Einem Wochenaufenthalter beschert nicht nur das Tatsächliche, sondern auch das Rechtliche viel Aufwand und Kopfzerbrechen:
Alleinstehende Personen
- Wohnsitz ist beim Wohnen während der Woche am Arbeitsort und das Wochenende verbringen
- im eigenen Hause auf dem Lande üblicherweise der Arbeitsort
- vgl. BGE 125 I 57 ff., BGE 79 I 26, Pra 1998 25, BJM 1990 209ff. und ASA 31 (1962/1963) 96
- Ausnahmen vom Wohnsitz am Arbeitsort
- Kaum denkbar
- Wer behauptet den Wohnsitz am Wochenend-Domizil zu haben, hat es zu beweisen
- vgl. auch BGE 125 I 57 f.
- bei den Eltern oder Geschwistern
- Recht auf Fortbestand des ursprünglichen Wohnsitzes am Ort der Eltern oder Geschwister
- Voraussetzungen
- wöchentliche oder 14-tägliche Rückkehr am Wochenende
- umstritten / Praxis schwankend
- vgl. BGE 113 Ia 467, BGE 111 Ia 43, Pra 1998 24, ASA 62 (1993/1994) 446 f., ASA 63 (1994/1995) 445, ASA 63 (1994/1995) 840 ff., BStPra 1998 38, BJM 1990 212
- im eigenen Hause auf dem Lande üblicherweise der Arbeitsort
- Beurteilungskriterien
- Alter der alleinstehenden Person
- zB mehr als 30 Jahre alt » Steuerrechtlicher Wohnsitz am Arbeitsort (zB Basler Praxis)
- Dauer der Anstellung am Arbeitsort
- zB mehr als 5 Jahre » Steuerrechtlicher Wohnsitz am Arbeitsort (zB Basler Praxis)
- Grösse der Wohnung
- am Arbeitsort
- bei den Eltern
- Art der Wohnung
- Mietwohnung oder
- eigenes Haus bzw. eigene StWE-Wohnung
- Dauer des Wochenaufenthaltsverhältnisses
- zB 7 Jahre sprechen für Verlagerung des Wohnsitzes an den Arbeitsort (vgl. ASA 62 (1993/1994) 446 f.)
- zB gelegentlich lockerer werdendes Beziehungsverhältnis zu den Eltern
- besonderer Freundes- oder Bekanntenkreis (zB Vorort-Freizeitbeschäftigung)
- Alter der alleinstehenden Person
- Folgerungen
- Natürliche Vermutungen der Lebensmittelpunktverlagerung mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses vor Ort und zunehmendem Alter zG Arbeitsort
- Unglaubwürdigkeit, dass auch eine alleinstehende Person am Arbeitsort kein soziales Netzwerk besitze (keine Beziehungen zu Berufskollegen, Nachbarn usw.)
- Zur Beweislast vgl. Wohnsitz-Prozess
- Freiwilliges Verbleiben an vielen Wochenenden am Arbeitsort
- Arbeitsort ist Wohnort (Verschiebung Lebensmittelpunkt an Arbeitsort)
- Im Verhältnis zum Arbeitsort naher Wohnort der Eltern
- Arbeitsort ist Wohnort (kein Anlass für 2 Wohnorte)
- Natürliche Vermutungen der Lebensmittelpunktverlagerung mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses vor Ort und zunehmendem Alter zG Arbeitsort
Verheiratete Personen
- Wohnsitz ist üblicherweise der Wohnort der Familie und nicht der Arbeitsort
- vgl. BGE 96 II 166, ASA 62 (1993/1994) 445
- gilt auch für wochentags am Arbeitsort übernachtende Personen
- vgl. BGE 125 I 56, 458 f., BGE 88 III 139, BGE 81 II 327, ASA 63 (1994/1995) 839, BlSchK 1985 S. 175 f.
- bei grosser Arbeitslast genügt ein monatlicher Besuch der Familie zur Beibehaltung des Wohnsitzes
- vgl. BGE 79 I 27, ASA 63 (1994/1995) 839
- lässt die Arbeitslast einen allwöchentlichen Besuch der Familie zu, wird dieser aber nicht wahrgenommen, gilt als Wohnsitz der Arbeitsort
- vgl. BGE 2P.179/2003
- gilt auch für Geschäftsmann, der grösstenteils im Ausland weilt
- vgl. ZR 1981 S. 69
- gilt dagegen nicht, wenn die Familie nur noch in grossen oder unregelmässigen Abständen besucht wird
- Wohnen und Arbeiten beide Ehegatten gemeinsam in der Stadt und verbringen ihr Wochenende ebenfalls gemeinsam in ihrem Haus auf dem Lande
- haben sie ihren zivilrechtlichen Wohnsitz je nach Aufenthaltskonstellation,
- wobei für die Beurteilung grundsätzlich die individuell konkreten Verhältnisse des Einzelfalls massgebend sind
- vgl. auch BGE 123 I 294 f.
- haben sie ihr Steuerdomizil am Arbeitsort
- vgl. StR 1987 S. 224 f., ASA 52 (1983/1984) 662, ASA 35 (1966/1967) 256 f.
- Ausnahmen
- vgl. ASA 71 (2002/2003) 668
- haben sie ihren zivilrechtlichen Wohnsitz je nach Aufenthaltskonstellation,
- Auseinanderfallen von Arbeitsort und Wohnort beider Ehegatten
- Variante „Person kehrt mit gewisser Regelmässigkeit an den Wohnsitz zurück“
- Ein Ehegatte ist Wochenaufenthalter oder Pendler.
- Variante „Partnerschaftliches Treffen und Lastenverteilung mit gleichmässiger Häufigkeit in der Wohnung des Einen und des Anderen“
- Die Ehegatten haben in der Regel getrennte Wohnsitze.
- Variante „Person kehrt mit gewisser Regelmässigkeit an den Wohnsitz zurück“
Konkubinatspaare
Selbständigerwerbende und leitende Angestellte
- Die Natur des Arbeitsverhältnisses ist nicht entscheidend (umstritten)
- Der Lebensmittelpunkt ist am Wohnort der Familie oder des Lebenspartners (vgl. ZR 1981, 69; SPR II 352 FN 37; a.Mg. BK-BUCHER, N 50 zu ZGB 23),
- nicht das berufliche Leben (BGE 88 III 139, ASA 52 (1983/1984) 661, ZR 1963 312, ZK-EGGER N 26 zu ZGB 23)
- anders im Steuerrecht (vgl. BGE 125 I 56 f., 468, BGE 104 Ia 268 f., BGE 57 I 421)
Wochenendhaus-Situationen
- Zivilrechtlicher Wohnsitz
- Massgeblichkeit der Umstände des individuell konkreten Einzelfalls
- vgl. BGE 123 I 294 f.
- Steuerdomizil
- Arbeitsort (vgl. StR 1987 S. 224 f., ASA 52 (1983/1984) 662
- Ausnahmen
- vgl. ASA 71 (2002/2003) 668.
Weiterführende Informationen
- Pendler
- fahren an ihre entfernte Arbeit und kehren täglich zurück
- vgl. BGE 59 III 4
- Alternierender Aufenthalt
- leben unter der Woche in der Stadt und am Wochenende auf dem Lande
- Zulässigkeit nur eines Wohnsitzes (vgl. BSK-STAEHELIN, N 31 zu ZGB 23)