Zuständigkeit MWST allgemein
Zuständig für die Erhebung und den Einzug der Inland- und der Bezugsteuer ist die
- Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)
Zuständigkeit Einfuhrsteuer
Die Steuererhebung auf der Einfuhr von Gegenständen fällt in den Zuständigkeitsbereich der
- Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV)
Mithaftung für die MWST
Allgemein
Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine solidarische Mithaftung von Personen bestehen, die beim Steuersubjekt involviert waren. Die Einzelheiten ergeben sich aus MWSTG 15
Teilvermögensübernahmen / Asset Deals
In den Fällen von Teilvermögensübernahmen (Asset Deal, Auffanggesellschaft usw.) tritt der Käufer bzw. Rechtsnachfolger in die vermögens- und verfahrensrechtlichen Rechte und Pflichten des Verkäufers bzw. früheren Steuerpflichtigen ein und übernimmt die mit dem übernommenen Teilvermögen in Zusammenhang stehenden MWST-Schulden des Verkäufers bzw. früheren Steuerpflichtigen (vgl. BGer 2C_923/2018; MOSIMANN NICOLAS / SIBOLD MARCO, a.a.O., S. 567 ff.). dies kann zu einer wesentlichen Ausweitung der Steuerlast beim Übernehmer führen. Jedenfalls sind im Falle von Teilvermögensübernahmen zu empfehlen:
- Vertragliche Regelungen im Übernahmevertrag
- eine Tax Due Diligence
- ein Steuerruling
- eine Sicherstellung der mutmasslich noch zur Zahlung offenen Steuern.
Grundlage / Einzelheiten
Die Einzelheiten ergeben sich aus MWSTG 15
Literatur
- Bezüglich Sachwalter / Liquidator
- SONJA BOSSART MEIER/DIEGO CLAVADETSCHER, in: Geiger/Schluckebier [Hrsg.], Kommentar MWSTG, 2. Aufl. 2019, N. 43 zu Art. 15 MWSTG
- SUSANNE GANTENBEIN, in: Zweifel et al. [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015, N. 24 zu Art. 15 MWSTG
- Bezüglich Asset Deals
- SUTER BENNO / WARTMANN ANDREAS / BRUSA DAVID, Bundesgericht öffnet Tore für partielle Steuersukzessionen, EXPERT FOCUS 2020, S. 562 ff.
- MOSIMANN NICOLAS / SIBOLD MARCO, Steuernachfolge bei Asset Deals, EXPERT FOCUS 2020, S. 567 ff.
- VOGELSANG MARC, Ausweitung der Steuersukzession im Mehrwertsteuerrecht, SteuerRevue 2020, S. 630 ff.
- Bezüglich Auffanggesellschaften
- STAEHELIN DANIEL, Steuernachfolge bei Auffanggesellschaften (BGE 146 II 73), in: Jusletter 2. November 2020
Judikatur
- Bezüglich Sachwalter / Liquidator
- BGer 2C_964/2019 vom 22.03.2
- Bezüglich Asset Deals / Auffanggesellschaften
- BGer 2C_923/2018 (Steuernachfolge bei Asset Deal und Teilvermögensübernahme)
Weiterführende Informationen
Art. 15 MWSTG Mithaftung
1 Mit der steuerpflichtigen Person haften solidarisch:
a.
die Teilhaber und Teilhaberinnen an einer einfachen Gesellschaft, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft im Rahmen ihrer zivilrechtlichen Haftbarkeit;
b.
Personen, die eine freiwillige Versteigerung durchführen oder durchführen lassen;
c.
jede zu einer Mehrwertsteuergruppe (Art. 13) gehörende Person oder Personengesellschaft für sämtliche von der Gruppe geschuldeten Steuern; tritt eine Person oder Personengesellschaft aus der Gruppe aus, so haftet sie nur noch für die Steuerforderungen, die sich aus ihren eigenen unternehmerischen Tätigkeiten ergeben haben;
d.
bei der Übertragung eines Unternehmens: der bisherige Steuerschuldner oder die bisherige Steuerschuldnerin noch während dreier Jahre seit der Mitteilung oder Auskündigung der Übertragung für die vor der Übertragung entstandenen Steuerforderungen;
e.
bei Beendigung der Steuerpflicht einer aufgelösten juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit: die mit der Liquidation betrauten Personen bis zum Betrag des Liquidationsergebnisses;
f.
für die Steuer einer juristischen Person, die ihren Sitz ins Ausland verlegt: die geschäftsführenden Organe bis zum Betrag des reinen Vermögens der juristischen Person
2 Die in Absatz 1 Buchstaben e und f bezeichneten Personen haften nur für Steuer-, Zins- und Kostenforderungen, die während ihrer Geschäftsführung entstehen oder fällig werden; ihre Haftung entfällt, soweit sie nachweisen, dass sie alles ihnen Zumutbare zur Feststellung und Erfüllung der Steuerforderung getan haben.
3 Die Haftung nach Artikel 12 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 22. März 19748 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) bleibt vorbehalten.
4 Tritt eine steuerpflichtige Person Forderungen aus ihrem Unternehmen an Dritte ab, so haften diese subsidiär für die mit den Forderungen mitzedierte Mehrwertsteuer, wenn im Zeitpunkt der Abtretung die Steuerschuld gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) noch nicht entstanden ist und ein Verlustschein vorliegt.
5 Die mithaftende Person hat im Verfahren die gleichen Rechte und Pflichten wie die steuerpflichtige Person.
Verzugszins bei verspäteter MWST-Zahlung
Allgemein
Aufgrund von MWSTG 86 Abs. 1 ist die in der Abrechnungsperiode entstandene MWST-Schuld innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Periode zu bezahlen.
Bei verspäteter Zahlung ist – ohne Mahnung – ein Verzugszins geschuldet (vgl. MWSTG 87 Abs. 1).
Als verspätet gilt auch ein Zahlung, welche entstanden ist aufgrund:
- eines korrigierten Fehlers einer vorangegangenen MWST-Abrechnung;
- nicht oder verspäteter MWST-Registrierung.
Die Zinsberechnung erfolgt in kaufmännischer Tagezählung und ab dem mittleren Verfall.
Der Zinssatz wird jährlich vom Eidg. Finanzdepartement (EFD) festgelegt (vgl. Die Verordnung des EFD über die Verzugs- und die Vergütungszinssätze auf Abgaben und Steuern (Zinssatzverordnung EFD) vom 25.06.2021 (SR 631.014).
Bei Falschdeklaration
Unternehmen, welche die MWST unrichtig abrechneten und daher eine Steuernachforderung entstanden ist, erhalten von der ESTV eine Verzugszinsrechnung.
Gemäss MWSTG 87 Abs. 2 ist kein Verzugszins bei einer Nachbelastung geschuldet, wenn dies auf einem Fehler beruht, der bei richtiger Abwicklung beim zu keinem Steuerausfall geführt hätte.
Anwendungsfälle:
- Nichtversteuerung einer steuerbaren Leistung
- zB Annahme steuerbefreiter Umsätze
- zB Auslandumsätze ohne erfüllte Voraussetzungen
- zB Abrechnung nur des Nettoergebnisses aus Verrechnung von Leistungen zwischen Unternehmen (Möglichkeit zum Vorsteuer-Vollabzug, so dass dem Staat kein Schaden entstanden ist)
- Nichtabrechnung der Bezugssteuer
- zB Unterlassene Abrechnung steuerpflichtiger Leistungen, die zum vollen Vorsteuerabzug zugelassen sind
- Korrekturen bei Leistungen an Nahestehende
- zB Nichtabrechnung zum Wert, der mit einem unabhängigen Dritten vereinbart würde (vgl. MWSTG 24 Abs. 2) und der nahestehende Empfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist
- Anwendung eines falschen Steuersatzes
- Kein Schaden des Staats wenn der Leistungsempfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Fordert die ESTV ein Verzugszins ein, sollte geprüft werden, ob die Verzugszinsrechnung zu Recht erlassen wurde bzw., ob einer der obgenannten Anwendungsfälle vorliegt und, ob dem Staat ein Steuerausfall entstanden wäre, wenn der Fehler korrigiert worden wäre.
Weiterführende Literatur
- HOMBERGER GUT ISABELLE / GUT IVO, Verzugszins auf verspäteter Zahlung – Warum Unternehmen oft Verzugszins zahlen, der nicht geschuldet wäre, in: EXPERT FOCUS, August 2022, S. 369 ff.
- CLAVADETSCHER DIEGO, Ein Plädoyer für den schlecht gelöhnten Gehilfen des Fiskus, in: Der Schweizer Treuhänder 8/2002, S. 727
Judikatur
- BGer 2C_809/2017