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Reiserecht / Vertragsrecht

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Flugkerosin-Preiserhöhungen: Zulässigkeit der Überwälzung auf den Fluggast?

Datum:
22.03.2022
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Reiserecht
Stichworte:
einseitige Vertragsänderung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Mehrkostenzuschlag aus Flugrouten-Änderungen?

Einleitung

In den vergangenen Wochen sind die Flugtreibstoffpreise des Ukraine-Konflikts und der Sanktionen westlicher Staaten gegen Russland wegen massiv angestiegen.

In der Reisebranche ist daher eine Diskussion entbrannt,

  • ob  eine nachträgliche Erhebung von Treibstoffzuschlägen bei bereits gebuchten und bezahlten Flugtickets zulässig ist oder,
  • ob die Fluggesellschaften allfällige Kostenteuerungen in ihrer Ticket-Kalkulation bzw. durch entsprechende Treibstoffeinkaufsplanung hätten berücksichtigen müssen?

Beförderungsbestimmungen der Airlines

Die Beförderungsbestimmungen der Fluggesellschaften sind je nach Unternehmen unterschiedlich und enthalten teilweise Interpretationsspielraum für nachträgliche Treibstoffzuschläge.

Buchungsstand (nur Reservation oder Ticketausstellung)

In der Flugbuchungspraxis wird unterschieden in:

  • Reservation ohne Ticket und
  • Ticket-Ausstellung.

Flugticket-Ausstellung

Wurde das Flugticket einmal ausgestellt und bezahlt, sollten dadurch Preis und Bedingungen gewährleistet sein. Nachträgliche Flugtreibstoff-Zuschläge wären daher unzulässig.

Reservation

Wurde im Airline-Reservationssystem einzig eine Reservation vorgenommen, aber noch keine Tickets dazu ausgestellt, gibt die Fluggesellschaft in der Regel eine Frist für den definitiven Kaufentscheid und Ticketausstellung:

  • Bucht der Fluggast innert Frist definitiv, werden die Reservationsbedingungen bindend.
  • Kommt es während dieser Entscheidungsfrist nicht zum definitiven Kauf, kann die Airline den Tarif, die Zuschläge und den Preis anpassen.

Im Falle von Umbuchungen nach dem Ticketkauf sind die meisten Airlines berechtigt, die höheren Tarife zu verrechnen.

Verträge sind zu halten

Grundsätzlich sind die Fluggesellschaften in ihrer Preisgestaltung frei, was auch die Kalkulation und Einpreisung von Risiken wie steigende Treibstoffkosten umfasst.

Haben die Airlines falsch kalkuliert, bevorstehende Risiken wie die zu erwarten gewesene Ukrainekrise nicht einkalkuliert und ihre Kerosinkäufe- bzw. kosten nicht abgesichert, so ist dies ihr Betriebsrisiko und hat keinen Einfluss auf bereits bestehende Beförderungsverträge. Nach Abschluss des Beförderungsvertrages (Ticketausstellung und -bezahlung) ist die Fluggesellschaft an den geschlossenen Vertrag gebunden. Verträge sind zu halten («Pacta sunt servanda»).

Jedenfalls gibt es keine gesetzliche Grundlage für eine Änderung des Beförderungsvertrages infolge Kostensteigerungen.

Auch eine richterliche Vertragsanpassung wird wohl nicht gelingen:

  • Zu geringe Zusatzkosten;
  • Vorhersehbare Ukrainekrise;
  • Zu erwartende Veränderung der Treibstoffpreise.

Der gerichtlichen Einforderung nachträglicher Kerosin-Mehrkosten durch eine Airline dürfte daher kein Erfolg beschieden sein.

Flugroutenanpassung wegen Ukraine-Invasion

Muss die Airline infolge der Ukraineinvasion und der dadurch entstandenen geografischen Flugverbote ihre Flugroute anpassen, zum Beispiel bei Reisen nach Südostasien, so ist kein Zuschlag zulässig.

Im Flugverkehr entstehen immer wieder Flugumleitungen oder Flugverzögerungen an Flughäfen, welche zu einem höheren Treibstoffverbrauch führen. Solche Aufwände sind Betriebsrisiken der Airlines und gelten als in den Ticketkosten einkalkuliert.

Reaktionsmöglichkeiten des Fluggasts auf Überwälzungsansinnen der Airline

Fluggästen, welche direkt bei einer Fluggesellschaft gebucht haben und von welchen die Airline nachträglich Treibstoffzuschläge einfordert, ist zu empfehlen:

  • Sichtung der Beförderungsbedingungen.
  • Im Falle von Beförderungsbedingungen ohne Mehrkostenüberwälzungsvorbehalt kann auf den geschlossenen Vertrag hingewiesen und der Treibstofferhöhungszuschlag nicht bezahlt werden.

Im Falle von Reisevermittlungen durch Reiseagenturen müsste das Reisebüro voerst die mit der Airlines vereinbarten Beförderungsbedingungen ggf. offenlegen; nach deren Sichtung sind die Rechte und Pflichten zu prüfen, auch mit Bezug auf die Überwälzungsmöglichkeiten.

Hinsichtlich Pauschalreisen wird verwiesen auf:

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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