Rechte und Pflichten von Flugpassagieren und Fluggesellschaften
Einleitung
Aus der Luftfahrtbranche gibt es seit Wochen schlechte Nachrichten:
- Flugkerosin-Preiserhöhungen
Wir berichteten: Flugkerosin-Preiserhöhungen: Zulässigkeit der Überwälzung auf den Fluggast?
Und nun das:
- Flugausfälle / Flugannullationen
- Verspätungen
- Steigende Ticketpreise
- usw.
Eine Normalisierung der Lage ist für 2022 nicht absehbar.
Agenda
Gründe
Die Nachfrage nach Flugreisen ist sprunghaft angestiegen. Airlines haben Tickets verkauft, ohne rechtzeitig die Ressourcen für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen rechtzeitig hochzufahren. Die während der Pandemie entlassenen Mitarbeiter konnten jetzt nicht rechtzeitig rekrutiert werden.
Es fehlt daher das Personal an allen Ecken und Enden:
Die Rechtslage wird bestimmt durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung, die auch in der Schweiz anwendbar ist. Diese sieht nur Ausgleichszahlungen vor, wenn der Flug durch die Airline weniger als 14 Tage vor dem Abflug storniert wurde.
- Bei den Flughäfen an den Sicherheitskontrollen, der Bodenabfertigung und beim Gepäck-Handling.
Folgen
Die Folgen treten meist unerwartet ein:
- Flugausfälle
- Wartezeiten
- Flugverspätungen
Die Nerven der Reisenden liegen blank.
Anwendbares Recht: EU-Fluggastrechte-Verordnung
Die Rechtslage wird bestimmt durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung, die auch in der Schweiz anwendbar ist. Diese sieht nur Ausgleichszahlungen vor, wenn der Flug durch die Airline weniger als 14 Tage vor dem Abflug storniert wurde.
Jene betroffenen Flugpassagiere, die darauf hoffen, nebst der Rückerstattung des Ticketpreises oder einer allfälligen Umbuchung, eine grosszügige Entschädigungszahlung zur Abgeltung der entstandenen Umtriebe zu erhalten, dürften enttäuscht werden.
Flugannullation
- Ausgangslage
- Der Flug wird von der Airline weniger als 14 Tage vor dem Abflug annulliert.
- Option
- Die Airline muss den von der Annullation betroffenen Flugpassagieren die Wahl anbieten zwischen
- Ticketpreis-Rückerstattung und
- alternativer Beförderung an die Zieldestination.
- Die Airline muss den von der Annullation betroffenen Flugpassagieren die Wahl anbieten zwischen
- u.U. zusätzliche Ausgleichsleistungen
- Die Flugpassagiere je nach Flugdistanz gegenüber der Airline Anrecht auf eine Ausgleichsleistungen.
- Distanz + Quantitativ der Ausgleichszahlung
- Kurzstreckenflüge bis 1500 Kilometer Flugdistanz
- EURO 250
- Mittelstreckenflüge zwischen 1500 und 3500 Kilometern Flugdistanz
- EURO 400
- Langstreckenflügen von mehr als 3500 Kilometern Flugdistanz
- EURO 600.
- Kurzstreckenflüge bis 1500 Kilometer Flugdistanz
- Einreden und Einwendungen der Airline
- Die Airline kann aussergewöhnliche Umstände geltend machen, wie
- Unwetter
- Streik des Bodenpersonals
- etc.
- PS: Der Flugzeugdefekt ist kein Exkulpationsgrund.
- In solchen Fällen kann sie sich von der Pflicht zur Ausgleichszahlung befreien.
- Die Airline kann aussergewöhnliche Umstände geltend machen, wie
- Betreuungsleistungen
- Flugpassagiere haben ein Anrecht auf Betreuungsleistungen am Boden.
- Dazu zählen Erfrischungen bzw. Mahlzeiten und / oder bei Bedarf ein Hotelzimmer.
Weiterführende Informationen
Nichtbeförderung (Überbuchung)
- Ausgangslage
- Der Flug ist überbucht und die Airline verweigert dem Flugpassagier trotz gültigem Flugticket und rechtzeitigem Eintreffen zum Boarding die Mitnahme zum Flug.
- Ticketpreis-Rückzahlung
- Die Airline muss dem Flugpassagier
- den Ticketpreis zurückerstatten oder
- eine anderweitige Möglichkeit zur Reise an die Zieldestination anbieten.
- Die Airline muss dem Flugpassagier
- Ausgleichsleistungen
- Die Ansätze für die Ausgleichszahlung richten sich analog zur Flugannullierung nach der Flugdistanz (siehe oben).
- Die Airline hat ein sog. Entschädigungs-Halbierungsrecht, wenn sich die Reise aufgrund der Nichtbeförderung für den Flugpassagier verzögert um maximal
- 2 Stunden (Kurzstrecke)
- 3 Stunden (Mittelstrecke)
- 4 Stunden (Langstrecke).
