Einleitung
Derzeit ist die KI-Software ChatGPT von OpenAI in aller Munde. Viele Interessierte schreiben Texte und versuchen sich mit der neuen Möglichkeit.
Mitte Februar 2023 präsentierte Google in Paris, wie ihr Chatbot Bard die Internetsuche revolutionieren soll.
Die Juristen unter ihnen denken aber schnell an die sich daraus ergebenden Rechtsfragen, insbesondere ans Urheberrecht.
Agenda
- Einleitung
- Grundlagen
- Allgemein
- Computerprogramme
- Algorithmen
- Urheber allgemein
- Urheber des KI-Ergebnisses
- Abläufe bis zum KI-Ergebnis
- Eingabe-Gegenstand (Input) + Verarbeitung
- Einleitung
- Daten
- Eigentexte
- Fremdtexte
- Eingabe veröffentlichter Vorlagen
- Eingabe gemischter Eigen- und Fremdinhalte
- KI-Ergebnis (Output) + Urheberrecht
- Einleitung
- Urheber?
- Miturheberschaft?
- Fazit
Grundlagen
Allgemein
Die Urheberrechte sind im Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz; URG) geregelt.
Computerprogramme
Computerprogramme gelten gestützt auf URG 2 Abs. 3 als schutzfähig. Der Rechtsschutz wird gewährleistet über
- einen ausführbaren Programmcode
- eine unmittelbare Funktionalität (Aufgabenausführung)
- eine Dynamik
- ggf. eine Interaktivität.
Geschützt sind Computerprogramme nur, wenn es um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter geht (vgl. BBl 1989 III 522).
Vgl. ferner OFK/URG-REHBINDER/HAAS/UHLIG, 4., überarbeitete Auflage, Zürich 2022, URG 2 N 31.
Algorithmen
Bei Algorithmen handelt es sich um einen vollständigen Satz wohldefinierter Regeln zu einer Problemlösung in einer endlichen Anzahl von Schritten.
Vgl. ferner OFK/URG-REHBINDER/HAAS/UHLIG, a.a.O., URG 2 N 31.
Zusammenwirkung
Nebst des Urheberrechts-Kombinats an Software, Algorithmen-Programmierung und ggf. Hardware stellt sich die Frage, woher stammen die Eingaben und wer ist wie an den Bearbeitungsergebnissen berechtigt.
Urheber allgemein
Als Urheber gilt die natürliche Person, die das Werk geschaffen hat (vgl. URG 6).
Urheber des KI-Ergebnisses?
Weil die KI-Software das Ergebnis kreiert, stellt sich die Frage, ob auch eine Software den Status eines Urhebers erhalten kann.
Aufgrund einer Software kann ohne menschliches Zutun kein urheberrechtlich geschütztes Werk entstehen:
- Eine Texteingabe durch einen Menschen, den User/Nutzer, führt noch nicht zum Ergebnis; es benötigt hiefür die KI-Software;
- Vielmehr erledigt die «Maschine» das KI-Werk; daher dürfte prima vista niemand KI-Output Urheber sein.
Abläufe bis zum KI-Ergebnis
Einleitend ist zu differenzieren in:
- KI-Tool (mit seiner Programmierung)
- Erfassung einer Eingabegrundlage durch den User / Nutzer
- KI-Ergebnisgenerierung aufgrund der Eingabegrundlage
- KI-Ergebnis
Das KI-Ergebnis ist also stets ein Zusammenwirken drei vorausgehender Komponenten.
Eingabe-Gegenstand (Input) + Verarbeitung
Einleitung
Bei der Eingabe durch den KI-User ist zu unterscheiden in:
- Daten
- Eigentexten
- Fremdtexte
- Eingabe veröffentlichter Vorlagen
- Eingabe gemischter Eigen- und Fremdinhalte
Daten
Für die Nutzung von KI wie ChatGPT werden eingespeist:
- Zeichen
- Texte
- Daten
Eigentexte
Vom User/Nutzer des KI-Tools selbst kreierte Füllinhalte sollten u.E. in der Verarbeitungsstufe keine Probleme. Offen bleibt die Frage, ob und inwieweit lernfähige KI-Tools die Eingabetexte für ihre eigenen Interessen nutzen dürfen.
Fremdtexte
Eingabe veröffentlichter Vorlagen
Oft finden die User von KI-Tools im Web – frei zugängliche – Vorlagen für Formular-, Brief-, Vertrags- und Klausel-Texte. – Es ist in der Praxis davon auszugehen, dass die Urheber der Fremdtexte nicht um Erlaubnis gefragt werden.
Es stellt sich die Frage, ob der Vorlagen-Nutzungsvorgang zulässig ist:
- «Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden. …» (URG 19 Abs. 1).
