Arbeitnehmerschutz
Einleitung
Bestimmte Banken spalten sich „geografisch“ und / oder nach „Produkten und Services“ in verschiedene Einheiten auf. Eine solche Spaltung kann freiwillig erfolgen oder regulatorisch motiviert sein (Too Big to fail-Regulierung). Solche Umstrukturierungen basieren in aller Regel auf der Fusionsgesetzgebung, welche für solche Splittungen die „Spaltung“ oder die „Vermögensübertragung“ vorsieht.
Schuldnerwechsel wider Willen
Es ist denkbar, dass sich durch Vermögensübertragung das Haftungssubstrat der übertragenden oder der übernehmenden Gesellschaft und damit deren Bonität verändert. Eine solche Änderung führt unter Umständen gegen den Willen der anderen Vertragspartei zu einem Schuldnerwechsel.
Gläubiger- und Arbeitnehmerschutz
- Sicherstellung der Forderungen
- Spaltungs-Variante
- Schuldenruf-Pflicht der Banken
- Frist zur Sicherstellungsaufforderung durch den Gläubiger: binnen 2 Monate (FusG 46 Abs. 1), ab Aufforderung
- Vermögensübertragungs-Variante
- Keine Pflicht zum Schuldenruf der Banken
- Frist zur Sicherstellungsaufforderung durch den Gläubiger: binnen 2 Monate (FusG 46 Abs. 1), ab Handelsregistereintrag
- Ausnahme von der Sicherstellungspflicht
- Dispensation von der Sicherstellung, wenn die Gesellschaft nachweist, dass keine Gefährdung bestehe (FusG 46 Abs. 2)
- Alternative zur Sicherstellung
- Erfüllung der Forderung (FusG 46 Abs. 3)
- Spaltungs-Variante
- Solidarische Haftung
- Spaltungs-Variante
- Die Solidarhaftung erstreckt sich auf die Dauer der Verjährungsfrist der Gläubiger- oder Arbeitnehmerforderung
- Vermögensübertragungs-Variante
- Ansprüche gegen den übertragenden Rechtsträger verjähren spätestens drei Jahre nach der Veröffentlichung der Vermögensübertragung, FusG 75 Abs. 2)
- Spaltungs-Variante
Arbeitnehmerschutzbestimmungen im Besonderen
Als Arbeitnehmerschutz bei einer solchen Umstrukturierung ist vorgesehen:
- Bestimmungen zum Übergang des Arbeitsverhältnisses
- Gegenstand
- Alle arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen nach Obligationenrecht
- Im Falle einer mit der Umstrukturierung verbundenen Massentlassung gelten die allgemeinen Massenentlassungsregeln
- Arbeitsrechtliche Nebenfolgen
- Obwohl in der Umstrukturierungsgesetzgebung die sozial-, ausländer- und steuerrechtlichen Aspekte nicht berücksichtigt werden, sind diese gleichwohl zu beachten
- Es wird sich weisen müssen, ob angesichts der verschärften Einwanderungserlasse und –Praxis in einer „Switzerland-Entity“ ein gleiches Mass an ausländischen Arbeitnehmern beschäftigt werden kann, wie ehemals in einer „Global Bank“
- Gegenstand
- Information und Konsultation der Arbeitnehmervertretung
- Adressaten
- Arbeitnehmervertretung(en)
- bei Unternehmen ohne Arbeitnehmervertretung: alle Arbeitnehmer
- Konsultationszeitpunkt
- vor Fassung des Umstrukturierungsbeschlusses
- Rechtsbehelf der Arbeitnehmer
- Begehren bei Gericht, die Eintragung der Umstrukturierung im Handelsregister zu untersagen (sog. Handelsregistersperre)
- Angesichts der weitreichenden Folgen einer Handelsregistersperre ist dem Arbeitgeber zu empfehlen, die Informations- und Konsultationsrechte der Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmer zu wahren
- Adressaten
- Sicherstellung der Forderungen aus dem Arbeitsvertrag
- Voraussetzung
- Verschlechterung Arbeitgeberbonität
- Arbeitnehmerrecht
- Recht auf Sicherstellung seiner Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis bis zur Fälligkeit bzw. bis zur Ablehnung des Übergangs bzw. bis zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Arbeitgeberrecht
- Recht auf Nachweis, dass die Forderungserfüllung nicht gefährdet sei.
