LAWINFO

Baueinsprache

QR Code

Rechtsmissbräuchliche Baueinsprache

Rechtsgebiet:
Baueinsprache
Stichworte:
Baueinsprache
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Als rechtsmissbräuchlich gelten Baueinsprachen, mit denen artfremde Ziele verfolgt werden wie

  • Bauverzögerung
  • querulatorische Einsprache
  • Architekt des Ursprungsobjektes, der das Mandat auch für einen Annexbau erhalten möchte (Geltendmachung Urheberrecht)
  • unverhältnismässig hohe Entschädigungsforderung.

Offensichtlich aussichtslose, trölerische oder mutwillige Baueinsprachen verdienen keinen Rechtsschutz. Missbräuchlichkeit darf jedoch nicht leichthin gefolgert werden.

Schadenersatzpflicht

Ausgangslage:

Es ist allgemein bekannt, dass die Verzögerung eines Bauvorhabens durch administrative oder gerichtliche Verfahren dem Bauherrn beträchtlichen Schaden verursachen kann.

Hinweise für den Baueinsprecher:

Eine missbräuchliche Rechtsbehelfsergreifung kann zu einer Schadenersatzpflicht des Einsprechers führen.

Gemäss „Odeon“-Entscheid entsteht eine Schadenersatzpflicht nur bei absichtlichem oder grobfahrlässigem Verhalten des Baueinsprechers (siehe unten: Rechtswidrigkeit der Baueinsprache)

Hinweise für den einsprachebetroffenen Bauherrn:

Für den „einsprachegeschädigten“ Bauherr, der nach der Baueinspracheabwehr sein ursprüngliches Bauprojekt ausführen darf, stellen sich nach der Bauverzögerung folgende Fragen:

  • Rechtsmissbräuchlichkeit der Baueinsprache?
  • Schadenersatzpflicht des Baueinsprechers?
  • Nichtigkeit einer Entschädigungsvereinbarung?
  • Straftatbestand der versuchten Erpressung?

Rechtsmissbräuchlichkeit der Baueinsprache?

Nach herrschender Auffassung wird ein Rechtsmissbrauch unter folgenden Voraussetzungen angenommen:

  • Wiederholte Ergreifung des Rechtsmittels ohne jegliche Aussicht auf Erfolg
  • Fehlen jeglichen Interesses an der Rechtsausübung
  • Rechthaberei
  • Gewinnungssucht
  • Grobes Missverhältnis der Interessen von Baueinsprecher und Bauherr

Schadenersatzpflicht des Baueinsprechers?

Wer jemandem widerrechtlich und schuldhaft Schaden zufügt, macht sich schadenersatzpflichtig.

Möchte sich der betroffene Bauherr schadlos halten, muss er seine Rechtsverfolgungsrisiken bei der Geltendmachung der ausservertraglichen (Delikts-)Haftung nach OR 41 ff. beachten. Er muss in einem ordentlichen Zivilprozessverfahren gegen den Baueinsprecher die Schadenersatzvoraussetzungen behaupten, substantiieren und beweisen:

  • Rechtswidrigkeit der Baueinsprache (Widerrechtlichkeit)
    • Missbräuchliche, böswillige oder wider Treu und Glauben erfolgende Ausübung des Verfahrensrechts:
      • Ein „offensichtlich unbegründetes“ Begehren braucht nicht „rechtsmissbräuchlich“ zu sein; der Bürger darf auch für nur vermeintliche Ansprüche Rechtsschutz beanspruchen (vgl. BGE 115 II 232 ff.)
      • Der Weiterzug des Entscheids des angerufenen Gerichts durch den unterlegenen Baueinsprecher trotz dessen deutlichen Hinweises auf die Unbegründetheit seines Begehrens kann den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs und / oder der Trölerei erfüllen.
      • Verfolgung anderer als bau- oder nachbarrechtlicher Anliegen (Bsp. Apotheker als Baueinsprecher gegen Umbau des Café ODEON in Zürich zu einer Apotheke; Prozesshistory: 1. Instanz: keine Zusprechung von Schadenersatz; Obergericht des Kantons Zürich: Verurteilung der Baueinsprecher zu Schadenersatz im Umfange eines Drittels; Kassationsgericht: Urteils-Aufhebung und Rückweisung; Obergericht im Neuentscheid: kein Schadenersatz; Bundesgericht: bestätigt, kein Schadenersatz)
      • Fehlende geldwerte Vorteile des Einsprechers aus der Baueinsprache (vgl. BGE 123 III 101 ff., Erw. 2 lit. b)
    • Aussichtslosigkeit der Baueinsprache
  • Verschulden
  • Schaden
    • Vorteilsanrechnung (Bauzonenänderung mit Mehrausnützung, günstigere Baukosten, schnelleres Bauen, niedrigere Refinanzierungszinssätze uam.)
    • Möglichkeit zur ermessensweisen Schadenersatzfestsetzung durch den Richter bei nicht ziffernmässig nachweisbarem Schaden (vgl. OR 42 Abs. 2)
  • Adäquater Kausalzusammenhang


Nichtigkeit einer Entschädigungsvereinbarung?

Ist der einzige Zweck der Baueinsprache die Spekulation des Einsprechers, der Bauherr werde einen Baueinspracherückzug fürstlich entschädigen, weil ihn eine Entschädigung des Baueinsprache-Rückzugs günstiger zu stehen komme als die Bauverzögerungskosten durch mehrere Instanzen, liegt eine Sittenwidrigkeit vor, die die Entschädigungsvereinbarung nichtig macht (Rückzahlungspflicht für unrechtmässig erhaltene Entschädigung)

Beispiel:

Kasino-Rekurs
NZZ-Online vom 25. 01. 2012: «Anwohner liess sich Kasino-Rekurs vergolden»

Straftatbestand der versuchten Erpressung?

Eine Entschädigungsvereinbarung kann den Straftatbestand der (versuchten) Erpressung erfüllen, wenn es nicht um den Ausgleich rechtlicher Nachteile des Baueinsprechers durch das Bauvorhaben ging, sondern nur um die Erwirkung einer unverhältnismässig hohen Entschädigung unter dem Druck der angedrohten Bauverzögerung.

Beispiele:

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.