Kurzdefinition: Klage aus Prospekthaftung
Wer ein Prospekt, ein Basisinformationsblatt oder ähnliche Mitteilungen ausgibt, haftet den Erwerbern von Finanzinstrumenten (u.a. Aktien u. Obligationen) für den Schaden aus irreführenden, den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Angaben.
Synonym: Emissionshaftungsklage
Gesetzliche Grundlagen
Art. 3 FIDLEG (Auszug)
- Finanzinstrumente:
- Beteiligungspapiere:
- Effekten in Form von Aktien einschliesslich Aktien gleichzustellender Effekten, die Beteiligungs- oder Stimmrechte verleihen, wie Partizipations- oder Genussscheine
- Effekten, die bei Umwandlung oder Ausübung des darin verbrieften Rechts den Erwerb von Beteiligungspapieren nach Strich 1 ermöglichen, sobald sie zur Umwandlung angemeldet wurden,
- Forderungspapiere: Effekten, die nicht Beteiligungspapiere sind,
- Anteile an kollektiven Kapitalanlagen nach Art. 7 u. 119 KAG,
- strukturierte Produkte, namentlich kapitalgeschützte Produkte, Produkte mit Maximalrendite und Zertifikate,
- Derivate nach Art. 2 lit. c des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes,
- Einlagen, deren Rückzahlungswert oder Zins risiko- oder kursabhängig ist, ausgenommen solche, deren Zins an einen Zinsindex gebunden ist,
- Anleihensobligationen: Anteile an einem Gesamtdarlehen mit einheitlichen Bedingungen;
- Beteiligungspapiere:
- Effekten: vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Wertpapiere, Wertrechte, Derivate und Bucheffekten;
- Emittenten: Personen, die Effekten begeben oder zu begeben beabsichtigen;
- Angebot: jede Einladung zum Erwerb eines Finanzinstruments, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und das Finanzinstrument selber enthält;
- öffentliches Angebot: an das Publikum gerichtetes Angebot;
- Ersteller: Personen, die ein Finanzinstrument erstellen oder Änderungen an einem bestehenden Finanzinstrument, einschliesslich Änderungen seines Risiko- und Renditeprofils oder der mit einer Anlage in das Finanzinstrument verbundenen Kosten, vornehmen.
Art. 35 FIDLEG
1 Wer in der Schweiz ein öffentliches Angebot zum Erwerb von Effekten unterbreitet oder wer um Zulassung von Effekten zum Handel auf einem Handelsplatz nach Artikel 26 Buchstabe a des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 2015 ersucht, hat vorgängig einen Prospekt zu veröffentlichen.
2 Ist der Emittent der Effekten nicht am öffentlichen Angebot beteiligt, so treffen ihn keine Mitwirkungspflichten bei der Erstellung des Prospekts.
Art. 36 bis 39 FIDLEG
Ausnahmen von der Prospektpflicht
Art. 40 ff. FIDLEG
Inhalt des Prospekts
Art. 69 FIDLEG
1 Wer in Prospekten, im Basisinformationsblatt oder in ähnlichen Mitteilungen unrichtige, irreführende oder den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Angaben macht, ohne dabei die erforderliche Sorgfalt anzuwenden, haftet dem Erwerber eines Finanzinstruments für den dadurch verursachten Schaden.
2 Für Angaben in der Zusammenfassung wird nur gehaftet, wenn sich erweist, dass diese irreführend, unrichtig oder widersprüchlich sind, wenn sie zusammen mit den anderen Teilen des Prospektes gelesen werden.
3 Für falsche oder irreführende Angaben über wesentliche Perspektiven wird nur gehaftet, wenn die Angaben wider besseres Wissen oder ohne Hinweis auf die Ungewissheit zukünftiger Entwicklungen gemacht oder verbreitet wurden.
Gegenstand |
Details |
Bemerkungen |
Anwendungsbereich |
Sicherstellung der Aufklärungspflichten von Erstellern von Prospekten |
Prospektpflicht nur für öffentliche Angebote von Finanzinstrumente und Gesuche um Börsenzulassung, soweit keine Ausnahme greift (FIDLEG 36 f.) |
Gegenstand |
Schadensausgleich bei Schädigungen durch pflichtwidrige Angaben in Prospekten |
Der Sekundärhandel mit Inkrafttreten des FIDLEG miterfasst |
Klagefrist |
Innert der Verjährungsfrist (siehe unten) |
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Abgrenzung |
Prospekthaftung (FIDLEG 69) ist von Gründerhaftung, Organhaftung (OR 753, 754) abzugrenzen. |
Verletzung von Strafbestimmungen (FIDLEG 89 f.) u. Straftatbestände nach StGB als Grundlage für ausservertragliche Haftung (OR 41) |
Aktivlegitimation |
Grundsatz: Zeichner/Erwerber des Finanzinstrumentes (Aktionär, Obligationär) |
Je weiter die Ausgabe des Prospektes zurückliegt, bzw. bei späteren Erwerbern, desto schwieriger der Nachweis der Kausalität |
Passivlegitimation |
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Blosses Verbreiten von Prospekten genügt nicht |
Anfechtungsgründe/ Klagegründe |
Angaben machen in Prospekten, die
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Beispiele:
Wertungen und Prognosen müssen als solche erkennbar und nachvollziehbar sein |
Pflichtverletzung |
Unrichtige, irreführende oder den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Angaben im Prospekt (FIDLEG 69) |
Bspw. wesentliche Angaben für Entscheid der Anleger (FIDLEG 40):
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Verschulden |
Grundsatz: Nichtanwendung der erforderlichen Sorgfalt (Fahrlässigkeit) genügt |
Bei Fehlerhaften Angaben im Prospekt wird das Verschulden vermutet |
Schaden |
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Tatsächliches Lesen des Prospektes nicht erforderlich, da Einfluss von Falschinformation auf den Marktpreis vermutet wird |
Kausalzusammenhang |
Unrichtiger Prospekt muss massgeblicher Grund (kausal) für den Erwerb des Wertpapiers und für Schaden sein |
Nichtlesen des fehlerhaften Prospekten schadet gs. nicht |
Konkurrenzen |
Konkurrenz Haftung nach FIDLEG 69, allf. Ansprüche aus Vertrag (Auftrag etc.) sowie ggf. OR 41 (unerlaubte Handlung) |
Vorsätzliche Verletzung von Prospektpflichten fällt unter Strafbestimmungen (FIDLEG 89 f.) u. erfüllt ev. auch Straftatbestände nach StGB |
Anerkennung und Vergleich |
Vorprozessual oder im Verlauf eines Prozesses |
Bei Geltendmachung des Anspruchs durch die Konkursverwaltung ist die Zustimmung der Gläubiger zum Vergleich notwendig |
Kostenverteilung |
Im Prozess grundsätzlich nach Obsiegen / Unterliegen (ZPO 106) |
(ermessensweise) richterliche Kostenverteilung zwischen Kläger und Beklagtem (107 ZPO) |
Verjährung |
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