Unvorhersehbares, überraschendes Verhalten des Fussgängers
Sachverhalt
Es war dunkel. Die Witterungs- und Sichtverhältnisse waren schlecht. Der Fussgänger war dunkel gekleidet und es war nur dessen hellgrau-weisser Rucksack sichtbar.
Ohne auf den Verkehr zu achten, lief der musikhörende Fussgänger rund sechseinhalb Meter vor einem Fussgängerstreifen direkt vor ein korrekt herannahendes Auto.
Fussgänger und Auto kollidierten. Der Fussgänger erlitt dabei ein Schädelhirntrauma und eine Ellenbogen- sowie eine Oberschenkelkontusion.
Prozess-History
Strafbefehl und erste Instanz
Die Staatsanwaltschaft Emmen verurteilte den Automobilisten mittels Strafbefehl wegen Nichtgewährens des Vortritts mit einem Personenwagen gegenüber einem Fussgänger auf einem Fussgängerstreifen zu einer Busse von CHF 600.–. Im Einspracheverfahren gegen den Strafbefehl verurteilte das Bezirksgericht Hochdorf den Lenker wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs infolge mangelnder Aufmerksamkeit zu einer Busse von CHF 200.–.
Vorinstanz
Die dagegen erhobene Berufung des Autolenkers und die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft wies das Kantonsgericht Luzern ab.
Anrufung des Bundesgerichts
Der Autofahrer reichte gegen das vorinstanzliche Urteil Beschwerde in Strafsachen beim Schweizerischen Bundesgericht ein.
Erwägungen des Bundesgerichts
Im kürzlich publizierten Entscheid hält das Bundesgericht nun fest, dass der Automobilist (Beschwerdeführer) keine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Er hätte den Fussgänger zwar früher erkennen können. Er sei aber mit einer den Verhältnissen angepassten Geschwindigkeit gefahren.
Es hätte keinerlei Anzeichen gegeben, dass sich der erwachsene Fussgänger falsch verhalten würde und es habe daher keinen Anlass für ein präventives Bremsen bestanden.
Der Fussgänger sei mit seinem unvorsehbaren und überraschenden Verhalten alleine für den Unfall verantwortlich gewesen.
Die Verurteilung des Automobilisten wegen fahrlässiger Missachtung der Verkehrsregeln nach SVG 90 Abs. 1, SVG 31 Abs. 1, VRV 3 Abs. 1 VRV und StGB 12 Abs. 3 StGB verletze Bundesrecht. Die Beschwerde sei in diesem Punkt gutzuheissen und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens seien für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben (BGG 66 Abs. 1 und 4). Der Kanton Luzern sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (BGG 68 Abs. 1 und 2).
Urteil des Bundesgerichts
Die Beschwerde wurde gutgeheissen und das Urteil des Kantonsgerichts Luzern aufgehoben sowie die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Der Kanton Luzern wurde verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 3’000.– zu bezahlen.
Quelle
BGE 6B_1294/2017 vom 19.09.2018