Bei der Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen finden die Kündigungsschutzbestimmungen des Mietrechts (OR 271-274g) analog Anwendung:
Anwendungsbereich
- Nur bei unbefristeten Pachtverhältnissen (befristete Pachtverhältnisse enden ohne Kündigung).
- Über Wohn- und Geschäftsräume (resp. sofern diese Bestandteil des Pachtvertrages sind):
- Wohnraum liegt vor, wenn ein Raum vereinbarungsgemäss zum Wohnen genutzt werden soll (mindestens eine Schlafstelle und sanitäre Einrichtungen).
- Der vertragliche Gebrauchszweck bei Geschäftsräumen muss kommerzieller Natur sein und es muss sich um Räume handeln (≠ Parkplatz, Hobbyraum, etc.).
- Prdentliche und ausserordentliche Kündigungen sind anfechtbar.
Grundregel (ZGB 271 Abs. 1)
- Grundsätzlich sind Kündigungen zulässig, wenn sie einem objektiv ernsthaften und schutzwürdigen Motiv und damit einem legitimen Interesse des Kündigenden entsprechen.
- Nicht zulässig sind Kündigungen, die gegen Treu und Glauben verstossen.
- Fallgruppen unzulässiger Kündigungen:
- Kündigung als Schikane oder Rache.
- Kündigung ohne schutzwürdiges Interesse.
- Kündigung verstösst gegen das Gebot der schonungsvollen Rechtsausübung.
- Kündigung erscheint als widersprüchliches Verhalten.
- Kündigung begründet ein krasses Missverhältnis der gegenseitigen Interessen.
- Beispiele zulässiger Kündigungen:
- Kündigung weil der Pächter wiederholt verspätet den Pachtzins zahlt.
- Kündigung weil zwischen Verpächter und Pächter eine subjektive Unverträglichkeit besteht (sofern im gleichen Haus wohnhaft).
- Kündigung gegen einen von zwei streitenden Hausbewohnern um den Hausfrieden wiederherzustellen.
- Kündigung weil der Verpächter das Pachtobjekt selber benutzen will.
- Kündigung weil das Haus umfassend saniert wird.
- Kündigung um einen höheren Pachtzins zu erlangen, wobei dieser nicht missbräuchlich sein darf.
Begründung der Kündigung (OR 271 Abs. 2)
- Erst auf Verlangen des Kündigungsempfängers notwendig.
- Fehlende Begründung deutet auf Missbräuchlichkeit der Kündigung.
- Unwahre oder unvollständige Begründung deutet ebenfalls auf die Missbräuchlichkeit hin.
- Nennung mehrerer Kündigungsgründe ist zulässig, wobei es genügt, wenn einer nicht treuwidrig ist.
Spezialregeln bei Kündigungen durch den Verpächter (OR 271a)
- Rachekündigung (OR 271a Abs. 1 lit. a)
- Voraussetzungen:
- Anspruch aus dem Pachtverhältnis
- welcher der Pächter nach Treu und Glauben geltend macht
- ist Ursache der Kündigung
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- Voraussetzungen:
- Änderungskündigung (OR 271a Abs. 1 lit. b)
- Voraussetzungen:
- Verpächter will eine einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Pächters oder eine Pachtzinsanpassung durchsetzen.
- Er kündigt aus diesem Grund das Pachtverhältnis.
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- Voraussetzungen:
- Kündigung um den Pächter zum Erwerb der Wohnung zu veranlassen(OR 271a Abs. 1 lit. c)
- Voraussetzungen:
- Verpächter will den Pächter zum Erwerb der Wohnung veranlassen.
- Er hat keine anderen Kaufinteressenten als den Pächter.
- Nur aus diesem Grund spricht er die Kündigung aus.
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- in der Praxis keine Bedeutung
- Voraussetzungen:
- Kündigung während eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens (OR 271a Abs. 1 lit. d)
- Voraussetzungen:
- Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Pachtverhältnis.
- Dieses darf nicht missbräuchlich eingeleitet worden sein.
- Ausnahmen:
- Gegenstand des Verfahrens ist eine Bagatelle.
- Eine formnichtige oder formell fehlerhafte Kündigung darf wiederholt werden.
- Folgende Kündigungen sind trotzdem möglich:
- Wegen dringenden Eigenbedarfs des Verpächters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte.
- Wegen Zahlungsrückstand des Pächters gemäss OR 257d.
- Wegen schwerer Sorgfaltspflicht- resp. Rücksichtnahme¬pflichtverletzung des Pächters gemäss OR 257f.
- Durch den Erwerber einer Sache, sofern er dringenden Eigenbedarf geltend machen kann (OR 261).
- Aus wichtigen Gründen gemäss OR 266g.
- Wegen Konkurs des Pächters gemäss OR 266h.
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- Sperrfrist läuft bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens.
- Voraussetzungen:
- Kündigung während der Kündigungssperrfrist (OR 271a Abs. 1 lit. e)
- Voraussetzungen:
- Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis
- das nicht missbräuchlich eingeleitet wurde
- in dem der Verpächter:
- erheblich unterlegen (d.h. mind. zu ca. 35 – 40 %) ist
- seine Forderung resp. Klage ganz oder in erheblichem Umfang zurückgezogen hat
- auf die Anrufung des Richters verzichtet hat
- mit dem Pächter einen Vergleich abgeschlossen oder sich sonst wie geeinigt hat
- noch nicht drei Jahre vorbei seit rechtskräftiger Erledigung des Schlichtungs- resp. Gerichtsverfahrens.
- Ausnahmen:
- Gegenstand des Verfahrens ist eine Bagatelle
- eine formnichtige oder formell fehlerhafte Kündigung darf wiederholt werden
- Folgende Kündigungen sind trotzdem möglich:
- Wegen dringenden Eigenbedarfs des Verpächters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte
- Wegen Zahlungsrückstand des Pächters gemäss OR 257d.
- Wegen schwerer Sorgfaltspflicht- resp. Rücksichtnahme¬pflichtverletzung des Pächters gemäss OR 257f.
- Durch den Erwerber einer Sache, sofern er dringenden Eigenbedarf geltend machen kann (OR 261).
- Aus wichtigen Gründen gemäss OR 266g.
- Wegen Konkurs des Pächters gemäss OR 266h.
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- Voraussetzungen:
- Kündigung nachdem sich der Pächter mit dem Verpächter aussergerichtlich geeinigt hat (OR 271a Abs. 2)
- Voraussetzungen:
- Einigung über einen geldwerten Anspruch mit gewisser Bedeutung (keine Bagatelle).
- Anspruch war strittig (nicht der Fall, wenn der Verpächter sofort nachgibt).
- Verpächter gibt ganz oder teilweise nach.
- Nachweis der Einigung mittels Schriftstück möglich.
- Ausnahmen analog zu OR 271a Abs. 1 lit. d und e.
- Pächter trägt die Beweislast für die Voraussetzungen.
- Voraussetzungen:
Legitimation zur Kündigungsanfechtung
- Pächter und Verpächter können eine Kündigung anfechten (Praxis: praktisch nur Pächter).
- Bei Personenmehrheiten auf Pächter- oder Verpächterseite (z.B. zwei Pächter):
- Alle müssen klagen resp. beklagt werden.
- Achtung: Klagen nicht alle Beteiligten resp. wird nicht gegen alle Beteiligten geklagt fehlt die Aktiv- oder Passivlegitimation und die Klage wird abgewiesen! Eine erneute Klageeinreichung ist meistens aufgrund der 30-tägigen Verwirkungsfrist nicht mehr möglich!
- Bei Familienwohnungen, kann auch der nicht am Vertrag beteiligte Ehegatte des Pächters die Kündigung (alleine) anfechten (OR 273a Abs. 1)
Verfahren (OR 273 Abs. 1)
- Wer die Kündigung anfechten will, hat bei der Schlichtungsbehörde das Kündigungsschutzbegehren einzureichen:
- Frist: 30 Tage ab Erhalt der Kündigung
- Zuständigkeit: Schlichtungsbehörde am Ort der gelegenen Sache (z.B. Pachtobjekt im Bezirk Zürich: Schlichtungsbehörde des Bezirkes Zürich, Wengistrasse 30, Postfach, 8026 Zürich)
- Die Schlichtungsbehörde lädt beide Parteien zu einer Verhandlung vor:
- kostenlos
- keine Parteientschädigung
- Die Schlichtungsbehörde versucht zwischen den Parteien eine Einigung herbeizuführen.
- Kommt keine Einigung zustande fällt die Schlichtungsbehörde einen Entscheid über die Gültigkeit der Kündigung; evtl. auch über andere prozessuale oder materielle Vorfragen sowie allfällig über die Erstreckung des Pachtverhältnisses.
- Die unterlegene Partei kann innert 30 Tagen das ordentliche Gericht anrufen; ansonsten wird der Entscheid rechtskräftig.