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Vorschussbetrug und falsche Lotterien – Ablaufgrundlagen (Teil 2)

Datum:
15.01.2018
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Stichworte:
Betrug, falsche Lotterien
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

In Teil 1 wurden die einzelnen Formen des „Vorschussbetrugs“ und der Meccano der „falschen Lotterien“ ausführlich dargelegt. Besonders ausführlich wurde auf die charakteristischen Merkpunkte, die zur finanziellen Schröpfung der Opfer führen, eingegangen.

Das Vorgehen der Betrüger in der Opferauswahl, die auf die täuschungsanfälligen Opfer fokussierte Kommunikation und die Spielregeln beim Täuschungsvorhaben bilden Schwerpunkte dieses 2. Teils der Artikelfolge.

Vorschussbetrug – Artikelfolge

Teil 1   –   Formen des Vorschussbetrugs bzw. der falschen Lotterie

Teil 2   –   Ablaufgrundlagen

Teil 3   –   Rechtsgrundlagen

Teil 4   –   Prävention

Absender

Die Absender verwenden meist fiktive Namen oder treten unter falscher Identität auf.

Opfer

Opferauswahl

Täter wenden sich teils gezielt und passgenau an die Opfer. Sofern und soweit es sich nicht um Massensendungen handelt, ist die Opferauswahl meist kein Zufall.

Opferprofil

Das beim „Vorschussbetrug“ und auch bei der „falschen Lotterie“ angepeilte Publikum besteht meistens aus sozial isolierten, älteren und verarmten Personen. Solche Personen sind dem Risiko der Opferwerdung besonders ausgesetzt.

Von den Tätern werden also vor allem angesprochen:

  • Arme Personen
  • Alte Personen
  • Kranke Personen
  • Sozialbezüger
  • aber auch ganz normal urteilsfähige Personen

Verwitwete Frauen gehen Vorschuss- und Lotto-Betrügern besonders viel auf den Leim.

Konditionierung der Opfer

Studien ergaben, dass es vielen Betrugsopfern im Tatzeitpunkt gesundheitlich schlecht ging (schwere Krankheit, Depression usw.) oder, dass sie in einer finanziellen Krise steckten.

Aber auch andere konkrete Anlässe oder Defizite können die Urteilsfähigkeit von erwachsenen Personen, sei es in der Erkennung der Tragweite der Entscheide, sei es in der Steuerung ihres Verhaltens entsprechend der gewonnenen Einsicht, beeinträchtigen:

  • Sucht
  • Naivität / Leichtgläubigkeit
  • Intelligenzminderung
  • Verwirrtheit
  • Geisteskrankheit
  • Demenz

Willenslosigkeit?

Die Täter suchen sich – durch unnatürliche Nettigkeit oder resonanzlos bleibende, erniedrigende Voten – nicht selten willenslose Personen als Opfer aus. Bei der Willenslosigkeit geht es darum, dass das Opfer nicht über die Fähigkeit verfügt, dem Versuch der Willensbeeinflussung des Täters in normaler Weise Widerstand zu leisten. Mit Willenslosen können die Täter (einfacher) das deliktische Ziel erreichen.

Wiederholungsopfer?

Einmal Geschröpfte werden von den Tätern meistens systematisch angegangen und wieder geschröpft.

Verbreitung / Bedeutung

Hunderttausende von Personen sind in der Schweiz urteilsunfähig und damit potentielle Opfer von Vorschuss-Scam und Lotteriebetrug. Es lässt sich daher erahnen wie lukrativ die Masche ist, auch wenn nur ein Teil der Betroffenen auf die Anschreiben mit einer Vorschusszahlung reagiert.

Kommunikationsmethoden

Briefe und e-mails als Kommunikationsmittel

Der Produktionsprozess der von den Tätern verfassten unlauteren Briefe zur gezielten Anwerbung von urteilsunfähigen Opfern folgt meistens der Linie für professionelle Anschreiben, aber unter Berücksichtigung der Umstände, die urteilsunfähige oder willenlose Personen dazu bringen, ihr Vermögen selber zu schädigen.

Reguläre Werbung?

