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Entschädigung für Dienstbarkeitseinräumung: Kapitalgewinn oder Ertrag?

Datum:
13.12.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Grundsteuern Schweiz
Stichworte:
Entschädigung, Ertrag, Kapitalgewinn
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

DBG 16 Abs. 1 + 3; DBG 21 Abs. 1; StHG 12 Abs. 2 lit. c; StG/GR 16 und 22 + StG/GR 42 Abs. 2 lit. c

Sachverhalt

A.________, wohnhaft in U.________, Slowenien, Beschwerdeführerin (BFin) ist Eigentümerin des überbauten Grundstücks Nr. xxx in der Gemeinde V.________. Mit Dienstbarkeitsvertrag vom 20. Dezember 2018, eingetragen am 21. Dezember 2018 im Grundbuchamt der Region Maloja, vereinbarten A.________ und B.________ als Gegenleistung für eine vereinbarte Grunddienstbarkeit «Pflanzen- und Bauhöhenbeschränkung» zulasten des Grundstücks Nr. xxx bzw. zugunsten des Nachbargrundstücks Nr. yyy die Summe von CHF 1 Mio. (bei einem Verkehrswert des Grundstücks von über CHF 52 Mio.).

Prozess-History

  • Steuerbehörde
    • Der Kanton Graubünden erhob
      • als Einkommen aus unbeweglichem Vermögen auf diesem Betrag
        • direkte Bundessteuern sowie
        • kantonale und kommunale Einkommenssteuern.
    • Die Einsprache-Entscheide der Steuerverwaltung des Kantons Graubünden (KStA GR) waren abschlägig.
  • Kanton
    • Das kantonale Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden blieb ohne Erfolg.
  • Bundesgericht
    • Die Grundeigentümerin erhob Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.

Erwägungen

Das Bundesgericht (BGer) erwog in dieser Sache was folgt:

  • Reinvermögenszugangstheorie
    • Gemäss der sog. Reinvermögenszugangstheorie unterliegen grundsätzlich alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der direkten Bundessteuer (vgl. DBG 16).
  • Kapitalgewinne aus Privatvermögens-Veräusserung
    • Kapitalgewinne aus Veräusserung von Privatvermögen sind grundsätzlich steuerfrei (vgl. DBG 16 Abs. 3).
  • Dienstbarkeit als Teilveräusserung?
  • Einkommenssteuerfreier Kapitalgewinn auf Grundstücksveräusserung?
    • Es drängte sich daher auf, den Begriff des (einkommenssteuerfreien) Kapitalgewinns aus der Veräusserung von Grundstücken im Privatvermögen (auch für die direkte Bundessteuer) mit Fokus auf StHG 12 über die Grundstückgewinnsteuern auszulegen,
      • um eine Konkordanz zu erreichen, zwischen
        • den verschiedenen Steuerarten
        • dem eidgenössischen und dem kantonalen Recht.
  • Umfang der Grundstücksentäusserung durch die Grundstücksbelastung
    • Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen:
      • nebst der vollständigen Grundstückveräusserungen
      • u.a. die Belastung eines Grundstücks mit Dienstbarkeiten,
        • wenn diese dauernd und wesentlich beeinträchtigt sowie dafür ein Entgelt entrichtet wird:
          • die unbeschränkte Bewirtschaftung oder
          • den Veräusserungswert des Grundstücks.
          • Vgl. StHG 12 Abs. 2 lit. c)
    • Eine «Bauhöhenbeschränkung» kann
      • sich wie ein Bauverbot auswirken und
      • daher eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne von StHG 12 Abs. 2 lit. c begründen.

In concreto ergab sich aber folgendes:

  • Geringe Entgeltshöhe
    • Im Vergleich zum Wert des Grundstücks bestand
      • ein geringes Entgelt-Quantitativ (2 % des Verkehrswerts)
  • Parteibeurteilung als geringe Beeinträchtigung
    • Die Parteien waren nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen.
  • Fokus Veräusserung
    • Es lag somit vor:
      • keine Veräusserung und
      • daher auch kein einkommenssteuerfreier Kapitalgewinn.
    • Die BFin konnte daher nicht argumentieren,
      • es handle sich um eine Entschädigungszahlung zum Ausgleich eines zukünftigen Minderwerts des Grundstückes,
        • weshalb kein Reinvermögenszugang,
          • sondern ein blosser «Aktivtausch» vorliege.
  • Fokus Minderwert
    • Der Minderwert wird dereinst
      • zu einem tieferen Veräusserungserlös und
      • damit zu einer tieferen Bemessungsgrundlage für die Grundstückgewinnsteuer führen;
      • vgl. StHG 12 Abs. 1.
  • Fokus Einkommenssteuer / Steuerfolge einer «doppelten Nichtberücksichtigung von Steuersubstrat»
    • Würde das dafür empfangene Entgelt einkommenssteuerfrei bleiben,
      • käme es, da keine grundstückgewinnsteuerpflichtige Veräusserung vorlag, zu einer sog. «doppelten Nichtberücksichtigung von Steuersubstrat».
  • Fokus Konkordanz der Steuerarten bei den Kantons- und Gemeindesteuern
    • Auch das harmonisierte kantonale Einkommenssteuerrecht (namentlich StG/GR 16 und 22) war unter Berücksichtigung des harmonisierten kantonalen Grundstückgewinnsteuerrechts (namentlich StG/GR 42 Abs. 2 lit. c) auszulegen, um die Konkordanz zwischen den beiden Steuerarten zu erzielen.
    • Nach Ansicht des BGer hat hier die Vorinstanz zu Recht den Vorgang nicht der Grundstückgewinnsteuer unterworfen.

Ergebnis:

Vor diesem Hintergrund hatte die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt,

  • indem sie das Entgelt von CHF 1 Mio., welches der BFin für die Einräumung der «Pflanzen- und Bauhöhenbeschränkung» auf ihrem Grundstück erhalten hat,
    • für die direkte Bundessteuer vollständig als Ertrag aus unbeweglichem Vermögen der Einkommenssteuer unterworfen hat.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
  2. Die Gerichtskosten von CHF 7’000.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
  3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt.

BGer 2C_730/2021 vom 19.05.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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