BewG 1; BewG 2 Abs. 2 lit. a und Abs. 3; BewG 9 Abs. 1 lit. a; BewV 3
Einleitung
Vom Bundesgericht (BGer) zu prüfen war, ob die Bewilligungspflicht gemäss BewG besteht, wenn eine Person im Ausland die für das Hotelpersonal geplanten und als Stockwerkeigentum ausgestalteten Personalwohnungen erwirbt (Wohnraum als Teil einer Hotel- oder Apparthotelbetriebsstätte).
Sachverhalt
«Die A.________ AG mit Sitz in U.________ ist Eigentümerin der Parzelle Nr. xxx in der Gemeinde V.________, für welche eine (rechtskräftige) Baubewilligung für ein Wohn- und Geschäftshaus vorliegt. Alleinaktionär der A.________ AG ist ein italienischer Staatsbürger mit Niederlassungsbewilligung C. Am 14. November 2017 schloss die A.________ AG mit der B.________ AG einen langfristigen Mietvertrag (über 30 Jahre fest und unkündbar) für sämtliche im geplanten Neubau zu erstellenden Personalwohnungen ab. Letztere sollen dem Hotelpersonal des Hotels B.________, in V.________, als Unterkunft dienen.
Die A.________ AG beabsichtigt, diejenigen Stockwerkeinheiten, welche Ladenlokale und die genannten Personalwohnungen umfassen, als Stockwerkeigentum an einen Investor im Ausland zu verkaufen.
Auf Gesuch hin hielt das Grundbuchinspektorat und Handelsregister des Kantons Graubünden (Grundbuchinspektorat) mit Verfügung vom 24. August 2018 unter anderem fest, die für den Bau von Personalwohnungen vorgesehenen Stockwerkeigentümer-Grundstücke und das Stammgrundstück Nr. xxx könnten als Teil einer Betriebsstätte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG (Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; SR 211.412.41) gelten und der Erwerb dieser Grundstücke durch Personen im Ausland sei bewilligungsfrei. Ferner wurde die Auflage angeordnet, die Nutzung der genannten Grundstücke als betriebsnotwendige Personalwohnungen dauernd zu gewährleisten (wobei allfällige Nutzungsänderungen der Bewilligungsbehörde zur Prüfung zu unterbreiten seien), sowie das zuständige Grundbuchamt angewiesen, eine entsprechende Anmerkung im Grundbuch vorzunehmen. …»
Prozess-History
- Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
- Die Anfechtung dieser Verfügung durch das Bundesamt für Justiz blieb gemäss Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 3. Juni 2020 erfolglos.
- Bundesgericht (BGer)
- Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Juli 2020 an das Bundesgericht beantragt das Bundesamt für Justiz (Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils.
- Es sei festzustellen, dass der Erwerb durch Personen im Ausland der auf dem Stammgrundstück Nr. xxx in der Gemeinde V.________ geplanten Stockwerkeinheiten, welche als Personalwohnungen genutzt werden sollen, der Bewilligungspflicht unterstehe.
- Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Juli 2020 an das Bundesgericht beantragt das Bundesamt für Justiz (Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen des BGer
Die Bewilligungspflicht besteht nicht, wenn die Personalwohnungen als Teil der Hotelbetriebsstätte gelten:
- Definition «Betriebsstättengrundstück»
- Als Betriebstättengrundstücke gelten nur Grundstücke, welche direkt der wirtschaftlichen Tätigkeit eines entsprechenden Unternehmens oder freien Berufes dienen.
- In diesem Zusammenhang ist der bewilligungsfreie Erwerb von Wohnungen nur unter einem Miterwerbstatbestand möglich.
- Betriebsstätte
- Die im Neubau geplanten Ladenlokale mit Lager- und Nebenräumen sind Betriebsstätten nach BewG 2 Abs. 2 lit. a und unterstehen damit nicht der Bewilligungspflicht
- Keine Aufweichung des Betriebstättenbegriffs durch Gesetzesänderung – Bewilligungspflicht für Wohnliegenschaften als Kapitalanlage
- Die Gesetzesänderung von 1997 hat nicht zu einer Aufweichung des Betriebsstättenbegriffs geführt (…).
- Letzterer ist in diesem Sinne nach wie vor restriktiv zu verstehen (…).
- Wohnbauten bzw. Grundstücke, welche Wohnzwecken dienen, stellen keine Betriebsstätte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG dar.
- Der Erwerb von schweizerischen Wohnliegenschaften als Kapitalanlage durch Personen im Ausland ist deshalb, von der Ausnahme des Miterwerbstatbestands abgesehen (…), gemäss BewG nicht bewilligungsfrei möglich.
- Diesbezüglich fehlt eine entsprechende Rechtsgrundlage.
- Kein Miterwerbstatbestand
- Vorliegend ist kein Miterwerbstatbestand gegeben.
- Es geht um den isolierten Erwerb einer Liegenschaft im Stockwerkeigentum, welche in Bezug auf den streitbetroffenen Teil Wohnzwecken dient.
- Personalwohnungen
- Auch Personalwohnungen dienen Wohnzwecken und stellen keine Betriebsstätte dar.
- Hotelpersonal-Rekrutierung nur mit Personalwohnungen?
- Das BGer verkennt nicht, dass
- – wie auch vorinstanzlich sachverhaltsmässig festgestellt – das Hotelpersonal grundsätzlich auf die Zurverfügungstellung von Personalwohnungen angewiesen ist,
- auf dem betroffenen, lokalen Mietmarkt schwer Wohnraum zu finden ist;
- der betroffene Hotelbetrieb ohne das Angebot von Personalwohnungen möglicherweise Schwierigkeiten hat,
- Das BGer verkennt nicht, dass
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- das nötige Personal rekrutieren zu können.
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- Keine Rechtsgrundlage für bewilligungsfreien Erwerb durch Person im Ausland
- Dies Alles ändert aber nichts daran, dass
- gemäss BewG der betroffene Grundstückteil mangels Rechtsgrundlage nicht bewilligungsfrei durch eine Person im Ausland erworben werden kann.
- Dies Alles ändert aber nichts daran, dass
- Betriebsnotwendigkeit der Wohnungen stellt unter diesen Vorzeichen kein Kriterium dar
- Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, zu prüfen,
- ob die Personalwohnungen «betriebsnotwendig» sind.
- Die Betriebsnotwendigkeit würde nur im Falle eine Miterwerbstatbestands, welcher aber hier nicht gegeben ist, eine Rolle spielen.
- Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, zu prüfen,
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen:
- Das angefochtene Urteil ist aufzuheben.
- Ausserdem ist angesichts des ausgewiesenen Interesses festzustellen, dass der Erwerb der auf dem Stammgrundstück Nr. xxx in der Gemeinde V.________ geplanten Stockwerkeinheiten, welche als Personalwohnungen genutzt werden sollen, durch eine Person im Ausland der Bewilligungspflicht gemäss BewG untersteht.
Entscheid des BGer
- Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten;
- Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden;
- Feststellung, dass die streitgegenständlichen Stockwerkeigentumseinheiten, die als Personalwohnungen vorgesehen sind, der Bewilligungspflicht gemäss BewG unterstehen;
- Auferlegung der Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren an eine Beschwerdegegnerin;
- Rückweisung an die Vorinstanz zur Neuverlegung von Kosten und Entschädigungen des vorinstanzlichen Verfahrens.
BGer 2C_589/2020 vom 22.03.2021 = BGE 147 II 281
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam