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Asylrecht / Migrationsrecht

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Anspruch auf Ehegattennachzug bei gefestigtem Aufenthaltsrecht trotz verpasster Nachzugsfrist?

Datum:
02.03.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Asylrecht / Migrationsrecht
Stichworte:
Asylrecht
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ein gefestigtes Anwesenheitsrecht gestützt auf EMRK 8 gebe grundsätzlich Anspruch auf den Familiennachzug des Ehegatten. Dies setze aber voraus, dass die einschlägigen Bedingungen des schweizerischen Rechts erfüllt seien.

  • 1998
    • Ein verheirateter Mann kam in die Schweiz, wobei er seine vier Kinder und sein Ehefrau im Kosovo zurückliess
    • So schwere Verunfallung nach der Einreise, dass er gänzlich und definitiv arbeitsunfähig wurde
  • 2007
    • Erhalt der schweizerischen Aufenthaltsbewilligung
  • 2015
    • Gesuch der Ehefrau um Aufenthaltsbewilligung, damit sie zu ihrem Ehemann in die Schweiz ziehen könne
    • Ablehnung des Gesuchs durch Migrationsdienst des Kantons Waadt, weil die gesetzliche Frist für den Familiennachzug abgelaufen sei
  • 2017
    • Verschlechterung des Gesundheitszustands des Ehemannes, weshalb seine Ehefrau – erneut erfolglos – versuchte, zu ihm in die Schweiz ziehen zu dürfen.

Das Waadtländer Kantonsgericht schützte den negativen Entscheid des Migrationsdienstes.

Das Bundesgericht erwog nun folgendes:

  • Der Beschwerdeführer
    • lebe seit mehr als 22 Jahren in der Schweiz und
    • verfüge aufgrund des Rechts auf Achtung seines Privatlebens (EMRK 8) über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz (vgl. BGE 144 I 266)
    • könne sich daher auch für den Nachzug seiner Ehefrau auf EMRK 8 berufen,
      • sofern die Voraussetzungen von Artikel 44 und 47 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) erfüllt seien:
        • Bewilligung des Nachzugs des ausländischen Ehegatten, wenn
          • er mit dem hier gefestigt anwesenheitsberechtigten Ehegatten zusammen wohne,
          • eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden sei und
          • sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen seien
        • Nichteinhaltung der gesetzliche Familiennachzugsfrist von fünf Jahren (AIG 47 Abs. 1) in casu,
          • allerdings würde ein nachträglicher Familiennachzug bewilligt,
            • wenn wichtige Gründe geltend gemacht würden (AIG 47 Abs. 4)
            • wenn – wie hier – sich der Gesundheitszustand des Ehemannes rapide verschlechtert habe und er auf Hilfe angewiesen sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid hätten es dem Bundesgericht nicht gestattet, zu prüfen, ob die weiteren Voraussetzungen für den Familiennachzug der Ehefrau erfüllt seien (AIG 44).

Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Ehegatten an seiner öffentlichen Beratung vom 28.02.2020 gut und hob das Urteil des Kantonsgerichts auf; es wies die Sache zu ergänzenden Abklärungen und zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an den Migrationsdienst zurück.

Urteil des Bundesgerichts vom 28.02.2020 (2C_668/2018)

Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 28.02.2020, 14.51 Uhr

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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