Die „Fangnetz-Schreiben“ sind meist von ähnlicher Typologie und wollen immer wie Geschäftskorrespondenz daher kommen, obwohl der Inhalt meistens alles andere als eine kaufmännische Korrespondenz wiederspiegelt:

Modell der“ normalen“ Werbung

  • E-mails und Briefe sind grundsätzlich wie reguläre Werbung redigiert und dargestellt

Schreibstil

  • Während die Vorschussbitten in persönliche Anschreiben gekleidet sind und die Mithilfe des Adressaten ansprechen, redigieren die Autoren von falschen Lotterien mit Schlüsselreizen, Graphiken, Fotos, Stempeln, Gütesiegeln und Eye-Catchern
  • In der Regel wird in einem aktiven und persönlich ansprechenden, prägnanten Schreibstil geschrieben
  • Meistens werden Verbindlichkeiten nur vorgetäuscht

Sprache / Stilistischer Aufbau

  • Gute Verständlichkeit
    • Einfacher Textaufbau
  • Ausländische Absender
    • Ausländische Exponenten verwenden heute oft billige Übersetzungstools, so dass der Empfänger relativ schnell die fehlende Seriosität erkennt
      • Bei Zahlungsaufforderungen im Telegrammstil ist die Erkennbarkeit meist schwieriger
      • Hier fällt auf, dass seriöse Unternehmen als Absender vorgespiegelt werden oder, dass Rechnungen für Produkte oder Dienstleistungen aus anderen Branchen zugestellt werden, als Adressat tätig ist

Inhalt

  • Absenderangaben
    • Bekannte Firmenamen wie Doppelnamen in umgekehrter Reihenfolge (zB Maurice Philippe oder Gamble & Procter usw.)
    • Um den Anschein der Seriosität zu erzielen, missbrauchen Betrüger bisweilen auch die Namen bekannter Schweizer Unternehmen und von internationalen Organisationen
  • Adressat
    • Übliche Adressaufbau, ev. mit dem vorangestellten Vermerk „Vertraulich / Persönlich“
  • Betreff
    • Kurze Gegenstandsansprache, meist mit subjektivem Touch
  • Anrede
    • Sehr persönliche Ansprache wie zB „Liebe Frau Andrea Müller“
  • Detailinhalt
    • Jüngere Zielpersonen
      • Ansprache von Themen wie
        • Gier bzw. Risikobereitschaft
          • Geldgier (Trait)
            • > kein strafrechtlicher Schutz
          • Situative finanzielle Bedürftigkeit bzw. Notlage (State)
            • > Strafrechtlicher Schutz
        • Zeitmangel
        • Internetfallen
    • Ältere Zielpersonen
      • Ansprache von Themen wie
        • Verletzlichkeit / kürzlicher Betroffenheit
        • Erlösung von einem Schicksalsschlag oder Unglück etc.
    • Namen der Testimonials entsprechen realen VIP’s
    • Mit Täuschungen, Drohungen und Widersprüchlichkeiten angereicherte Texte, je nach dem Ziel des Täters
    • Verwirrende Botschaften (an verwirrte Empfänger)
  • Unterschrift
    • Eigenartige Firmennamen und Namen der Unterzeichner
    • Sehr schwungvolle Unterschriften, die manchmal eine ausländische Provenienz oder auf mangelnde Geschäfts- bzw. Fachkenntnis schliessen lassen
    • Auffälliger persönlicher Siegeldruck
  • Antwortmodalitäten
    • So formuliert, dass wenig Kundenaufwand entsteht

Kuvert

  • Die Briefumschläge sind von Format und Farbe her so gestaltet wie sie bei persönlichen Schreiben Anwendung finden.

Ziele der Betrüger

Die Anschreiben wollen die Empfänger zu einem bestimmten Handeln beeinflussen:

Informationen der Opfer

  • Die Betrüger versuchen meistens an persönliche Informationen potenzieller Opfer zu gelangen
    • Kreditkartendaten und Zugangscodes
    • Bankdaten
    • Kontendaten
    • Depotdaten

Dokumente der Opfer

  • Weiter peilen die Betrüger den Erhalt von handsignierten Unterlagen an
    • Missbrauch von Daten und Dokumenten
    • zum finanziellen Nachteil der Betroffenen, mittels zB einer Namensanmassung

Briefbeantwortungen

Wer durch Zahlungen solche Briefe „beantwortet“, ist anschliessend seiner Ruhe nicht sicher und wird mit weiteren luschen Angeboten jeder Art eingedeckt.

In der nächsten Ausgabe (Teil 3) folgt eine Auslegeordnung der Rechtsgrundlagen des Vorschussbetrugs.

Quelle

LawMedia-Redaktionsteam

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