Sofern und soweit der User fremde Vorlagen im KI-Tool einspeist und die KI-Ergebnisse nur zum Eigengebrauch verwendet, dürften sich keine urheberrechtlichen Probleme einstellen.
Anders dürfte es aussehen, wenn die Ergebnisse aus der Vorlageneingabe kommerziell verbreitet werden. Hier dürfte sich die Frage stellen, woher die Eingaben stammen und wer wie an den Bearbeitungsergebnissen berechtigt ist; es dürften sich beinahe unlösbare Beweis- und Zuteilungsfragen stellen.
Eingabe gemischter Eigen- und Fremdinhalte
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind bei KI-Tool-Nutzung folgende Fälle denkbar:
- Ungeschützte Eingabe – ungeschütztes Ergebnis
- Ungeschützte Eingabe – geschütztes Ergebnis
- Geschütze Eingabe – geschütztes Ergebnis
- Geschütze Eingabe – ungeschütztes Ergebnis
Diese Zwischenstadien in der Content-Bearbeitung lassen sich urheberrechtlich nicht klar einordnen.
KI-Ergebnis (Output) + Urheberrecht
Einleitung
Beim Output eines KI-Ergebnisses drängen sich folgende Themen auf:
- Urheber?
- Miturheberschaft?
Urheber?
Es ist mangels subjektiver Urheber-Voraussetzungen davonauszugehen, dass am KI-Ergebnis kein Urheberrecht entsteht bzw. besteht (vgl. URG 7).
Miturheberschaft?
Da in diesen Fällen die Contents von mehreren Personen/Urhebern stammen, stellen sich die Voraussetzungsfragen einer sog. «Miturheberschaft» gemäss URG 7:
- Gesamtwerk
- «Sind mehrere Personen an einer schöpferischen Leistung beteiligt, so liegt ein Gesamtwerk vor, das entweder eine Werkeinheit oder eine Werkverbindung sein kann, was unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zieht» (OFK/URG-REHBINDER/HAAS/UHLIG, a.a.O., URG 7 N 1).
- Werkeinheit?
- «Wurde eine Gesamtidee durch das schöpferische Zusammenwirken mehrerer gestaltet, liegt eine Werkeinheit vor, wodurch die in diesem Artikel geregelt Miturheberschaft entsteht (…)» (OFK/URG-REHBINDER/HAAS/UHLIG, a.a.O., URG 7 N 1).
- In casu fehlt es an einer Gesamtidee.
- Werkverbindung?
- «Keine Miturheberschaft besteht hingegen bei einer Werkverbindung, die durch das Zusammenfügen eines vorbestehenden Werkes mit einem anderen zu einer ästhetischen und wirtschaftlichen Einheit entsteht, an welcher der Urheber des vorbestehenden Werkes nicht beteiligt ist. Dies kann durch Bearbeitung, d.h. durch Umarbeitung eines Originals zu einem «Werk zweiter Hand» geschehen (URG 3 …) oder durch Schaffung eines Sammelwerks (URG 4) oder schliesslich durch Zusammenfügen von Werken unterschiedlicher Werkkategorien zu einem Gesamtwerk, an dessen Gestaltung der Urheber des vorbestehenden Werkteils nicht beteiligt ist (…)» (OFK/URG-REHBINDER/HAAS/UHLIG, a.a.O., URG 7 N 2).
- Es ist daher auch in Bezug auf das KI-Ergebnis keine Miturheberschaft anzunehmen.
Fazit
In urheberrechtlicher Sicht, ergeben sich provisorische Ergebnisse:
- Input
- Verwendung von Fremdinhalten ohne Ermächtigung
- Urheberrechtsverletzungen sind bei der Verwendung geschützter Eingabe-Gegenstände, die nicht zum persönlichen Gebrauch verwendet werden, denkbar.
- Schranken
- Probleme bestehen beim Verwendbarkeits- und Wirkungsnachweis sowie beim prozessualen Beweis.
- Verwendung von Fremdinhalten ohne Ermächtigung
- Verarbeitung
- Allgemein
- Keine Zuordenbarkeit zu einem einheitlichen Werk
- KI-Learning
- Die Verwendung eines geschützten Eigen- oder Fremd-Inputs zum Maschinenlernen wird wohl ebenfalls an der Werkeinheit scheitern.
- Allgemein
- Output
- Kein Urhebersubjekt
- Mangels subjektiven Urhebers dürfte beim Output kein Urheberrecht am Werk/Ergebnis entstehen.
- Keine Miturheberschaft
- Mangels Werkeinheit und Werkverbindung nach URG 7 dürfte keine sog. «Miturheberschaft» der mehreren Beteiligten vorliegen.
- Kein Urhebersubjekt
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam