Gegenstand
Sicherungszession
Agenda
- Definition
- Gesetzliche Grundlagen
- Rechtsnatur
- Zulässigkeit der Sicherungszession
- Ziele, Motive, Verbreitung
- Funktion
- Arten von Sicherungszessionen
- Allgemeine Sicherungszession
- Globalzession
- Lohnzession
- Sicherungs-Gegenstand
- Voraussetzungen der Sicherheit
- Drittsicherheit
- Hauptforderung
- Gläubiger (Zessionar / Fiduziar)
- Schuldner (Zedent / Fiduziant)
- Sicherungsvorgang
- Verwertungsrecht
- Persönliche Haftung
- Untergang
- Verjährung der Hauptforderung
- Muster
- Detailinformationen zu verwandten Sicherungsbehelfen
- Judikatur
- Literatur
Definition
Sicherungszession = fiduziarische Abtretung (Zession) einer Forderung oder eines anderen Rechtes durch den Schuldner (oder einen Dritten) als Fiduziant (auch Zedent) an den Gläubiger als Fiduziar (auch Zessionar) zur Sicherung seiner Hauptforderung, mit der Abrede, dass der Gläubiger über den Abtretungsgegenstand nur im Rahmen des Sicherungszweckes verfügen darf und bei Tilgung der Hauptforderung diesen zurück zu zedieren hat
Synonyme:
- Sicherheitszession
- Sicherheitsleistung
- Zession sicherheitshalber
In Französisch:
- La cession aux fins de garantie
Unterschied zur Sicherungsübereignung
- Die Sicherungsübereignung hat als Sicherungsgegenstand – anstelle von Forderungen und Rechten der Sicherungszession – bewegliche oder unbewegliche Sachen; daher kann ergänzend weitgehend auf die Regeln der Sicherungsübereignung verwiesen werden
Gesetzliche Grundlagen
- Keine gesetzliche Regelung
- OR 394 ff. (Auftragsrecht / Treuhandvertrag)
- ZGB 899 – ZGB 906 analog (Recht des Forderungspfandrechtes)
Rechtsnatur
- Teil des Systems der Sicherheiten
- Sicherungszession = Verwertungsrecht
- Innominatkontrakt
Zulässigkeit der Sicherungszession
Die Sicherungszession wird als zulässig anerkannt, obwohl sie gesetzlich nicht geregelt ist [vgl. BGE 123 III 60 ff.; ZOBL DIETER, Kommentar, System. Teil vor ZGB 884, N 1508, und DE GOTTRAU NICOLAS, Transfert de propriété et cession à fin de garantie: principes et applications dans le domaine bancaire, in: Iynedjian Nicolas, Sûretés et garanties bancaires, Lausanne 1997, S. 222]
Ziele, Motive, Verbreitung
Ziele
Sicherungsmöglichkeit im Geschäftsverkehr und bei der Darlehensvergabe bzw. Kreditvergabe
Motive
Sicherungsfunktion
Verbreitung
v.a. im Bank- und Kreditgeschäft
Die Sicherungszession hat im Bankbusiness das Forderungspfandrecht [ZGB 899 ff.] weitgehend verdrängt
Allgemeine Sicherungszession
Charakteristik
- Zedent (Schuldner oder Dritter) tritt ab
- zur Sicherung einer Hauptforderung
- eine Forderung oder ein anderes Recht
- zu Eigentum an den Zessionar (Gläubiger)
- zur abredegemässen Verwendung
- bis zur allf. Verwertung bzw. Rückzession infolge Beendigung des Sicherungsgeschäfts an den Zedenten (Schuldner oder Dritter)
- Zessionar ist gegenüber dem Schuldner der abgetretenen Forderung (Drittschuldner) vollberechtigt; er hat die Verfügungsmacht, die abgetretene Forderung (oder das abgetretene Recht) in eigenem Namen gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen
- Stärkere Rechtsstellung des Gläubigers bei der Sicherungszession als beim Forderungspfandrecht
Anwendbares Recht
- Anwendbarkeit der Regeln zur Abtretung und zum Forderungspfandrecht
Globalzession
Charakteristik
- Zedent (Schuldner oder Dritter) tritt ab
- zur Sicherung der Hauptforderung (meistens Betriebskredit o.ä.)
- Hauptschuld muss bestimmt oder bestimmbar sein
- die gegenwärtigen und künftigen (Debitoren-)Forderungen aus seinem Geschäftsbetrieb an den Gläubiger (in der Regel eine Bank)
- zukünftige (Debitoren-)Forderungen haben bestimmt oder bestimmbar zu sein
- unbeschränkte Zession sämtlicher Forderungen auf längere Zeit kann zu einer persönlichkeitsverletzenden Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit führen [ZGB 27 Abs. 2; BGE 112 II 433 ff.] und sittenwidrig sein [vgl. OR 20 Abs. 1; BGE 84 II 355 ff.]
- grundsätzlich ist aber die Abtretung aller aus einem Geschäftsbetrieb resultierenden Forderungen zulässig [vgl. BGE 113 II 163 ff.]