Weiterführende Informationen
Grosse Flugverspätung
- Ausgangslage
- Der Flug ist stark verspätet.
- Betreuungsleistungen
- Die Airline hat den Flugpassagieren Mahlzeiten und Getränke in Abhängigkeit von der Wartezeit anzubieten.
- Flugverzicht gegen Ticketpreiserstattung
- Ab 5 Stunden Verspätung kann der Flugpassagier eine Erstattung des Ticketpreises verlangen, sofern er freiwillig auf die Flugteilnahme verzichtet.
- Ausgleichsleistungen
- Die schweizerische Rechtsprechung zur Fluggastrechte-Verordnung sieht für Flugverspätungen keine Ausgleichszahlung vor.
Weiterführende Informationen
Geltendmachung der Fluggastrechte
Die Airlines wollen ihre Kunden – sofern und soweit möglich nach Flugannullationen – für künftige Flugreisen behalten und werden in unseren Breitengraden die Bearbeitung der Ticketpreisrückerstattungen und die Leistung geltend gemachter Ausgleichsansprüche speditiv an die Hand nehmen. Es ist zu berücksichtigen, dass diese Abteilungen über Personalressourcen nur für Normalzeiten verfügen und bei Sondersituationen wie jetzt (Hoher Ticketverkauf / Personalmanko oder -ausfälle / Viele Flugannullationen) ebenfalls überfordert sind.
Sicherlich gibt es auch Airlines, die die Bearbeitung der Gesuche verzögern und es den Passagieren schwermachen, ihre Fluggastrechte geltend zu machen.
Wer sich mit renitenten Airlines nicht selber abmühen will, kann seine Fluggastrechte einer Plattform abtreten, die Erfahrung in der Geltendmachung solcher Entschädigungsforderungen im In- und Ausland hat. Im Erfolgsfall erhalten solche Plattformen eine Provision von 25 % der Streitsumme.
Massnahmen zur Risikominimierung
Der Flugpassagier hat Möglichkeiten, sich vor Unannehmlichkeiten und / oder ungedeckten Kosten mehr oder minder zu schützen:
- Risikomanagement
- Risikovermeidung (zB Wahl eines anderen Verkehrsmittels um an die Feriendestination zu gelangen)
- Risikoübertragung (zB Abschluss einer Reiseversicherung)
- Risikoverminderung (zB durch Auswahl einer Airline ohne interne Probleme; Wahl einer Pauschalreise eines Reiseanbieters (besserer Schutz über das Pauschalreisegesetz), Einkalkulierung von Zeitreserven für die Weiter- oder Rückreise einplanen)
- Risikoakzeptanz (zB Gewärtigung einer Flugannullation und Vorausüberlegungen wie in einem solchen Falle vorzugehen ist)
- Risikoüberwachung (zB Lesen der Tagespresse und Rückfrage bei der Airline, ob es Flugdurchführungsprobleme gibt oder zu erwarten sind).
- Risikovermeidung (zB Wahl eines anderen Verkehrsmittels um an die Feriendestination zu gelangen)
- Dokumentation
- Dem Flugpassagier ist zu empfehlen, für den Nachweisfall oder den Fall einer gerichtlichen Geltendmachung seiner Rechte die nötigen Dokumente zu sammeln und aufzubewahren:
- Buchungsbestätigung
- Bordkarten
- Annullationsmitteilung
- Ersatzbuchungen
- Rechnungen aus Folgekosten (auch wenn sie ggf. nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung nicht ohne weiteres ersetzt werden müssen).
- Dem Flugpassagier ist zu empfehlen, für den Nachweisfall oder den Fall einer gerichtlichen Geltendmachung seiner Rechte die nötigen Dokumente zu sammeln und aufzubewahren:
Weiterführende Informationen
Fazit
Entscheidend für die Geltendmachung der Fluggastrechte ist eine Analyse und ein ruhiges, nicht überhastetes Vorgehen. Es geht darum, nicht übereilt in die nächste Annullationsfalle zu tappen und / oder auf mögliche Entschädigungsansprüche zu verzichten. Zu bedenken ist auch, dass die Airline nicht zum vollen Kostenersatz verpflichtet ist. Es entstehen dem Fluggast möglicherweise ungedeckte Kosten, d.h. solche die ihm niemand ersetzt; zu überlegen ist daher der Abschluss einer Reiseversicherung zu mind. teilweisem Deckungsschutz.
Denkbar sind auch andere Szenarien. Flugpassagiere sollten daher ihre eigenen Rechte kennen.
Wer sich noch näher mit allen Arten und Elementen der Fluggastrechte befassen möchte, tue dies über den Link:
Weiterführende Informationen
- Fluggastrechte EU
- Fluggastrechte – Your Europe | europa.eu
- Fluggastrechte in www.reiserecht.ch
- Fluggastrechte bei www.law-news.ch
- Reiserecht / Vertragsrecht
- Flugkerosin-Preiserhöhungen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam