Je nach der Ursache der Vermögensverschiebung unterscheidet man zwischen verschiedenen Bereicherungstatbeständen (Kondiktionen).
Die wichtigste Unterscheidung ist die zwischen der Bereicherung aufgrund einer Zuwendung / Leistung (Leistungskondiktion) und der Bereicherung in sonstiger Weise (durch Eingriff des Bereicherten oder Verhalten Dritter bzw. Zufall).
Bereicherung durch Zuwendung des Entreicherten
Praktisch in den meisten Fällen entsteht ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aus einer Leistung des Entreicherten an den Bereicherten ohne gültigen Rechtsgrund (OR 62 I). Man spricht auch von einer sog. Leistungskondiktion.
OR 62 II umschreibt dabei drei Fälle:
1. Zuwendung ohne gültigen Grund
Ein solcher Fall liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger überhaupt kein Schuldverhältnis entstanden oder nicht wirksam begründet worden ist. Es handelt sich um Fälle von Rückforderungen einer freiwillig und irrtümlich geleisteten Nichtschuld. Die Parteien haben sich über den Rechtsgrund nicht geeinigt oder die erfüllte Forderung ist gar nicht entstanden.
Beispiele
- Leistung in Erfüllung einer nicht bestehenden Schadenersatzpflicht oder eines Vertrags, der gar nicht abgeschlossen wurde
- Erfüllung einer fremden Schuld, die der Entreicherte für eine eigene hält
- Ausrichtung einer Versicherungsleistung, obwohl das Entschädigungsrecht des Versicherungsnehmers verwirkt ist oder der Versicherungsschutz einer anderen Person zusteht
- Leistung aus einem formungültigen oder nichtigen Vertrag
- erneute Bezahlung einer bereits beglichenen Rechnung
- Leistung aus einem infolge Willensmängel (Irrtum, Täuschung, Drohung) angefochtenen, einseitig unverbindlichen Vertrag
2. Zuwendung aus nicht verwirklichtem Grund
Die Zuwendung aus einem nicht verwirklichten Grund erfolgt, wenn sie in Erwartung eines noch nicht bestehenden, zukünftigen Rechtsgrundes erbracht wird, der dann aber nicht eintritt.
Der Bereicherungsanspruch besteht gerade deshalb, weil der Entreicherte irrtumsfrei und im Bewusstsein des fehlenden Rechtsgrundes freiwillig leistet.
Beispiele
- Erfüllung einer zukünftigen oder aufschiebend bedingten Geldforderung, die dann nicht zur Entstehung gelangt
- Akontozahlung auf eine Kaufpreisforderung, die mangels Vertragsabschluss nicht entsteht
- Vorleistung im Hinblick auf einen Vertrag, der einer behördlichen Bewilligung bedarf, diese aber nicht erteilt wird.
3. Zuwendung und nachträglich weggefallener Grund
Zur Zeit der Leistung liegt ein gültiger Rechtsgrund vor, der die Leistung rechtfertigt. Der Rechtsgrund, aufgrund dessen eine Leistung erbraucht oder eine Forderung erfüllt wurde, fällt nachträglich jedoch wieder weg.
Beispiele
- Rückforderung einer bereits erbrachten Leistung nach Anfechtung eines Vertrages infolge Willensmangel (OR 21, 23 ff.)
- Berufung auf Rücktritt vom Vertrag (OR 119)
- Widerruf einer bereits vollzogenen Schenkung (OR 249)
Bereicherung durch Eingriff des Bereicherten
Eine Bereicherung kann nicht durch eine Leistung des Entreicherten herbeigeführt werden, sondern durch den Bereicherten selbst, indem er ohne rechtliche Befugnis und damit ungerechtfertigt in das Vermögen des Entreicherten eingreift.
Es handelt sich um Fälle von unbefugtem Gebrauch, Verbrauch oder unbefugter Nutzung eines fremden Rechtsguts. (Eigentum, Immaterialgüter, etc. ). Man spricht auch von der sog. Eingriffskondiktion. Sie dient dem wirtschaftlichen Ausgleich solcher Fälle.
Beispiele
- Veräusserung einer fremden Sache an einen Dritten
- Verbrauch einer fremden Sache
- Unbefugte Nutzung einer fremden Sache
Bereicherung durch Verhalten Dritter oder Zufall
Eine Bereicherung kann eintreten durch:
- das Verhalten eines unbeteiligten Dritten oder
- Zufall, d.h. ohne Zutun und Einwirkung einer Person.
Beispiele
- Bankangestellter veranlasst eine Falschbuchung
- A verbaut Material des B auf dem Grundstück des C
- Softwarefehler bei der Bank verursacht eine Falschbuchung
- Viehherde des A dringt aus eigenem Antrieb auf die Weide des B und frisst dessen Gras weg