Kein Eingriff ins Existenzminimum des Unterhaltsschuldners
ZGB 132, ZGB 177, ZGB 289 Abs. 2, ZGB 291; SchKG 111, SchKG 219 Abs. 4; OR 170 Abs. 1
Das Bundesgericht hatte im konkreten Beschwerdeverfahren (BGer 5A_490/2018) zu prüfen, ob sich das Gemeinwesen im Falle des Inkassos von bevorschussten Unterhaltsbeiträgen bei der Einkommenspfändung des Unterhaltsschuldners auf das sog. „Vorfahrprivileg“ berufen kann oder nicht.
Das sog. „Vorfahrprivileg“ wurde zur Unterhalts-Sicherung des Berechtigten geschaffen, damit dieser nicht in eine finanzielle Notlage gerät; er soll zeitnah die Mittel für seinen Unterhalt erhalten und hiefür von zeitlich beschränkten Privilegien profitieren.
Das Bundesgericht kam in seinen Erwägungen zu folgenden Schlüssen:
- Das Gemeinwesen könne – anders als der Unterhaltsgläubiger persönlich – bei der Pfändung keinen einen Eingriff in das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners verlangen
- Das Gemeinwesen könne auch nicht die Alimentenforderungs-Privilegierung bei vorbestehender Pfändung für andere Forderungen beanspruchen.
Das Vorfahrprivileg sei, so das Bundesgericht:
- ein höchstpersönliches Recht des Unterhaltsberechtigten
- ein Recht, welches dem Gemeinwesen nicht zukomme und daher von ihm nicht für ein (erleichtertes) Inkasso von bevorschussten Unterhaltsbeiträgen eingesetzt werden könne; dies gelte nicht zuletzt auch zur Wahrung der berechtigten Interessen anderer Gläubigern.
Die Beschwerde in Zivilsachen wurde daher – unter Kostenfolge – abgewiesen.
Quelle
BGer 5A_490/2018 vom 30.04.2019