- Voraussetzung
Ablehnungsrecht des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer hat das Recht, den Übergang des Arbeitsverhältnisses abzulehnen und das Arbeitsverhältnis auf den Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist aufzulösen. Das Ablehnungsrecht ist an keine gesetzliche Frist gebunden. In der Praxis wird davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber nach Abschluss des Konsultationsverfahrens dem Arbeitnehmer eine Frist von einem Monat setzen darf, binnen der er den Übergang des Arbeitsverhältnisses ablehnen darf.
Veränderungen und Absicherung
Übertragende und übernehmende Gesellschaft haben in der Folge verschiedene Schicksale, erfahrungsgemäss verschiedene Organe und es können sich auch unterschiedliche Unternehmenskulturen entwickeln. Die übertragende Gesellschaft fühlt sich dem nicht mehr bei ihr arbeitendem Personal weniger verpflichtet, als wenn sie mit diesem noch operabel tätig sein muss. Auch wird sich mit der Zeit niemand mehr an den „übertragenen Mitarbeiter“ und seine Fähigkeiten und Vorzüge erinnern und eine Qualifikation von Leistung und Verhalten vornehmen können. Dem Arbeitnehmer ist empfohlen, seine Absicherungen wie bei einem Stellenwechsel vorzunehmen (siehe Box). Nicht im Umstrukturierungsprozess geregelt sind sodann bestimmte praktische, aber sich unmittelbar auf den Arbeitnehmer auswirkende Themen. Der Arbeitnehmer muss sich überlegen, ob er die Initiative ergreifen und die Themen beim neuen Arbeitgeber ansprechen will, sofern und soweit dieser ihm nicht zuvor kommt (siehe Box).
Praktische Massnahmen zur Klärung fluider Punkte
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Gegenstand | Übertragende Gesellschaft | Übernehmende Gesellschaft |
Überstunden / Überzeit | Überstunden- und Überzeit-Auszug verlangen | Überstunden- und Überzeit-Auszug der übertragenden Gesellschaft genehmigen lassen |
Ferien | Ferienguthaben-Auszug verlangen | Ferienguthaben-Auszug der übertragenden Gesellschaft genehmigen lassen |
Arbeitszeugnis | Zwischenzeugnis verlangen | — |
Datenschutz / Datenlieferungen an ausländische Staaten[1] | Anfrage, wie der bisherige Arbeitgeber Datenlieferungen organisiere (Eigenherausgabe oder Herausgabe über die übernehmende Gesellschaft) + Aufforderung zur Information im gegebenen Fall | — |
Personaldossier | Einsichtnahme vor Übergabe an die übernehmende Gesellschaft | Einsichtnahme zur Vollständigkeitskontrolle |
Bonusrecht | Bestätigung, dass
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Anfrage, ob Inhalt der Bestätigung der übertragenden Gesellschaft anerkannt wird |
Vergütungssystem | Offenlegung Parteiwechsel- und Übergangsveränderungen bzw. -abreden | Offenlegung Parteiwechsel- und Übergangsveränderungen bzw. -abreden |
Massgebend sind immer die konkreten Verhältnisse zwischen den Arbeitsvertragsparteien; bei Kaderfunktionen ist davon auszugehen, dass die neue Arbeitgeberin mit dem Kadermitarbeiter eine Individualvereinbarung zur Rechtsnachfolge bzw. Neugestaltung des Arbeitsverhältnisses abschliessen wird. |
[1] Arbeitsrecht – Bekanntgabe von Angestelltendaten an US-Behörden durch Bank
Jeder Arbeitnehmer muss für sich entscheiden, ob der (neue) Arbeitgeber die Klärungsabsichten des Arbeitnehmers als Misstrauen empfinden wird.
Fazit
Aus Rechtssicherheitsgründen wickelt sich der Übergang des Arbeitsverhältnisses binnen kurzer Zeit ab. Verpasst der Arbeitnehmer die Wahrung seiner „Umstrukturierungsrechte“, bleibt ihm immer noch die Möglichkeit, sich durch ordentliche Kündigung vom „neuen Arbeitgeber“ zu trennen und sein Glück bei einem andern Arbeitgeber zu suchen.
Weiterführende Informationen / Linktipps
- Vermögensuebertragung
- Umstrukturierung
- Unternehmensspaltung
- Ausgliederung
- Arbeitsrecht
- Betriebsübernahme | betriebsuebernahme.ch
- Arbeitszeugnis | arbeitszeugnis.ch
- Bonusrecht
- Vergütungssysteme