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Steuerverfahrensrecht

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Annahmeverweigerung

Rechtsgebiet:
Steuerverfahrensrecht
Stichworte:
Annahmeverweigerung, Steuerverfahrensrecht, Zustellung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Zur Annahmeverweigerung ist folgendes zu bemerken:

Aktive Annahmeverweigerung

Die Aktive Annahmeverweigerung wird durch nachbezeichnete Aspekte geprägt:

  • Definition
    • Aktive Annahmeverweigerung   =   Verweigerung der Entgegennahme einer angebotenen Sendung, um die Zustellung zu verunmöglichen
  • Abgrenzungen
    • Blosse Verzögerung der Zustellung einer Verfügung
    • Nachträgliche Negierung einer Zustellung (zB Bestreitung der Wirksamkeit)
  • Gegenstand
    • Verhinderung des ordentlichen Verfahrensverlaufs
    • Verunmöglichung des Erklärungsaustauschs im Verfahren
  • Voraussetzungen für die Annahme einer Zustellfiktion
    • Treuwidrigkeit der Annahmeverweigerung (Ungerechtfertigte Annahmeverweigerung)
      • Fehlende Voraussetzungen
        • Mangel der behördlichen Zustellung
          • Behördenzustellung wider Treu und Glauben
          • Neutraler Briefumschlag der Behörde ohne Absenderangabe (Verweigerung der Briefentgegennahme kein treuwidriges Verhalten)
          • Behördliche Mitteilung, deren Übergabe mit einer Bedingung, einer Leistungs- oder Handlungspflicht verbunden ist (zB Bezahlung von Gebühren oder Zustellkosten, weil so die verfahrensrechtlichen Ansprüche bezüglich der Bedingung nicht wahrgenommen werden können)
    • Beweis der aktiven Annahmeverweigerung
      • Für die Geltendmachung einer Zustellungsfiktion gestützt auf eine aktive Annahmeverweigerung, obliegt die Beweislast und das Risiko der Beweislosigkeit der Behörde
    • Zeitpunkt
      • Es wird angenommen, dass die Wirkung einer Zustellungsfiktion am Tag nach der aktiven Annahmeverweigerung eintritt und wirksam wird (analog ZPO 138 Abs. 3 lit. b; StPO 85 Abs. 4 lit. b).
      • Keine gültige Zustellungsfiktion liegt vor, wenn die Annahmeverweigerung von ein unberechtigten Person ausgegangen ist.

Nichtabholung der Sendung bei der Post

Im Falle der Nichtabholung droht eine sog. Zustellungsfiktion:

  • Definition
    • Nichtabholung   =   Unterbliebene Abholung eines Schreibens bei der Poststelle, welche unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Zustellungsfiktion führt
  • Abgrenzungen
    • Kürzere Zustellverzögerung (keine Pflichtverletzung mit Zustellungsfiktion)
  • Voraussetzungen
    • Erfolgloser Zustellversuch
      • Notwendigkeit eines erfolglosen Zustellversuchs
      • Besondere Zustellverhältnisse
        • Postfach
        • Postrückbehalt und Zustellvereinbarung
        • Postlageradresse
        • Nachsendung
    • Hinterlage einer Abholungseinladung beim Adressaten
      • bei gescheitertem Zustellversuch
      • Beweis der tatsächlichen Hinterlegung einer Abholungseinladung
      • Verlässliche Hinterlegungsbestätigung
      • Möglichkeit zur Widerlegung der natürlichen Vermutung
        • Vermutung des hohen Masses an Verlässlichkeit des geltenden Zustellsystems eingeschriebener Sendungen
        • Bei der Widerlegung der Vermutung sollten keine überhöhten Anforderungen an die Vorbringen des Adressaten gestellt werden
    • Ablauf der 7-tägigen Abholfrist bei der Poststelle
      • Voraussetzungen
        • Notwendigkeit der Ansetzung einer Abholfrist (7 Tage)
        • Einheitlichkeit der Ansetzung einer Abholfrist (7 Tage)
      • Fristenhandhabung
        • Ablauf der siebentägigen Frist in der darauffolgenden Woche am gleichen Tag an dem der erfolglose Zustellversuch stattgefunden hat
        • Die genaue Uhrzeit ist dabei nicht erheblich.
    • Zustellungswahrscheinlichkeit
      • Der Adressat muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung einer Verfügung rechnen
        • Kenntnis der Existenz eines (Steuer-)Verfahrensverhältnisses
        • Relevante Zeitspanne der letzten Verfahrenshandlung
    • Zeitpunkt des Wirkungs-Eintritts der Zustellungsfiktion
      • Wurden vom Versender alle Voraussetzungen erfüllt, ist gestützt auf VwVG 20 Abs. 2bis anzunehmen, dass die die Zustellungsfiktion unmittelbar mit dem Ablauf der siebentägigen Frist eintritt.
      • Als Zustellungstag gilt mithin der siebte Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuchs.
      • Vgl. GREGOR GASSMANN, a.a.O., S. 118.

Literatur

  • GASSMANN GREGOR, Die Zustellung von Verfügungen im eidgenössischen Steuerrecht, Zürich / Genf 2024, S. 87 ff.
  • ZWEIFEL / CASANOVA / BEUSCH / HUNZIKER, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2. Auflage, 2018, § 8, Rz 11 ff. mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (Zustellfiktion bei postlagernden Sendungen)
  • MEIER SIRGIT, Fallstricke im Steuerverfahren, in: ZBJV 158 (2022), S. 551 (Themenkreis A-Post Plus)

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