Die Objektivität und Unvoreingenommenheit eines Sachverständigen ist unabdingbar. An die Unparteilichkeit ist ein strenger Massstab anzusetzen (vgl. BGE 120 V 367). Das ernennende Gericht und/oder der Sachverständige haben daher zu beachten:
Beim Ausstand wird differenziert in:
1. Ausstandsgründe
wie für Gerichtspersonen (von Amtes wegen zu beachten):
- In eigener Sache
- In Sachen seines Ehegatten oder Verlobten bzw. eingetragenen Partners
- In Sachen einer Person mit der er in faktischer Lebensgemeinschaft lebt
- In Sachen seiner Bluts- und Adoptivverwandten oder Verschwägerten in gerader Linie und bis zum vierten Grad in der Seitenlinie
- Ferner wenn er oder eine dieser Personen mit einer Rückgriffsklage zu rechnen hat
- In Sachen seines Mündels, seines Verbeiständeten oder Pflegekindes
- Wenn er in der Sache an einer unteren Instanz mitgewirkt oder als Schiedsrichter teilgenommen hat sowie wenn er als Bevollmächtigter gehandelt oder zu gerichtlichen Handlungen Auftrag gegeben hat
- Wenn er von einer Partei oder einem Dritten im Zusammenhang mit dem Verfahren ein Geschenk oder einen andern ihm nicht gehörenden Vorteil annahm oder sich versprechen liess.
2. Ablehnungsgründe
(nicht von Amtes wegen zu beachten / kann vom Sachverständigen selbst verlangt werden)
- Fehlende Objektivität
- Voreingenommenheit
- Im Einzelnen:
- In Sachen einer juristischen Person, deren Mitglied er ist; dies gilt nicht für die Zugehörigkeit zum Staat und zur Gemeinde
- Wenn er Rat gegeben, als Vermittler, Sachverständiger oder Zeuge gehandelt oder noch zu handeln hat
- Wenn zwischen ihm und einer Partei Freundschaft, Feindschaft oder ein Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht
- Wenn andere Umstände vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen (objektiver Anschein genügt, ohne, dass subjektiv Befangenheit vorliegen muss).
Zweifel reichen für Ausstandspflicht eines Gutachters
- Der Anschein der Befangenheit genügt zur Ablehnung eines Sachverständigengutachters.
- An die Unparteilichkeit eines Sachverständigen ist ein strenger Massstab anzuwenden.
Vgl. hiezu Urteil Nr. S12 143 der Sozialversicherungsrechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 08.05.2012
Zweitgutachter: Keine Befangenheit durch Lesen des Erstgutachtens
Folgen der Verletzung gutachterlicher Unabhängigkeit
- Das fragliche Gutachten ist als Beweismittel auszuschliessen (vgl. BGE 125 II 546)
- Unabhängig von den vorgebrachten materiellen Einwendungen (vgl. BGE 120 V 367)
- Ob der Beweismittelausschluss auch zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt, ist davon abhängig,
- Ob und inwieweit das Urteil auf das unzulässige Gutachten abstellt.
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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