Beweislast des Arbeitnehmers
Grundsätzlich liegt die Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitnehmer (Art. 8 ZGB).
Arztzeugnis als übliches Beweismittel
Um die Arbeitsunfähigkeit zu belegen, wird regelmässig ein Arztzeugnis ausgestellt. In der Praxis bestehen oft arbeitsvertragliche Regelungen, wonach bei einer krankheits- oder unfallbedingten Abwesenheit ab zwei, drei oder vier Tagen dem Arbeitgeber ein Arztzeugnis vorzulegen ist. Die herrschende Lehre interpretiert aus solchen Vereinbarungen eine Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei einer kürzeren Abwesenheit nachzuweisen hat, dass der Arbeitnehmer nicht krank (bzw. arbeitsunfähig) war, wenn er für diese Zeit den Lohn nicht leisten will. Sofern es der Arbeitsvertrag nicht ausschliesst, kann der Arbeitgeber jedoch bereits bei einem Abwesenheitstag ein Arztzeugnis verlangen. Damit der Arbeitgeber ein Arztzeugnis verlangen darf, braucht es somit keine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung. Auch die Zeit, welche für die Arztvisite benötigt wird, gilt als krankheitsbedingte Abwesenheit (jedenfalls sofern es sich nicht um eine blosse Vorsorgeuntersuchung handelt).
Anderweitige Beweismittel
Der Nachweis der Krankheit kann auch anderweitig als durch ein Arztzeugnis erbracht werden. Ein Arztzeugnis ist in der Praxis jedoch das effektivste Beweismittel. Sofern keine begründeten Zweifel bestehen, dass das Arztzeugnis richtig ist, stellen die Gerichte i.d.R. auf dessen Inhalt ab. Begründete Zweifel an der Richtigkeit eines Arztzeugnisses bestehen zum Beispiel, wenn dieses zurückdatiert wurde oder wenn der Arzt alleine auf die Angaben des Patienten abgestellt hat. Dasselbe gilt, wenn das Zeugnis erst lange Zeit nach der bescheinigten Krankheit erstellt wurde.
Die Vermutung der Unrichtigkeit des Arztzeugnisses kann auch aufkommen, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer während der Zeit, in welcher er krankgeschrieben war, einer körperlich anstrengenden Tätigkeit nachgegangen ist.
Beweiskraft
Im arbeitsrechtlichen Prozess gilt das Arztzeugnis als Privaturkunde. Als solche unterliegt sie der freien richterlichen Beweiswürdigung.
Zwar hat das Arztzeugnis keinen absoluten Beweiswert, es ist jedoch in der Regel darauf abzustellen, wenn keine begründeten Zweifel dagegen sprechen.
Sofern die Abwesenheit des Arbeitnehmers unbegründet war, kann der Arbeitnehmer die Auszahlung des Lohnes für die entsprechende Zeit verweigern bzw. zurückverlangen. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
Zeugenbefragung von Hausarzt und Vertrauensarzt
In einer Prozesssache, die die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers bzw. die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hat, können der Hausarzt des Arbeitnehmers und der Vertrauensarzt des Arbeitgebers als Zeugen einvernommen und der Hausarzt zum Arztbericht des Vertrauensarztes befragt werden.
Gerichtsentscheide
- AGer, AN 10009 vom 25.05.2011, Entscheide des Arbeitsgerichtes Zürich 2011, S. 19 f.
- OG ZH, LA110033, vom 22.03.2012