BGFA 12 lit. a
Bei der Wahrung der Klienteninteressen darf ein Rechtsanwalt sich lebhaft ausdrücken. Auch gewisse Übertreibungen sind erlaubt. Unnötig aggressives Verhalten gilt aber nicht als sorgfältige Berufsausübung.
Sachverhalt
A.________ ist seit September 2014 im Kanton Wallis als Advokat registriert.
Er trat als Rechtsbeistand einer Mandantin auf, die als Beschuldigte von der Kriminalpolizei des Kantons Wallis befragt wurde. Dabei ereiferte er sich vehement über die beiden Polizeiinspektoren, die für die Befragung zuständig waren.
Er nannte sie
- «Cowboys»
Weiter erklärte er ihnen unter anderem, dass sie in Gerichtsangelegenheiten
- «nicht den Puck berühren» würden.
Ausserdem bezeichnete er den im Gerichtssaal anwesenden Gegenanwalt als
- «Kasper»
- «Marionette»
- «Papasöhnchen».
History
- Anzeige des Kommandanten der Kantonspolizei und der Oberstaatsanwalt des Kantons Wallis gegen A.________bei der Walliser Anwaltsaufsichtsbehörde.
- Mitteilung des A.________,
- er habe keine Berufsregel vorsätzlich verletzt;
- des Eingeständnisses, er hätte ruhig bleiben sollen;
- er würde eine Verwarnung oder einen Verweis akzeptieren.
- Entscheid der Aufsichtsbehörde: Busse von CHF 3000.–.
- Bestätigung des „Bussen-Entscheids“ durch Kantonsgericht des Kantons Wallis.
- Beschwerde des A.________ in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.
Erwägungen des Bundesgerichts
Die Interessenwahrung für den Klienten ist erste Berufspflicht eines Anwalts.
Dabei ist ein lebhafter Ausdruck gestattet. Es müssen nicht die moderatesten Formulierungen gewählt und nicht jedes Wort abgewogen werden. Auch gewisse Übertreibungen, selbst Provokationen, müssen akzeptiert werden.
Dennoch sind nicht alle Mittel gestattet:
- Kein unnötig agressives Verhalten
- Mit sorgfältiger Berufsausübung nach BGFA 12 lit. a ist ein unnötig aggressives Verhalten, welches nicht im Interesse des Klienten ist, nicht vereinbar.
- Keine ehrenrührigen „Beschimpfungen“
- Im verbalen Austausch mit der Gegenpartei und deren Vertretern muss ein Rechtsanwalt verzichten auf
- persönliche Angriffe
- Verleumdungen
- Ehrverletzungen.
- Im verbalen Austausch mit der Gegenpartei und deren Vertretern muss ein Rechtsanwalt verzichten auf
Die Verstösse von A.________ gegen die Berufsregeln waren bedeutend und daher eine Busse angebracht.
Das Bundesgericht wies zudem auf seine Verstösse aus dem Jahre 2016 hin, welche es zu beurteilen hatte:
Die Begründung der Vorinstanz als komisch («cocasse») einzustufen, genügte nicht, um das Bundesgericht davon zu überzeugen, die Vorinstanz habe ihr Ermessen überschritten. A.________ erwies sich damit als uneinsichtig.
Entscheid
Das Bundesgericht bestätigte die Busse.
BGer 2C_354/2021 vom 24.08.2021
Anmerkung der Redaktion
Es sollte zur Tugend jeden Anwalts zählen, sich nicht (zu stark) provozieren zu lassen.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam