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Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung

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Hinterlegung Betreibungsbetrag beim Betreibungsamt unter Bedingungen

Datum:
04.09.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung
Stichworte:
Betreibung, Betreibungsamt, Hinterlegung, SchKG
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

SchKG 12 und SchKG 17

Einleitung

Anlass zum Verfahren vor Bundesgericht gibt der Nichteintretensentscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde wegen fehlenden praktischen Interesses an der Beschwerde gemäss SchKG 17.

Im Wesentlichen geht es um die Hinterlegung des Betreibungsbetrages durch die Schuldner beim Betreibungsamt und dessen Rückforderung.

Sachverhalt

Der Betreibungsstreitigkeit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

  • 06.2018
    • Betreibungsamt des Sensebezirks
      • Zustellung des Zahlungsbefehls in den von C.________ und D.________ angehobenen Betreibungen den Solidarschuldnern B.A.________ den Zahlungsbefehl Nr. xxx und A.A.________ den Zahlungsbefehl Nr. yyy je über Fr. 760.20 nebst Zins zu 5% ab 19.06.2018
    • Solidarschuldner A.A. und B.A.
      • Beide Schuldner erhoben Rechtsvorschlag und verlangten beim Betreibungsamt die Vorlage der Beweismittel für die Forderung gemäss SchKG 73, welches Schreiben dem Vertreter der Gläubiger als Kopie zugestellt wurde
      • A.________ und B.A.________ begaben sich an den Schalter des Betreibungsamtes mit dem Ziel, den geforderten Betrag dort zu hinterlegen, welcher ohne ihr Einverständnis nicht an die Gläubiger zu überweisen sei
  • 07.2018
    • Mit Schreiben vom 03.07.2018 teilte das Betreibungsamt A.A.________ und B.A.________ folgendes mit:
      • Das genannte Vorgehen entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben
      • Mit der Zahlung der in Betreibung gesetzten Forderung sei das Betreibungsverfahren erloschen
      • Das Geld sei bereits an C.________ und D.________ überwiesen worden. Weitere Amtshandlungen seien nicht möglich
  • Nächste Schritte von A.A.________ und B.A.________
    • Antrag an das Kantonsgericht Freiburg, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, als kantonaler Aufsichtsbehörde:
      • Es sei der Entscheid des Betreibungsamtes aufzuheben
      • Es sei das Betreibungsamt anzuweisen, den an C.________ und D.________ überwiesenen Betrag von Fr. 760.85 zurückzufordern, den Rechtsvorschlag in den beiden Betreibungen wiederherzustellen und die Beweismittel für die in Betreibung gesetzte Forderung einzuverlangen
  • Kantonsgericht Freiburg
    • Dieses trat mit Urteil vom 24.09.2018 auf die Beschwerde nicht ein, da es an einem praktischen Interesse fehle
  • 10.2018
    • A.________ und B.A.________ erhoben am 08.10.2018 Beschwerde in Zivilsachen
    • Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils und erneuern ihre im kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehren.
  • Vernehmlassungsverzicht von BA und KG FR
    • Das Kantonsgericht und das Betreibungsamt verzichteten auf eine Vernehmlassung
    • Das Bundesgericht zog die kantonalen Akten bei.

Erwägungen

Wie das Betreibungsamt im Rahmen des kantonalen Schriftenwechsels selber eingeräumt hat, erfolgte die Entgegennahme des in Betreibung gesetzten Betrages in Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen. Dies trifft in der Tat zu:

  • Vorbehaltslose Zahlung
    • Das Betreibungsamt ist verpflichtet, Zahlungen des Schuldners für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen (SchKG 12 Abs. 1)
    • Es ist dafür verantwortlich und muss den Betrag innert drei Tagen an den Gläubiger weiterleiten oder an die Depositenanstalt übergeben (SchKG 9)
    • Durch die vollständige Zahlung an das Betreibungsamt für Rechnung des Gläubigers gilt die Schuld in materiell-rechtlicher Hinsicht als getilgt () und die Betreibung erlischt, falls auch die Kosten beglichen sind ()
    • Voraussetzung ist allerdings, dass die Zahlung vorbehaltlos erfolgte
  • Zahlung unter Bedingung
    • Nimmt das Betreibungsamt gleichwohl eine Zahlung unter einer Bedingung entgegen, so hat es zumindest den Gläubiger dazu zu befragen und je nach Stellungnahme die Zahlung an ihn weiterzuleiten oder dem Schuldner zurückzuerstatten (…).

Im vorliegenden Fall strebten die Beschwerdeführer eine blosse Hinterlegung des Forderungsbetrages an, was nach dem Gesagten laut Bundesgericht problematisch sei:

  • Entgegennahme des Hinterlegungsbetrages unter (Nachweis-)Bedingung und trotzdessen vorbehaltslose Weiterleitung an die Gläubiger
    • Das Betreibungsamt habe das Geld entgegengenommen und ungeachtet seiner Zusage umgehend an die Gläubiger weitergeleitet
    • Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei indes mit der Überweisung an die Gläubiger keine Situation geschaffen worden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könne
  • SchKG-Beschwerde als Rechtsmittel
    • Stelle sich heraus, dass die Weiterleitung des hinterlegten Betrages an die Gläubiger nicht rechtens gewesen sei, sei es Sache des Betreibungsamtes, diesen wieder beizubringen
    • Dem Schuldner stehe insoweit ein auf dem Beschwerdeweg verfolgbarer öffentlich-rechtlicher Anspruch gegenüber dem Betreibungsamt zu ()
    • Daraus folge, dass der Beschwerde ungeachtet der Weiterleitung des hinterlegten Geldbetrages an die Gläubiger durchaus ein aktuelles und praktisches Interesse zukomme.

Ergebnis:

Das Betreibungsamt hat die Zahlung ohne Bedingung, das heisst vorbehaltslos, entgegenzunehmen. Ist dies nicht der Fall, hat es den Gläubiger zu befragen und je nach Stellungnahme an ihn weiterzuleiten oder an den Schuldner zurückzuerstatten.

Beschwerdefolge:

Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz SchKG 17 verletzt, indem sie ein solches Interesse der Beschwerdeführer an ihrer Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde verneinte und die Unmöglichkeit einer wirksamen Berichtigung durch die Beschwerde angenommen hat.

Die Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Nichteintretensentscheid ist aufzuheben. Da die Sache nicht spruchreif sei, müsse sie an die Vorinstanz zurückgewiesen werden.

Entscheid

  1. Gutheissung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten war, und Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts Freiburg, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, als kantonaler Aufsichtsbehörde vom 24.09.2018
  2. Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
  3. Verzicht auf Gerichtskosten-Erhebung
  4. Mitteilung an die Parteien etc.

Quelle

BGer 5A_837/2018 vom 17.05.2019

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