrestrukturierungen und Unternehmenssanierungen
- Faktischer Organschaft
- Anfechtbaren Handlungen
- Ansprüche gegenüber der Bank aus Veruntreuung von Bankmitarbeitenden
- Schadenersatzansprüche aus Verletzung des Bankgeheimnisses durch Offenbarungen an in- oder ausländische (unberechtigte) Behörden
- etc.
Sofern und soweit deliktisch entstandene Ansprüche in Frage stehen, scheint eine Rechtsübertragung auf eine Folgebank wenn nicht unmöglich, so doch fragwürdig.
Zuordnung Bankenentscheid
Für die Triage des Kundenverhältnisses sind das Tätigkeitsgebiet der bisherigen und der neuen Bank sowie die Kundenprovenienz entscheidend.
Bankenlizenzen als erstes Kriterium
Die Bank ist aus den nationalen und internationalen Regulatorienvoraussetzungen meisten gehalten, im Zielmarkt mit eigener Lizenz oder eigener Bank tätig zu sein. Aus der Presse sind die Fälle bekannt, in denen Banken durch europäische oder Überseestaaten drastische Bussen kassierten. Daher wird die Kundenbeziehung sicherlich unter diesem Blickwinkel beurteilt.
Kundenstatus (Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Bedürfnisse) als zweites Kriterium
Bei einer international tätigen, übertragenden Bank sind folgende wesentlichen Kundenbeziehungen auszumachen:
- Schweizerische Kunden in der Schweiz mit Binnenbankbeziehung
- Schweizerische Kunden in der Schweiz mit internationalen Servicebedürfnissen
- Ausländische Kunden mit Wohnsitz in der Schweiz mit Binnenbankbeziehung
- Ausländische Kunden mit Wohnsitz in der Schweiz mit internationalen Servicebedürfnissen
- Ausländische Kunden mit Wohnsitz im Ausland mit Bedürfnissen in der Schweiz
- Ausländische Kunden mit Wohnsitz im Ausland mit internationalen Servicebedürfnissen
- Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI)
Es ist davon auszugehen, dass (wichtige) Kunden mit Auslandbedürfnissen zwei Banken als Ansprechpartner erhalten. Dies wird mit Gewissheit für die Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI) der Fall sein.
Bankenkommunikation
Bankenkommunikation im Allgemeinen
Es ist davon auszugehen, dass von der betreffenden Bankengruppe grundsätzlich alle Kunden über die Veränderungen informiert werden.
Individuelle Information nach Kunden-Wichtigkeit
Es wird je nach Kommunikationsstrategie der Bank und nach Engagement des betreffenden Kundenbetreuers nur allgemein oder eben nach der Wichtigkeit der Kundschaft besonders informiert werden.
UHNWI
Durch oberstes Bankenkader dürften die sog. Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI) sehr individuell informiert werden.
Zwischenfazit
Jeder Bankkunde sollte sich damit befassen, ob und welche Rechte und Pflichten auf die Nachfolgebank übertragen wurden und, ob und wenn ja, welche Positionen seiner Geschäftsbeziehung bei der bisherigen Bank verbleiben bzw. weiterhin dieser gegenüber – während welcher Dauer (Verjährung) – geltend zu machen sind.
Folgende Artikel werden in nächster Zeit zum Thema Bank auf law-news.ch publiziert:
- Allgemeines – Der Restrukturierung folgt die Umstrukturierung
- Parteiwechsel / zwei Bankenpartner bei internationaler Ausrichtung?
- Products and Services
- Strukturierte Produkte
- Retrozessionen
- Hängige Prozesse
- Bankpost und Genehmigung / Bankgeheimnis
- Aktenlage / Datenschutz / Information
- Schlussbemerkungen