Sozialversicherung / Wirtschaft
Einleitung
Der Nationalrat Andri Silberschmidt (FDP/ZH) hat folgenden neuen politischen Vorstoss unternommen, wohl wegen der argen Betroffenheit der Unternehmer von der Pandemie „Coronavirus (COVID-19):
Der erstberatende Rat ist der Nationalrat.
Angesichts der Einreichung erst vergangene Woche ist noch unklar, wann die Initiative aufs Tableau gelangt.
Eingereichter Text
„Das Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) ist dahingehend anzupassen, als dass Unternehmerinnen und Unternehmer (arbeitgeberähnlichen Personen), die Beiträge in die Arbeitslosenversicherung (ALV) bezahlen müssen, im Falle einer Arbeitslosigkeit denselben (sofortigen) Entschädigungsanspruch haben wie alle anderen Angestellten einer Unternehmung. Dasselbe soll für den Zugang zur Kurzarbeit gelten. Alternativ soll den arbeitgeberähnlichen Personen – analog den Selbständigerwerbenden einer Einzelfirma – die Wahlmöglichkeit gegeben werden, für sich auf ALV Beiträge und entsprechende Versicherungsleistungen zu verzichten.“
Quelle: Parlamentarische Initiative vom 12.03.2020
Begründung
„Eine Person, welche unternehmerisch (in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können) tätig ist, sowie deren Ehegatte, zahlen heute wie alle Arbeitnehmende Beiträge an die Arbeitslosenversicherung (ALV). Im Gegensatz zu Arbeitnehmenden ohne arbeitgeberähnliche Funktion, haben sie jedoch keinen sofortigen Anspruch auf eine Entschädigung im Falle einer Arbeitslosigkeit. Diese Situation ist ungerecht und widerspricht dem Gedanken einer Versicherung, wo eine Kongruenz zwischen Beitragszahlenden und Leistungsbezügerinnen und Leistungsbezüger herrscht. Etwaige Missbräuche oder eine krasse Vernachlässigung der Sorgfaltspflichten können als Ausschlussgrund berücksichtigt werden.“
Quelle: Parlamentarische Initiative vom 12.03.2020
Mögliche Konfliktpunkte
Die Begründung von NR A. Silberschmidt ist durchaus nachvollziehbar.
Ein Fassbarkeitsproblem wird aber trotzdessen insofern entstehen, als es zwei Gruppen von Unternehmern gibt, nämlich:
- Inhaber und Geschäftsführer von juristischen Personen
- Formal sind diese Gesellschafter-Personen Angestellte ihrer Aktiengesellschaft ihrer GmbH und damit nicht Selbständigerwerbende
- Einzelunternehmer und Angehörige der akademischen Berufe sowie Freelancer
- Diese sind vorwiegend als natürliche Personen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig, zB über eine Einzelfirma, als sog. Freiberufler und Freie Mitarbeiter
Die Unternehmer, die ihr Business über juristischen Personen abwickeln, können ihre Haftung ausschliessen bzw. begrenzen und haben so erhebliche Vorteile gegenüber den „Einzelfirma-Unternehmern“. Zu berücksichtigen sind aber auch Beschränkungen, dass diese Gesellschafter-Personen der juristischen Personen nicht oder nur in den wenigsten Fällen Arbeitsversicherungsleistungen erhalten. Auch in der Besteuerung von Unternehmen und in der Besteuerung von Selbständigerwerbenden ergeben sich Unterschiede; hier zum Nachteil Gesellschafter-Personen, nämlich die wirtschaftliche Doppelbesteuerung, auch wenn sie teilweise gemildert wurde.
Ob und inwieweit und mit welchen Methoden der Gesetzgeber diese ungleichen Voraussetzungen mit in die Waagschale werfen kann, wird sich weisen.
Weiter stellt sich die Frage, ob die Anpassung der Arbeitslosenversicherungs-Gesetzgebung innert nützlicher Frist, d.h. vor einem vollen Durchschlagen der Coronavirus-Folgen, (überhaupt) beschlossen wird und wenn ja, wann sie in Kraft treten kann.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam