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Immobiliarsachenrecht / Vertragsrecht

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Immobilienmaklervertrag: Vermittlungsprovision bei Zustandekommen des Zielgeschäfts

Datum:
22.08.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Immobilienmaklerrecht / Maklervertrag, Sachenrecht / Immobiliarsachenrecht, Vertrag / Vertragsrecht
Thema:
Immobilienmaklervertrag
Stichworte:
Immobilien, Immobilienmaklervertrag, Maklervertrag, Vermittlungsprovision, Zielgeschäft
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 412 ff.

Kann nach Abschluss des Maklervertrags ein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem tatsächlichen Zustandekommen des Zielgeschäfts nachgewiesen werden, entsteht – anderslautende Abrede vorbehalten – ein Anspruch auf den Maklerlohn.

Im Einzelnen:

  • Mäklervertrag
    • Mit Abschluss des Mäklervertrags erhält der Mäkler gemäss OR 412 Abs. 1 den Auftrag, gegen eine Vergütung Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen (Nachweismäkelei) oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln (Vermittlungsmäkelei; auch Abschlussmäkelei).
    • Der Mäklervertrag steht im Allgemeinen unter den Vorschriften über den einfachen Auftrag (vgl. OR 412 Abs. 2).
  • Charakteristika des Mäklervertrags
    • Elemente
      • Charakteristisch für den Mäklervertrag sind:
        • dessen Entgeltlichkeit und
        • der Erfolg, der auf die Tätigkeit des Mäklers zurückzuführen ist.
    • Erfolgsdefinition durch Vereinbarung
      • Der Erfolg kann vertraglich unterschiedlich definiert werden.
    • Nachweismäkelei
      • Die Tätigkeit des Nachweismäklers beschränkt sich auf die Bekanntgabe einer oder mehrerer konkret bestimmter Abschlussgelegenheiten.
    • Vermittlungsmäkelei bzw. Abschlussmäkelei
      • Der Vermittlungsmäkler wirkt aktiv auf den Vertragsabschluss hin.
    • Vermittlung des Vertragsabschlusses
      • Ist der Mäkler vertraglich verpflichtet, den Abschluss des Vertrages zu vermitteln, so bestimmt sich der Umfang seiner Pflichten nach der vertraglichen Abrede oder der Natur des Geschäfts.
    • Mäklerlohn-Anspruch ohne andere Abrede
      • Ohne anderslautende Abrede setzt der Anspruch auf den Mäklerlohn einen Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Mäklers und dem tatsächlichen Zustandekommen des Hauptvertrags bzw. des Zielgeschäfts voraus,
        • wobei ein psychologischer Zusammenhang zwischen den Mäkler-Bemühungen und dem Entschluss des Dritten ausreichend ist.
      • Der psychologische Zusammenhang kann auch vorhanden sein,
        • 1) wenn zwischenzeitlich die Verhandlungen abgebrochen wurden;
        • 2) wenn der Mäkler nicht bis zum Abschluss des Vertrages involviert war;
        • 3) wenn ein anderer Mäkler eingeschaltet wurde.
      • In den Fällen 2) und 3) liegt nur dann kein genügender psychologischer Zusammenhang vor,
        • wenn
          • die Tätigkeit des Mäklers zu keinem Resultat geführt hat,
          • die Verhandlungen definitiv abgebrochen wurden und
          • der Verkaufsabschluss schliesslich auf einer ganz neuen Basis abgeschlossen wurde.
  • Makler-Beweis
    • Beweisgegenstand
      • Der Mäkler muss – unter Vorbehalt einer anders lautenden Abrede – beweisen,
        • dass
          • bei der Nachweismäkelei seine Nachweisbemühungen bzw.
          • bei der Vermittlungsmäkelei seine Intervention resp. seine Vermittlung
        • zum vertraglich definierten Erfolg geführt hat.
    • Zustandekommen des Mäklerlohn-Anspruchs
      • Nach OR 413 Abs. 1 ist der Mäklerlohn verdient, sobald der Vertrag infolge des Nachweises oder der vereinbarten Vermittlung zustande gekommen ist.
    • Abrede
      • Dass typischerweise der Mäklerlohn nur verdient ist, wenn der Vertrag mit dem nachgewiesenen Partner oder durch Vermittlung des Mäklers zustande kommt, schliesst folgende Zusicherungen nicht aus:
        • Die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz (OR 413 Abs. 3) oder
        • ein Honorar auch für den Fall des Nichtzustandekommens des Zielgeschäfts.
    • Keine Pflicht zum Tätigwerden
      • Den Mäkler trifft in der Regel keine Pflicht zum Tätigwerden;
      • Der Mäkler ist in der Organisation seiner Tätigkeit völlig frei.
    • Pflicht zum Tätigwerden im Falle einer Exklusivitätsklausel
      • Eine Verpflichtung zum Tätigwerden hat der Mäkler nur, wenn eine Ausschliesslichkeitsklausel (auch «Exklusivitätsklausel») verabredet ist.
  • Rechtsnatur
    • Grundsatz
      • OR 413 ist dispositiver Natur.
    • Abweichungen vom Grundsatz
      • Die Parteien können
        • den aleatorischen Charakter des Mäklervertrages mildern und
        • eine Provisionsgarantie in dem Sinne vereinbaren,
          • dass der Auftraggeber dem Mäkler den Lohn ganz oder teilweise auch für den Fall zusichert,
            • dass nicht dieser den Abschluss herbeigeführt hat oder,
            • dass ein Abschluss unterbleibt.
  • Zustandekommen / Auslegung
    • Zustandekommen
      • Für das Zustandekommen und die Auslegung einer Vereinbarung ist zunächst massgebend,
        • was die Parteien tatsächlich übereinstimmend gewollt haben.
    • Auslegung des übereinstimmenden Willens
      • Die empirische oder subjektive hat gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang.
    • Auslegung, wenn der wirkliche Willen nicht bewiesen werden kann
      • Erst wenn der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien unbewiesen bleibt,
        • sind die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie
          • nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie
          • den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten.
      • Es ist vom Wortlaut der Erklärungen der Parteien auszugehen,
        • welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind.
    • Auslegung eines objektivierten Konsenses
      • Ein objektivierter und damit rechtlicher Konsens bedeutet laut BGer nicht zwingend,
        • dass die sich äussernde Partei tatsächlich den inneren Willen hatte, sich zu binden;
        • dass die andere Partei aufgrund des objektiv verstandenen Sinns der Erklärung oder des Verhaltens nach Treu und Glauben annehmen konnte, die sich äussernde Partei habe einen Rechtsbindungswillen gehabt.
  • Kognition des Bundesgerichts
    • Das BGer überprüft die vorstehende objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage,
      • wobei es grundsätzlich gebunden ist an:
        • die Feststellungen des kantonalen Gerichts über die äusseren Umstände;
        • das Wissen und Wollen der Beteiligten.  

Die Erwägungen der Vorinstanz, womit sie einen gültigen ersten Mäklervertrag annahm und eine Verletzung vertraglicher und (subsidiär) gesetzlicher Rechenschafts-, Sorgfalts- oder Treuepflichten der Beschwerdegegnerin verneinte, sind bundesrechtskonform.

Die Beschwerde genügte laut BGer den gesetzlichen Begründungsanforderungen weitestgehend nicht. – Soweit sie überhaupt nachvollziehbar ist, ist sie unbegründet.   

Die Beschwerde war abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden konnte.

BGer 4A_59/2021 vom 25.01.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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