Eine sog. Rechtswohltat
Artikelfolge
Das LawMedia Redaktionsteam veröffentlicht einen kleinen Überblick über die neueste Entwicklung von Steuerdeklaration und Steuererhebung, die Formalitäten, wenn ein Steuerbescheid nicht akzeptiert wird, die Entwicklung der Vermögenssteuer, national und international, und die straflose Selbstanzeige sowie die vereinfachte Nachbesteuerung.
Mehrteilige Artikelfolge zum Thema „Steuern“
Wir informieren Sie über:
- Steuern – Steuerfahndung: Neue digitale Möglichkeiten
- Steuern – Allgemeine Vermögenssteuer
- Steuern – Einmalige straflose Selbstanzeige
- Steuern – Vereinfachte Erbennachbesteuerung
- Steuern – Unrichtige Steuerbescheide: Rechtsbehelfe erfordern Einhaltung von Fristen und Vorschriften
Einleitung
In der Schweiz ist es seit anfangs 2010 möglich, von einer straflosen Selbstanzeige Gebrauch zu machen. Diese Selbstanzeige-Möglichkeit wurde nach mehrjähriger Debatte statt einer allgemeinen Steueramnestie eingeführt.
Der Gesetzgeber will Steuerpflichtige dadurch motivieren, bisher unversteuerte Einkünfte und Vermögen zu legalisieren.
Die kantonalen Steuerbehörden nehmen die Selbstanzeigen entgegen und führen die Nachsteuerverfahren durch, sofern und soweit die Voraussetzungen hiezu erfüllt sind.
Sind die Selbstanzeigevoraussetzungen nicht gegeben, eröffnen die Steuerbehörden ein Strafverfahren.
Unterschiede Steueramnestie ./. Selbstanzeige
Eine allgemeine Steueramnestie weckte grosse rechtliche und ethische Bedenken.
Analog einer allgemeinen Amnestie ermöglicht auch die straflose Selbstanzeige, dass nicht deklarierte Einkünfte und Vermögen wieder der Legalität und damit der Besteuerung zugeführt werden.
Im Unterschied zu einer Amnestie gilt für die Selbstanzeige folgendes:
- Straflosigkeit
- unter Bedingungen (Voraussetzungen)
- Gewährung einer Selbstanzeige
- jeder Person
- nur einmal im Leben
- Unbefristete Selbstanzeige-Möglichkeit
- h. anders als bei einer allgemeinen Steueramnestie, die nur für einen kurzen, gesetzlich bestimmten Zeitraum gewährt worden wäre.
Grundlagen
Die straflose Selbstanzeige ist geregelt im:
- Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)
- Bundesgesetz über die Harmonisierung (StHG).
Von der Selbstanzeige betroffene Steuern
Die Selbstanzeige-Grundlagen gelten für:
- direkte Bundessteuer
- Einkommens- und Vermögenssteuern von Kantonen und Gemeinden
Ausnahme:
Der Steuerpflichtige muss für eine Wirkungserstreckung auch auf die Verrechnungssteuer eine separate Selbstanzeige machen.
Personenkreis
Zeigt ein Steuerpflichtiger seine Steuerhinterziehung selber an, so wird er beim ersten Mal für die Steuerhinterziehung nicht bestraft.
Die Wirkung der straflosen Selbstanzeige wird zudem auf alle an einer Steuerhinterziehung Beteiligte ausgedehnt, wie:
- Anstifter
- Gehilfen.
Solche Mitwirkende können unter den gleichen Voraussetzungen wie die steuerpflichtige Person selbst von der straflosen Selbstanzeige Gebrauch machen.
Voraussetzungen
Die Voraussetzungen einer straflosen Selbstanzeige sind:
- Freiwillige Selbstanzeige des Steuerpflichtigen
- Erstmalige Selbstanzeige des Steuerpflichtigen
- Steuerhinterziehung darf den Steuerbehörden nicht bereits bekannt sein
- Kooperation des Steuerpflichtigen mit den Steuerbehörden bei der Nachsteuer-Festsetzung
- Ernsthaftes Bemühen des Steuerpflichtigen bei der Bezahlung der dadurch entstehenden Nachsteuer.
Der sich selbst anzeigende Steuerpflichtige bei der Selbstanzeige keine Fehler machen:
- Vollständige Einreichung aller Nachdeklarationsdaten und der dazugehörigen Belege
- Steuerbehörde sollte ohne weiteres verfügen können
- Im Falle der Notwendigkeit einer Deklarationsergänzung greift die Selbstanzeigewirkung nicht.
Quelle: Steuern – Steueramnestie: Die Voraussetzungen
AIA und Selbstanzeige-Möglichkeit
Hinsichtlich des Meccano des sog. „Automatischen Informationsaustausches (AIA)“ wird auf die Ausführungen unseres Redaktionsteams verwiesen:
Nach der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) stellte sich bereits die Frage, wie sich der „AIA“ auf die strafbefreite Selbstanzeige-Möglichkeit auswirkt.
Wir berichteten:
Nach Ansicht der ESTV ist grundsätzlich spätestens seit dem 30.09.2018 eine Selbstanzeige nicht mehr aus eigenem Antrieb möglich. Diese Ansicht müsste sich u.E. aber auf AIA-betroffenen Einkommen und Vermögen beschränken.
Die erwähnte Behördenansicht hat keine Urteilskraft. Es empfiehlt sich, den aktuellen Beurteilungsstand der ESTV und die dannzumalige Rechtsprechung im Bedarfsfalle abzuklären.
Zuständige Steuerbehörden
Die Beurteilung, ob eine Selbstanzeige die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, obliegt der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung.
Nachsteuerbezug
Die anerkannte Selbstanzeige des Steuerpflichtigen zeitigt für ihn folgende finanzielle Folgen:
- Einforderung der Nachsteuer (bis zu zehn Jahre)
- Verzugszins.
Fortbestehende Steuerschulden, Abgaben und Verzugszinsen
Es bleiben folgende Steuern und Abgaben mit Verzugszinsen vollumfänglich geschuldet:
- Alle übrigen nicht entrichteten Steuern und Abgaben
- wie zum Beispiel
- Mehrwertsteuer
- Verrechnungssteuer
- AHV-/IV-Abgaben.
- wie zum Beispiel
Steuermehreinnahmen + Statistiken
Die ESTV erhält von den Kantonen zwecks Überprüfung der Einmaligkeit einzig Angaben zu den betroffenen Personen.
Daher kann die ESTV zu den künftig zusätzlich anfallenden Steuereinnahmen keine Angaben machen. Diverse Publikationen deuten indessen auf Mehreinnahmen durch die Selbstanzeigen hin.
Jährlich werden Statistiken zu den Selbstanzeigen publiziert. Hiezu vergleiche:
Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Weiterführende Informationen / Linktipps
- Zehntausende Steuerhinterzieher zeigen sich selber an | nzz.ch
- Steuern / Tax
- Besteuerung Selbständigerwerbender | besteuerung-selbstaendigerwerbender.ch
- Besteuerung Privatpersonen | besteuerung-privatpersonen.ch
- Unternehmenssteuern
- Steuerhinterziehung | steuer-hinterziehung.ch
- Steuerbetrug | steuer-hinterziehung.ch