SchKG 168 / ZPO 138
Sachverhalt
Am 17.08.2020 ersuchte die B.________ AG das Kantonsgericht Zug (KG ZG) in der gegen die A.________ GmbH laufenden Betreibung den Konkurs zu eröffnen.
Die auf den 06.10.2020 angesetzte Konkursverhandlung wurde den Parteien am 19.08.2020 angezeigt. Es erschien niemand zur Sitzung.
Dem Begehren der B.________ AG wurde stattgegeben und der Konkurs über die A.________ GmbH am 06.10.2020 um 9.15 Uhr eröffnet.
Prozess-History
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Obergericht des Kantons Zug
- Die A.________ GmbH gelangte gegen den Entscheid mit Eingabe vom 19.10.2020 ans Obergericht des Kantons Zug (OG ZG).
- Sie machte geltend, das Kantonsgericht habe ihr die Anzeige zur Konkursverhandlung nicht zugestellt, weshalb sie ihren Standpunkt nicht habe geltend machen können. Das OG ZG wies die Beschwerde am 15.12.2020 ab.
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Bundesgericht
- Am 15.01.2021 hat die A.________ GmbH Beschwerde in Zivilsachen erhoben.
- Die Beschwerdeführerin beantragte, das obergerichtliche Urteil und das Konkurserkenntnis des KG ZG aufzuheben.
- Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das OG ZG zurückzuweisen.
Streitanlass
Anlass zur Beschwerde gibt eine Konkursverhandlung, die zur Konkurseröffnung geführt hat.
Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin die Anzeige für die gerichtliche Verhandlung rechtskonform erhalten hat.
Erwägungen
Auch bei der Anzeige der Konkursverhandlung ist nach wie vor das gesetzliche Erfordernis der Empfangsbestätigung zu beachten (ZPO 138 Abs. 1).
Die Vorinstanz ging davon aus, dass
- der Postbote die Empfangsbestätigung ausgestellt habe, nachdem er C.________ angetroffen und ihm die eingeschriebene Sendung übergeben habe;
- es keine Hinweise gebe, wonach die Zustellung sich anders verhalten haben sollte;
- der kantonalen Praxis der Vorschrift von ZPO 138 Genüge getan worden war.
Erleichterungen in der Zustellung nach ZPO 138 wurden nicht vorgenommen.
Damit war aber der Beweis für eine gesetzeskonforme Zustellung der Vorladung zur Konkursverhandlung, für welche das Gericht jedoch die Beweislast trägt, nicht erbracht.
Die Folgen sind:
- Verwehrung der Teilnahme an der Konkursverhandlung und der Vortragung Abwehrargumente gegen das Konkursbegehren
- Verletzung des rechtlichen Gehörs
- Gutheissung der Beschwerde
- Aufhebung des Konkursdekrets.
Das Konkursgericht (Kantonsgericht) wird die Konkursverhandlung neu ansetzen müssen und anzuzeigen haben.
Der Beschwerde war Erfolg beschieden.
Entscheid des Bundesgerichts
- Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 15. Dezember 2020 sowie der Konkursentscheid des Einzelrichters am Kantonsgericht Zug vom 6. Oktober 2020 werden aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht Zug zurückgewiesen.
- Die Sache wird an das Obergericht zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens zurückgewiesen.
- Es werden keine Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren erhoben.
- Der Kanton Zug hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3’000.– zu entschädigen.
- Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht des Kantons Zug, Einzelrichterin, dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, dem Konkursamt des Kantons Zug, dem Betreibungsamt Baar, dem Handelsregisteramt des Kantons Zug und dem Amt für Grundbuch und Geoinformation des Kantons Zug, schriftlich mitgeteilt.
Quelle
Urteil des Bundesgerichts 5A_44/2021 vom 23.08.2021
3. Konkursverhandlung
Art. 168 SchKG
Ist das Konkursbegehren gestellt, so wird den Parteien wenigstens drei Tage vorher die gerichtliche Verhandlung angezeigt. Es steht denselben frei, vor Gericht zu erscheinen, sei es persönlich, sei es durch Vertretung.
Art. 138 ZPO Form
1 Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung.
2 Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder vom Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen des Gerichts, eine Urkunde dem Adressaten oder der Adressatin persönlich zuzustellen.
3 Sie gilt zudem als erfolgt:
- bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
- bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der überbringenden Person festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
4 Andere Sendungen kann das Gericht durch gewöhnliche Post zustellen.