Die Teilnahmerechte von Beschuldigten an Einvernahmen von im gleichen Strafuntersuchungsverfahren beschuldigten Personen werden nicht eingeschränkt:
- Dies hat der Ständerat (SR) am 13.06.2022 bei der Bereinigung der revidierten Strafprozessordnung entschieden und damit die Vorlage für die Schlussabstimmung verabschiedet.
EINLEITUNG
In der seit 2011 geltenden Strafprozessordnung (StPO) sind einzelne Normen angepasst worden:
- Schon bald nach dem Inkrafttreten der neuen Vorgaben hatten Vertreter der Strafuntersuchungsbehörden auf Probleme hingewiesen.
- Es folgten parlamentarische Vorstösse.
- Der Bundesrat (BR) fasste die Anliegen nun in einer Vorlage zusammen.
VERZICHT AUF ÄNDERUNG DER TEILNAHMERECHTE
Auf ein vom BR vorgeschlagenes zentrales Element verzichten die Räte nun aber:
- Differenzbereinigung
- Die Teilnahmerechte von Beschuldigten an Einvernahmen von anderen im selben Verfahren Beschuldigten werden nicht eingeschränkt.
- Nationalrat (NR)
- Der NRhatte eine Einschränkung der Beschuldigtenrechte von Anfang an abgelehnt, um faire Verfahren zu garantieren.
- Ständerat (SR)
- Der SRhätte – wie der BR – die Teilnahmerechte von Beschuldigten einschränken wollen.
- Diese hätten von der ersten Einvernahme von im selben Verfahren Beschuldigten ausgeschlossen werden können, wenn sie selbst ausserhalb des Haftverfahrens noch nicht einvernommen worden sind.
- Der SRhätte – wie der BR – die Teilnahmerechte von Beschuldigten einschränken wollen.
- Nationalrat (NR)
- Davon wollte der NRaber nichts wissen und bezüglich Teilnahmerechte beim geltenden Recht ohne Einschränkungen bleiben:
- Befürworter einer Teilnahmebeschränkung argumentierten – vergeblich – mit Situationen wie
- Bandenkriminalität;
- Beschuldigtenabsprachen.
- Befürworter einer Teilnahmebeschränkung argumentierten – vergeblich – mit Situationen wie
- Davon wollte der NRaber nichts wissen und bezüglich Teilnahmerechte beim geltenden Recht ohne Einschränkungen bleiben:
UMSTRITTENES REKURSRECHT
Umstritten bis jetzt war auch das vom BR beantragte
- Rekursrecht der Staatsanwaltschaft gegen Entscheide von Haftrichtern.
Im Falle einer Ablehnung des Haftverlängerungsantrages sollte nach dem Willen des SR die Anklage innert 6 Stunden Einsprache erheben können.
Der NR lehnte dies ab,
- weil es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstosse;
- weil es nicht angehe, dass die Staatsanwaltschaft durch die aufschiebende Wirkung einen negativ entschiedenen Antrag auf Haftverlängerung praktisch aus eigener Kraft aufheben könne.
Ebenso hier folgte der SR nun dem NR.
UMGANG MIT DNA-PROFILEN
Neu normiert wird auch die Handhabung der DNA-Profile:
- Die DNA-Profile sollen nicht nur zur Aufklärung
- jener Delikte erstellt und gespeichert werden dürfen,
- deretwegen das Verfahren geführt wird.
- Sie sollen inskünftig auch zur Aufklärung verwendet werden dürfen für:
- frühere Taten;
- künftige Taten, wenn «konkrete Anhaltspunkte» dafür bestünden.
- jener Delikte erstellt und gespeichert werden dürfen,
VERZICHT AUF «JUSTICE RESTAURATIVE»
Mit der sog. «Justice restaurative» wollte der NR zunächst eine Neuerung ins Strafprozessrecht aufnehmen, gab dann aber in der Differenzbereinigung nach:
- Bei diesem Verfahren könnten die Parteien in allen Verfahrensstadien in eine Mediation einwilligen und so aktiv zu einer Wiedergutmachung beitragen.
«Beerdigt» ist die «Justice restaurative» noch nicht:
- Die Räte erteilten dem BRgegen seinen Willen den Auftrag, eine Vorlage auszuarbeiten.
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam