Einleitung
In Teil 2 wurden die Ablaufgrundlagen des „Vorschussbetrugs“ und der Untervariante „falsche Lotterien“ thematisiert. Im Wesentlichen ging es um die Opferauswahl, die spezifischen Kommunikationsmethoden und alle damit verbundenen Vorgehensweisen der Vorschussbetrüger.
Der Teil 3 befasst sich mit der rechtlichen Einordnung des „Vorschussbetrugs“ und der „falschen Lotterie“. Dabei stellt sich vor allem die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Straftatbestand des Betrugs erfüllt ist.
Vorschussbetrug – Artikelfolge
Teil 1 – Formen des Vorschussbetrugs bzw. der falschen Lotterie
Teil 3 – Rechtsgrundlagen
Teil 4 – Prävention
Modus operandi
Fluide Aspekte und unterschiedliches Vorgehen
Der Übergang von der Schönfärberei, von Versprechen und von Ankündigungen hin zur Auslassung und Täuschung ist in jedem Fall wieder anders und oft fliessend.
Täuschungselemente
Beim Vorschuss- und Lotterie-Betrug werden als sog. Modus operandi mehrere Täuschungen eingesetzt:
- Täter offeriert den Opfern als eye catcher ein sog. Beute-Schlüsselreiz
- Er gibt vor, jemand anders zu sein als er tatsächlich ist
- Täter täuscht – mit einer auffallenden – Vertrauenswürdigkeit
- Er präsentiert falsche Testimonials, nachgeahmte Stempel und (unwahre) Referenzen
- Täter baut mit verschachtelten Widersprüchen ein Verwirrspiel
- Er schafft eine undurchsichtige Lage, womöglich ein Paradoxon
- Täter gibt sich zur Tarnung konform
- Er verwendet beiläufig handelsrechtliche Terms und Disclaimer, aber auch Vorbehalte und Warnhinweise oder eine Kundenzustimmung mittels Ankreuzantworten.
Verhaltensablauf
Die Abschottung von Freunden und Bekannten, die die Zielperson warnen könnten, erfolgt durch Hinweise wie zB es handle sich um eine höchst vertrauliche Angelegenheit.
Die Zielpersonen werden schliesslich aufgefordert, vorab Bearbeitungsgebühren zu bezahlen („Vorschuss“).
In der Folge melden sich die Vorschuss- oder Lotterie-Betrüger nicht mehr. – Die gutgläubige Zielperson hat das Geld voraussichtlich definitiv verloren.
Strafrechtliche Einordnung
Tatbestandsmerkmale des Betrugs?
Die Betrüger begehen ein Vermögensdelikt, in der Regel die Tatbestandsmerkmale des Betrugs:
- Betrugsdefinition
- Der Betrug ist die mit Absicht vorgenommene ungerechtfertigte Bereicherung durch arglistige Täuschung, Vorspiegelung falscher Informationen oder Unterdrückung von Tatsachen, die den Betrogenen dazu bringt, sich selber oder einen anderen am Vermögen zu schädigen
- Betrugsvoraussetzungen
- Allgemeines
- Für die Strafbarkeit nach den Betrugsregeln muss der Täter fünf zeitlich aufeinanderfolgende Elemente erfüllt haben, wobei das vorangegangene Element das nachfolgende verursachen muss
- Arglistige Täuschung
- Arglistige Täuschung des Betrugsopfers durch Vorspiegeln oder Unterdrücken falscher Tatsachen
- Irrtum
- Hervorrufen eines Irrtums beim Betrugsopfer
- Vermögensdisposition
- Als Folge davon: Vornahme einer Vermögensverfügung durch das getäuschte Betrugsopfer
- Vermögensschaden
- Eintritt eines Vermögensschadens beim Betrugsopfer oder bei einem Dritten
- Bereicherung des Betrügers
- Bereicherung des Betrügers oder eines Dritten.
- Allgemeines
Täuschung?
Als Täuschung gilt jedes Verhalten, welches darauf abzielt, bei einem anderen durch Einwirkung eine von der Wirklichkeit abweichende psychische Vorstellung hervorzurufen. Damit werden erfasst jede ausdrückliche, konkludente oder stillschweigende Vorspiegelung falscher Tatsachen, das Unterdrücken der effektiven Tatsachen oder das Bestärken in einem Irrtum. Es werden keine besonderen Anforderungen an die Einwirkung gestellt; erfasst wird jedes Erklärungsverhalten zu den inkriminierten Tatsachen (vgl. BGE 80 IV 156).
Arglist?
Je mehr der Täter unwahre Tatsachen behauptet, desto grösser ist das Risiko, dass dem Täter Unstimmigkeiten unterlaufen und das Lügengebäude ohne grossen Überprüfungsaufwand aufgedeckt werden kann. Eine Differenzierung der Rechtsprechung verlangt, dass von einem arglistigen Lügengebäude gesprochen werden kann, wenn die Lügen von besonderer Hinterhältigkeit zeugen und derart raffiniert auf einander abgestimmt sind, dass sich selbst ein kritisches Opfer täuschen lässt (vgl. BGE 119 IV 28 ff.).
Beweisbarkeit?
Einerseits bestehen oft mit e-mails und Briefen nur Einzelteile, die andererseits als Ganzes nur eine Indizienkette bilden. Nicht selten kann das Fangnetz des Täters nicht schlüssig nachgewiesen werden.
Opfer-Mitverantwortung?
Es können die Betrugsvoraussetzungen fehlen, weil sich das Opfer mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte schützen oder weil es den Irrtum durch ein Minimum an zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können (BGE 126 IV 165).
In jedem Fall ist somit zu klären, ob das Verhalten des e-mail- oder Brief-Absenders auch tatsächlich strafbar ist.
In der Ausgabe in einer Woche, d.h. in Teil 4, befassen wir uns mit der Prävention.
Quelle
LawMedia-Redaktionsteam