Eine Neufestsetzung des Betreuungsunterhalts wegen erheblich veränderter Verhältnisse kann auch ohne ein unzumutbares Ungleichgewicht in der finanziellen Belastung der Eltern verlangt werden.
Im Einzelnen:
- Rechtsgrundlagen
- Die Anpassung des im Scheidungsurteil festgelegten Kindesunterhalts an erheblich veränderte Verhältnisse bestimmt sich hier nach
- ZGB 286 Abs. 2 und
- nicht nach ZGB 129.
- Die Anpassung des im Scheidungsurteil festgelegten Kindesunterhalts an erheblich veränderte Verhältnisse bestimmt sich hier nach
- Zweck des Betreuungsunterhalts
- Der Betreuungsunterhalt soll die wirtschaftliche bzw. finanzielle Existenz der Betreuungsperson «gewährleisten»,
- sofern und soweit bei ihr wegen der persönlichen Kinder-Betreuung ein Einkommensmanko entsteht.
- Der Betreuungsunterhalt soll die wirtschaftliche bzw. finanzielle Existenz der Betreuungsperson «gewährleisten»,
- Durch veränderte Verhältnisse frei werdender Anteil
- Der Betreuungsunterhalt steht aus den hievor erwähnten Gründen dem betreuenden Elternteil zu und es ist daher ein freiwerdender Unterhaltsbeitragsanteil im Rahmen einer Abänderung nicht dem Kind zuzurechnen.
- Lebenshaltungskosten-Methode
- Für diese Zuordnung spricht auch die für die Berechnung des Betreuungsunterhalts massgebende «Lebenshaltungskosten-Methode»:
- Familienrechtlicher Grundbedarf ./. erzieltes (oder hypothetisches) Nettoeinkommen des das Kind betreuenden Elternteils.
- Für diese Zuordnung spricht auch die für die Berechnung des Betreuungsunterhalts massgebende «Lebenshaltungskosten-Methode»:
- Voraussetzungen
- Bei einer Erhöhung des Einkommens des betreuenden Elternteils kann deshalb eine Anpassung des Unterhalts angezeigt sein,
- sofern die Änderung der Einkommenshöhe von einer gewissen Wesentlichkeit ist,
- Bei einer Erhöhung des Einkommens des betreuenden Elternteils kann deshalb eine Anpassung des Unterhalts angezeigt sein,
-
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- und zwar unabhängig davon,
- ob eine über das Schulstufenmodell hinausgehende («überobligatorische») Tätigkeit gegeben ist.
- und zwar unabhängig davon,
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- Hinsichtlich des Barunterhalts gelten grundsätzlich andere Massstäbe.
Für die Details der bundesgerichtlichen Erwägungen wird auf die Ausführungen im Urteil verwiesen.
Entscheid
- Teilweise Gutheissung der Beschwerde in Zivilsachen + Rückweisung an die Vorinstanz;
- Gerichtskosten: je hälftige Auferlegung;
- Parteikosten: Wettschlagung der Parteikosten.
BGer 5A_176/2023 vom 09.02.2024
IV. Bemessung des Unterhaltsbeitrage
1. Beitrag der Eltern
Art. 285 ZGB 353
1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
2 Der Unterhaltsbeitrag dient auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte.
3 Er ist zum Voraus zu entrichten. Das Gericht setzt die Zahlungstermine fest.
353 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).
Art. 286 ZGB 356
1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
2 Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf.
3 Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Beitrags verpflichten.357
356 Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 (AS 1977 237; BBl 1974 II 1).
357 Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 1118; BBl 1996 I 1).
3. Abänderung durch Urteil
Art. 129 ZGB
1 Bei erheblicher und dauernder Veränderung der Verhältnisse kann die Rente herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte Zeit eingestellt werden; eine Verbesserung der Verhältnisse der berechtigten Person ist nur dann zu berücksichtigen, wenn im Scheidungsurteil eine den gebührenden Unterhalt deckende Rente festgesetzt werden konnte.
2 Die berechtigte Person kann für die Zukunft eine Anpassung der Rente an die Teuerung verlangen, wenn das Einkommen der verpflichteten Person nach der Scheidung unvorhergesehenerweise gestiegen ist.
3 Die berechtigte Person kann innerhalb von fünf Jahren seit der Scheidung die Festsetzung einer Rente oder deren Erhöhung verlangen, wenn im Urteil festgehalten worden ist, dass keine zur Deckung des gebührenden Unterhalts ausreichende Rente festgesetzt werden konnte, die wirtschaftlichen Verhältnisse der verpflichteten Person sich aber entsprechend verbessert haben.
Art. 284 ZPO Änderung rechtskräftig entschiedener Scheidungsfolgen
1 Die Voraussetzungen und die sachliche Zuständigkeit für eine Änderung des Entscheids richten sich nach den Artikeln 124e Absatz 2, 129 und 134 ZGB137.138
2 Nicht streitige Änderungen können die Parteien in einfacher Schriftlichkeit vereinbaren; vorbehalten bleiben die Bestimmungen des ZGB betreffend Kinderbelange (Art. 134 Abs. 3 ZGB).
3 Für streitige Änderungsverfahren gelten die Vorschriften über die Scheidungsklage sinngemäss.
138 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).
Weiterführende Informationen
- Unterhaltspflicht
- Abänderung des Betreuungsunterhalts bei Patchwork-Families
- Betreuungsart
Quelle
LawMedia Redaktionsteam