- Vgl. Globalzession
- zu Eigentum an den Zessionar (Gläubiger)
- zur abredegemässen Verwendung
- bis zur allf. Verwertung bzw. Rückzession infolge Beendigung des Sicherungsgeschäfts an den Zedenten (Schuldner oder Dritter)
- Zessionar ist gegenüber dem Schuldner der abgetretenen Forderung (Drittschuldner) vollberechtigt; er hat die Verfügungsmacht, die abgetretene Forderung (oder das abgetretene Recht) in eigenem Namen gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen
- Stärkere Rechtsstellung des Gläubigers bei der Sicherungszession als beim Forderungspfandrecht
- zur Sicherung der Hauptforderung (meistens Betriebskredit o.ä.)
Anwendbares Recht
- OR 164 ff.
- ZGB 27 Abs. 2
- OR 20 Abs. 1
- Anwendbarkeit der Regeln zur Abtretung und zum Forderungspfandrecht
Lohnzession
Charakteristik
- Zedent (Schuldner oder Dritter) tritt ab
- zur Sicherung einer Hauptforderung
- nur Familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungspflichten [vgl. OR 325]
- Die Abtretung künftiger Lohnforderungen zur Sicherung anderer Verbindlichkeiten sind nichtig [vgl. OR 325 Abs. 2]
- einen Lohnanspruch
- Abtretung künftiger Lohnforderungen nur insoweit zulässig, als sie pfändbar sind ; nicht pfändbar ist das sog. Existenzminimum [vgl. OR 325 Abs. 1 und Abs. 2, SchKG 93]
- Abtretung künftiger Vorsorgeleistungen (obligatorischer Teil) ist unzulässig [vgl. OR 331b/Box]
- Schranke allgemein: Persönlichkeitsschutz nach ZGB 27 Abs. 2
- Vgl. Lohnabtretung
- zu Eigentum an den Zessionar (Gläubiger)
- zur abredegemässen Verwendung
- bis zur allf. Verwertung bzw. Rückzession infolge Beendigung des Sicherungsgeschäfts an den Zedenten (Schuldner oder Dritter)
- Zessionar ist gegenüber dem Schuldner der abgetretenen Forderung (Drittschuldner) vollberechtigt; er hat die Verfügungsmacht, die abgetretene Forderung (oder das abgetretene Recht) in eigenem Namen gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen
- Stärkere Rechtsstellung des Gläubigers bei der Sicherungszession als beim Forderungspfandrecht
- zur Sicherung einer Hauptforderung
Anwendbares Recht
- OR 325
- OR 331b
- SchKG 93
- ZGB 27 Abs. 2
- Anwendbarkeit der Regeln zur Abtretung und zum Forderungspfandrecht
Gesetzestexte
Art. 325 OR
IV. Abtretung und Verpfändung von Lohnforderungen
1 Zur Sicherung familienrechtlicher Unterhalts- und Unterstützungspflichten kann der Arbeitnehmer künftige Lohnforderungen so weit abtreten oder verpfänden, als sie pfändbar sind; auf Ansuchen eines Beteiligten setzt das Betreibungsamt am Wohnsitz des Arbeitnehmers den nach Artikel 93 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 18892 unpfändbaren Betrag fest.
2 Die Abtretung und die Verpfändung künftiger Lohnforderungen zur Sicherung anderer Verbindlichkeiten sind nichtig.
Art. 331b OR
III. Abtretung und Verpfändung
Die Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen kann vor der Fälligkeit gültig weder abgetreten noch verpfändet werden.
Sicherungs-Gegenstand
- jede abtretbare Forderung
- vgl. OR 164 Abs. 1; BGE 123 III 60 ff.
- andere Rechte
- Immaterialgüterrechte
- vgl. hiezu Immaterialgüter
- Namenpapiere [vgl. OR 967 Abs. 2
- Immaterialgüterrechte
Abweichende Handhabung:
Inhaber- und Ordrepapiere werden mittels Sicherungsübereignung auf den Zessionaren (Gläubiger) übertragen
Voraussetzungen der Sicherheit
- Uebertragbarkeit des Rechts (für Realisation des Verwertungsrechts)
- in der Regel Werthaltigkeit
Drittsicherheit
Vgl. Drittpfand | drittpfand.ch
Hauptforderung
- eine beliebige, gegenwärtige oder künftige Forderung
- künftige Forderung muss bestimmt oder bestimmbar sein
- Schranken hinsichtlich zukünftiger Forderungen
- Zulässigkeit nur solcher künftiger Forderungen, mit deren Begründung die Parteien im Zeitpunkt der Pfandbestellung rechnen mussten und durften
Sicherungsvorgang
Rechtsgeschäftliche Errichtung
Verpflichtungsgeschäft
- Sicherungsabrede (= causa)
- Rechtsnatur
- Treuhandvertrag (fiduziarische Abrede)
- Anwendbarkeit des Kausalitätsprinzips (Abhängigkeit der Sicherheitszession von der Gültigkeit der Sicherungsabrede) umstritten, weil die Abtretung für sich abstrakt ist
- Vgl. hiezu VON DER CRONE HANS CASPAR, Zession: kausal oder abstrakt?, in: SJZ 93 (1997) S. 249 ff.
- Inhalt
- Bezeichnung der zu sichernden Hauptforderung und des Sicherungsgegenstandes (Forderung oder anderes Recht)
- Verpflichtung des Zedenten (Schuldner), die vereinbarte Sicherheit (Forderung oder anderes Recht) an den Gläubiger zu abzutreten
- Verpflichtung des Gläubigers, nur im Rahmen des Sicherungszwecks von der Forderung bzw. vom anderen Recht Gebrauch zu machen und diese bei Erlöschen der Hauptforderung zurück zu zedieren
- Form
- Formfrei [vgl. OR 165 Abs. 2 und OR 11 Abs. 1]
- Empfohlene Form: Schriftform; bei Banken bestehen meistens Formularverträge
Verfügungsgeschäft
- = Erfüllung der Sicherungsabrede
- Forderungen
- Abtretung (Zession) der Forderung oder des anderen Rechts an den Gläubiger
- Form
- Schriftform [vgl. OR 165 Abs. 1]
- Uebergabe eines allf. Schuldscheins
- Ausschluss des Besitzeskonstituts [vgl. ZGB 717 analog]
- Notifikation
- Fakultativ (ausser bei der Sicherungszession eines Anspruches aus einer Personenversicherung, die für ihre Gültigkeit der Notifikation an den Versicherer bedarf [vgl. VVG 73 Abs. 1])
- Empfehlenswert, weil so der Drittschuldner nur noch mit befreiender Wirkung an den Zessionaren (Gläubiger der Hauptforderung leisten kann) [vgl. auch OR 167]
- Andere Rechte
- Prüfung im individuell konkreten Einzelfall, ob spezielle Vorschriften für Form und Uebertragung beachtet werden müssen
Verwertungsrecht
Verwertungsrecht
- Befugnis des Gläubigers, bei Nichtbezahlung der gesicherten Forderung
- sich aus der sicherheitshalber abgetretenen Forderung oder dem sicherheitshalber abgetretenen Recht bezahlt zu machen und
- einen allfälligen Ueberschuss herauszugeben
Voraussetzungen
- Fälligkeit (nicht aber Verzug) der Hauptforderung
Persönliche Haftung
- Der Hauptschuldner haftet trotz Sicherungszession mit seinem sonstigen Vermögen fort
- Der Hauptschuldner kann sich u.E. allerdings auf das Prinzip des beneficium excussionis realis berufen [vgl. SchKG 41 Abs. 1], wonach vor einer persönlichen Inanspruchnahme die Sicherungszession zu realisieren ist
Untergang
- Tilgung der Forderung
- Schulderlass
- Neuerung (Novation)
- Vereinigung
- Unmöglichkeit
- Verzicht des Gläubigers auf die Sicherstellung / Rückzession
- Realisation des Sicherungsgegenstandes (private Zwangsverwertung)
- Herausgabe eines allf. Ueberschusses nach erfolgter Verwertung
Verjährung der Hauptforderung
- Verjährungsunterbrechung
- Durch die Sicherungszession wird u.E. die Verjährung unterbrochen [vgl. OR 135 Ziffer 1], bewirkt doch der Abschluss der Sicherungsabrede die Anerkennung der Forderung
- Sicherheitsrealisation trotz Verjährung
- Die Verjährung der Hauptforderung hindert den Gläubiger (Zessionar) nicht an der Geltendmachung der Sicherheit [vgl. OR 140]
Judikatur
- BGE 112 II 433 (Globalzession zur Sicherung einer Automiete/Zulässigkeit?)
- BGE 84 II 355 ff. (Persönlichkeitsschutz / Sittenwidrigkeit)
- BGE 113 II 163 ff. (grundsätzliche Zulässigkeit aller aus einem Geschäftsbetrieb resultierenden Forderungen)
- BGE 123 III 60 ff.
Literatur
- DE GOTTRAU NICOLAS, Transfert de propriété et cession à fin de garantie: principes et applications dans le domaine bancaire, in: Iynedjian Nicolas (Hrsg.), Sûretés et garanties bancaires, Lausanne 1997, S. 173 ff.
- HÄNSELER PETER, Die Globalzession, Diss. Zürich 1991.
- KOZIOL HELMUT, Sicherungszession und andere Mobiliarsicherheiten aus rechtsvergleichender Sicht, in : Wiegand Wolfgang (Hrsg.), Mobiliarsicherheiten …, Berner Bankrechtstag 1998, Bern 1998, S. 19 ff.
- OFTINGER KARL, BÄR ROLF, System. Teil (vor Art. 884 ZGB), N 270 ff.
- SPIRIG, Vorbem. zu Art. 164-174 OR, N 124 ff.
- WALTER HANS PETER, Die Sicherungszession im schweizerischen Recht, in: Wiegand Wolfgang (Hrsg.), Mobiliarsicherheiten …, Berner Bankrechtstag 1998, Bern 1998, S. 43 ff.
- ZOBL DIETER, System. Teil (vor Art. 884 ZGB), N 1506 ff.