Neben vertraglichen Ansprüchen kann der Patient unter nachfolgenden Voraussetzungen auch ausservertragliche Haftungsansprüche (Art. 41 ff. OR) geltend machen:
Haftungsvoraussetzungen
- Schaden
- Widerrechtlichkeit (Rechtsgutverletzung)
- Kausalzusammenhang (natürlicher/adäquater KSZ)
- Verschulden (wird nicht vermutet)
- Beweislast
Schaden
» vgl. die Ausführungen zum Schaden unter der vertraglichen Haftung.
Widerrechtlichkeit
Bei der ausservertraglichen Haftung tritt das Kriterium der Widerrechtlichkeit an die Stelle der Vertragsverletzung. Eine Ersatzpflicht entsteht bei einer schädigenden Handlung (bzw. Unterlassung, wo Handeln geboten war) grundsätzlich nur, soweit diese widerrechtlich erfolgte, d.h.
- Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts;
- z.B. Leib, Leben, Eigentum
- bzw. (bei rein materieller Schädigung) die Verletzung einer Rechtsnorm, die das verletzte Rechtsgut schützen sollte.
Soweit kein absolutes, sondern nur ein relatives Recht verletzt wird, kann die Widerrechtlichkeit nur im Verstoss gegen eine Schutznorm liegen.Die Frage aktualisiert sich bei reinen Vermögensschäden. Die Schutznormen sind v.a. im Bereich des Strafrechts zu finden (Betrug, Veruntreuung, ungetreue Geschäftsführung, etc.).
Die gültige Einwilligung in die Verletzung schliesst die Widerrechtlichkeit aus, wobei in die Verletzung einiger höchstpersönlicher Rechtsgüter nur aus gutem Grund (Körperverletzung) oder gar nicht (Tötung) eingewilligt werden kann.
Kausalzusammenhang
» vgl. die Ausführungen zum Kausalzusammenhang unter der vertraglichen Haftung.
Verschulden
Im Unterschied zur Vertragshaftung wird bei der ausservertraglichen Haftung das Verschulden des Arztes nicht gesetzlich vermutet, sondern ist vom geschädigten Patienten zu beweisen.
- Das Verschulden setzt ein vorsätzliches bzw. fahrlässiges Verhalten des Arztes voraus.
In Arzthaftungsfällen interessiert vor allem die Fahrlässigkeit. Sie besteht in einem Mangel an der unter den gegebenen Umständen erforderlichen Aufmerksamkeit und Vorsicht.
- objektivierter Massstab:
Jedermann hat sich so zu verhalten, dass er voraussichtlich keinen anderen schädigt. Individuelle Gründe für die Unaufmerksamkeit (Müdigkeit etc.) bleiben unberücksichtigt. Spezialwissen führt zu einem höheren Grad an der geforderten Aufmerksamkeit. Zur Haftungsbegründung genügt auch leichte Fahrlässigkeit und damit ein geringes Verschulden.
Beweissicherung
Beweissicherung hängt mit der Beweislast zusammen. Misslingt dem Patienten der Beweis der Haftungsvoraussetzungen, riskiert er im Haftungsprozess mit entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen zu unterliegen.
Rechtsfolgen
» vgl. die Ausführungen zu den Rechtsfolgen bei der vertraglichen Haftung.
Verjährung
Ausservertragliche Haftpflichtansprüche verjähren im Privatrecht drei Jahre ab dem Tag, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber nach zehn Jahren, bei Körperverletzung oder Tötung 20 Jahre, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte (Art. 60 Abs. 1 OR, Art. 60 Abs. 1bis OR).
Sofern und soweit eine strafbare Handlung vorliegt, sind die allenfalls längeren Verjährungsfristen des Strafrechts anwendbar (Art. 60 Abs. 2 OR).