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Erwachsenenschutz

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Tattoo als Patientenverfügung

Datum:
19.05.2022
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Kindsrecht
Stichworte:
Erwachsenenschutz, Notfall, Patientenverfügung, Selbstbestimmung, Tattoo, Willenskundgabe
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Eine Möglichkeit zur Wahrung des eigenen Willens in Notfall-Situationen?

Einleitung

Die Patientenverfügung dient dem Aussteller, seinen Willen für einen Zeitpunkt kundzutun, an welchem er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.

Grenzen der Patientenverfügung in Notfallsituationen

Die Funktion der Patientenverfügung stösst in Notfallsituationen an ihre Grenzen:

  • Sie ist dem medizinischen Personal nicht sofort bekannt;
  • Es besteht oft keine Zeit für Abklärungen oder Reaktionen.

Wie kann für solchen Fälle vorgesorgt werden?

In gewissen Medien ist nun die Diskussion entbrannt, ob eine Patientenverfügung in Form eines Tattoo eine zulässige und rechtsgenügende Methode der Willenskundgabe ist.

Errichtungsform

Gemäss ZGB 371 Abs. 1 ist die Patientenverfügung schriftlich zu errichten, zu datieren und zu unterzeichnen.

Erfüllt der Verfasser der Patientenverfügung bei der „Tattoo-Errichtung“ diese Voraussetzungen, erscheint auch eine „Niederschrift“ auf dem eigenen Körper als zulässig.

Mögliche Irritationen?

In der Diskussion zum Thema wird vorgebracht, dass solche Tattoo‘s für das Rettungspersonal Unsicherheiten schaffen könnten, nämlich hinsichtlich der Setzung der eigenen Unterschrift. Der potentielle Patient müsste die Tattoo-Maschine selber führen und die Unterschrift vornehmen. Je nach der gewählten Körperstelle (zB Körperrücken) ist dies vielleicht „zugangstechnisch“ nicht einmal möglich.

Einschätzung durch behandelnde Notfallärzte?

Ärzte werden solche Tattoo’s vorsichtshalber wohl als Indiz für eine bestehende Patientenverfügung werten und doch noch weitere Abklärungen treffen, ob nicht doch eine solche noch in traditioneller Form aufbewahrt ist, namentlich

  • vom Patienten in den Kleidern mitgetragen wurde;
  • auf der Versicherungskarte eingetragen ist;
  • beim Hausarzt oder einer Vertrauensperson hinterlegt ist.

Vgl. hiezu ZGB 372 Abs. 1 und insbesondere Abs. 2 (siehe Box unten).

Doppelt gemoppelt hält besser

Wegen der Irritationen und ärztlicher Bedenken sollten Tattoo-Anhänger, denen das Anliegen wichtig ist, zusätzlich die Patientenverfügung auf sich tragen oder auf der Versicherungskarte eingetragen haben (vgl. ZGB 371 Abs. 2).

So kann vermieden werden, dass das Patientenverfügungs-Tattoo nicht als blosser „Gag“ verstanden wird.

Alternativen?

Bekannt ist auch, dass ein No-CPR-Stempel / -Pflaster gekauft und auf der Brust angebracht werden kann. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die betreffende Person in einer Notfallsituation keine Herz-Lungen-Wiederbelebung / Reanimation möchte (Cardio-Pulmonary Resuscitation) wünscht.

Natürlich gelten auch für solche Informationsformen die Errichtungsbedingungen von ZGB 371 Abs. 1 (siehe oben).

Fazit

Ob jemand die Errichtungs- und Publikationsform des Tattoo wählen will, ist sein höchstpersönlicher Entscheid.

Aufgrund der Form-Vorgaben des Gesetzgebers will der Entscheid vom potentiellen Patienten gut überlegt sein.

Vielleicht bewegt er sich damit sogar auf der Welle des Zeitgeists von Novitäten und erreicht das Ziel der sofortigen Kundgabe an das Personal der medizinischen Notfallversorgung.

Zweiter Unterabschnitt: Die Patientenverfügung

A. Grundsatz

Art. 370 ZGB

1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.

2 Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.

3 Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.

B. Errichtung und Widerruf

Art. 371 ZGB

1 Die Patientenverfügung ist schriftlich zu errichten, zu datieren und zu unterzeichnen.

2 Wer eine Patientenverfügung errichtet hat, kann diese Tatsache und den Hinterlegungsort auf der Versichertenkarte eintragen lassen. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten.

3 Die Bestimmung über den Widerruf des Vorsorgeauftrags ist sinngemäss anwendbar.

C. Eintritt der Urteilsunfähigkeit

Art. 372 ZGB

1 Ist die Patientin oder der Patient urteilsunfähig und ist nicht bekannt, ob eine Patientenverfügung vorliegt, so klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt dies anhand der Versichertenkarte ab. Vorbehalten bleiben dringliche Fälle.

2 Die Ärztin oder der Arzt entspricht der Patientenverfügung, ausser wenn diese gegen gesetzliche Vorschriften verstösst oder wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie auf freiem Willen beruht oder noch dem mutmasslichen Willen der Patientin oder des Patienten entspricht.

3 Die Ärztin oder der Arzt hält im Patientendossier fest, aus welchen Gründen der Patientenverfügung nicht entsprochen wird.

D. Einschreiten der Erwachsenenschutz­behörde

Art. 373 ZGB

1 Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:

1.     der Patientenverfügung nicht entsprochen wird;

2.     die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind;

3.     die Patientenverfügung nicht auf freiem Willen beruht.

2 Die Bestimmung über das Einschreiten der Erwachsenenschutz­behörde beim Vorsorgeauftrag ist sinngemäss anwendbar.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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